Naturgewalten 14.10.2024, 07:00 Uhr

Wirbelstürme verstehen: Wie Taifune, Hurrikane und Zyklone entstehen

Wie entstehen Wirbelstürme? Erfahren Sie mehr über die Voraussetzungen, die Entstehung und die zerstörerischen Kräfte von Hurrikanen, Taifunen und Zyklonen.

Wirbelsturm

Die Entstehung von Wirbelstürmen erfordert ein komplexes Zusammenspiel von Umweltbedingungen, und ihre Auswirkungen können verheerend sein.

Foto: PantherMedia / MikeMareen

Wirbelstürme sind eines der faszinierendsten und zugleich gefährlichsten Wetterphänomene der Erde. Sie treten hauptsächlich in den Tropen auf und sind extrem leistungsstarke Wetterereignisse, die in ihren stärksten Formen verheerende Schäden anrichten können. Tropische Wirbelstürme entstehen durch die komplexe Interaktion von Luftmassen, Meeresoberflächentemperaturen und atmosphärischen Kräften. Aber wie genau entstehen sie, welche Bedingungen sind notwendig, und welche Folgen haben sie? Hier kommen Antworten.

Was ist ein Wirbelsturm?

Ein Wirbelsturm ist ein rotierendes Tiefdrucksystem, das durch die Verdunstung von warmem Meerwasser angetrieben wird. Im Zentrum dieses Systems, dem sogenannten „Auge“, herrscht relative Ruhe, während um das Auge herum die stärksten Winde und der heftigste Regen auftreten. Je nach geografischer Lage haben diese Stürme verschiedene Namen: Hurrikan im Atlantik, Taifun im westlichen Pazifik und Zyklon im Indischen Ozean.

Ein Wirbelsturm kann über mehrere hundert Kilometer groß werden und sich tagelang über das Meer bewegen. Die Fortbewegungsgeschwindigkeit eines Sturms beträgt in der Regel zwischen 15 und 30 km/h, während die Windgeschwindigkeiten in der Eyewall, also der Zone um das Auge des Sturms, bis zu 350 km/h erreichen können. Schauen wir uns den Aufbau eines Wirbelsturms genauer an.

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Aufbau eines Wirbelsturms

Ein tropischer Wirbelsturm besteht aus mehreren Zonen, die sich deutlich voneinander unterscheiden. Das auffälligste Merkmal ist das „Auge“ des Sturms, eine Zone relativer Ruhe im Zentrum. Das Auge kann einen Durchmesser von 30 bis 50 Kilometern haben und ist von den stärksten Winden des Sturms umgeben.

Die Eyewall ist der Bereich um das Auge, in dem die höchsten Windgeschwindigkeiten und die heftigsten Regenfälle auftreten. Hier werden oft Geschwindigkeiten von über 300 km/h erreicht. Die Eyewall besteht aus hoch aufragenden Wolken, die aufgrund der starken Konvektion entstehen. In dieser Zone sind die Schäden am Boden am größten.

Außerhalb der Eyewall finden sich die Regenbänder, spiralförmige Wolkenstrukturen, die den Sturm umgeben. In diesen Bändern treten ebenfalls starke Winde und heftige Regenfälle auf, jedoch nicht so intensiv wie in der Eyewall.

Verschiedene Bezeichnungen von Wirbelstürmen

Tropische Wirbelstürme treten in vielen verschiedenen Regionen der Welt auf und tragen je nach Ort unterschiedliche Namen:

  • Hurrikan: Im Atlantik und Nordostpazifik werden tropische Wirbelstürme als Hurrikane bezeichnet. Diese Region ist besonders anfällig für solche Stürme, die regelmäßig die Golfküste der USA, die Karibik und die Küsten Mexikos treffen.
  • Taifun: Im Nordwestpazifik, der Region um China, Japan und die Philippinen, heißen die Stürme Taifune. Diese Region verzeichnet die höchste Anzahl von Wirbelstürmen weltweit.
  • Zyklon: Im Indischen Ozean und im südlichen Pazifik werden tropische Wirbelstürme als Zyklone bezeichnet. Besonders gefährdet sind hier die Küsten von Indien, Bangladesch und die Inseln des südwestlichen Pazifiks.

Voraussetzungen für die Entstehung eines Wirbelsturms

Damit ein Wirbelsturm entstehen kann, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Warme Meeresoberflächentemperatur
    Die Temperatur des Meerwassers muss mindestens 26,5 Grad Celsius betragen und bis zu einer Tiefe von 50 Metern konstant warm sein. Diese Wärme liefert die Energie, die der Sturm benötigt, um sich zu entwickeln und zu verstärken. Je wärmer das Wasser, desto stärker kann der Sturm werden.
  2. Hohe Luftfeuchtigkeit
    Vor allem in der mittleren Troposphäre (ca. 5 km Höhe) muss die Luft feucht genug sein. Die Verdunstung von Wasser aus dem Meer bringt die notwendige Feuchtigkeit in die Atmosphäre. Wenn der Wasserdampf aufsteigt, kondensiert er und setzt dabei enorme Mengen latenter Wärme frei, die den Sturm weiter verstärken.
  3. Geringe Windscherung
    Windscherung ist die Veränderung der Windgeschwindigkeit und -richtung mit der Höhe. Damit ein Wirbelsturm entstehen kann, muss diese Scherung gering sein. Starke Windscherungen würden den Sturm destabilisieren und verhindern, dass er sich organisiert.
  4. Corioliskraft
    Aufgrund der Erdrotation wirkt die sogenannte Corioliskraft, die bewegte Luftmassen ablenkt. Diese Kraft sorgt dafür, dass ein Tiefdrucksystem in Rotation versetzt wird. Auf der Nordhalbkugel dreht sich der Wirbelsturm entgegen dem Uhrzeigersinn, auf der Südhalbkugel im Uhrzeigersinn. Wirbelstürme können sich daher erst in einer Entfernung von etwa 500 Kilometern vom Äquator bilden, da die Corioliskraft am Äquator selbst zu schwach ist.
  5. Atmosphärische Störung
    Eine atmosphärische Störung, wie ein tropisches Tiefdruckgebiet oder eine „tropische Welle“, muss bereits vorhanden sein. Diese Störungen können den Anstoß zur Entstehung eines Wirbelsturms geben, indem sie die ersten Aufwinde erzeugen, die für die Bildung des Sturms notwendig sind.

Zusammenhang zwischen Meeresoberflächentemperaturen und Wirbelstürmen

Wie bereits im Abschnitt zuvor beschrieben, spielt die Temperatur der Meeresoberfläche eine entscheidende Rolle bei der Entstehung und Intensivierung von Wirbelstürmen. Je wärmer das Wasser, desto mehr Energie steht dem Sturm zur Verfügung. Diese Energie wird in Form von Wasserdampf in die Atmosphäre übertragen. Wenn der Wasserdampf kondensiert, wird latente Wärme frei, die den Aufstieg der Luftmassen weiter beschleunigt. Dadurch sinkt der Luftdruck im Zentrum des Sturms, und die Winde werden stärker.

Ein Paradebeispiel für die Rolle der Meeresoberflächentemperaturen ist der Hurrikan Katrina im Jahr 2005. Als der Sturm den Golf von Mexiko erreichte, verstärkte er sich rapide, weil das Wasser dort außergewöhnlich warm war. Innerhalb kurzer Zeit wuchs der Sturm zu einem der stärksten Hurrikane der Geschichte an und richtete in New Orleans und den umliegenden Gebieten verheerende Schäden an.

Entwicklungsstadien eines Wirbelsturms

Ein tropischer Wirbelsturm durchläuft mehrere Entwicklungsstufen, bevor er seine volle Stärke erreicht. Diese Stufen werden anhand der Windgeschwindigkeit und der Organisation des Systems unterschieden:

  1. Tropische Störung
    Die erste Phase eines Wirbelsturms ist eine tropische Störung, die als schwaches Tiefdruckgebiet beginnt. Diese Phase ist durch unorganisierte Gewitter und Regengebiete gekennzeichnet. Tropische Störungen sind häufig und bilden sich oft im Bereich der „Intertropischen Konvergenzzone“ (ITCZ), wo warme Passatwinde aufeinandertreffen und Luftmassen nach oben steigen.
  2. Tropische Depression
    Wenn sich das System organisiert und die Windgeschwindigkeit zwischen 61 und 117 km/h liegt, spricht man von einer tropischen Depression. Die Winde sind in diesem Stadium zwar noch nicht extrem stark, aber das Zentrum des Sturms beginnt sich zu formen, und die Wolkenbänder ordnen sich spiralförmig um das Zentrum an.
  3. Tropischer Sturm
    Erreicht die Windgeschwindigkeit des Systems 62 bis 117 km/h, wird der Sturm als tropischer Sturm bezeichnet. In dieser Phase bekommt der Sturm einen Namen. Die Regenbänder werden stärker und die Zirkulation des Systems nimmt zu. Tropische Stürme können bereits erhebliche Schäden verursachen, besonders durch Starkregen und Überschwemmungen.
  4. Tropischer Orkan (Hurrikan, Taifun, Zyklon)
    Sobald die Windgeschwindigkeit 118 km/h überschreitet, wird der Sturm als tropischer Orkan bezeichnet. Wie bereits geschrieben, wird in den USA und im Atlantik der Begriff Hurrikan verwendet, in Asien spricht man von Taifunen, und im Indischen Ozean werden sie Zyklone genannt.
Tropische Orkane werden auf der Saffir-Simpson-Skala in fünf Kategorien eingeteilt, basierend auf der maximalen Windgeschwindigkeit:
Kategorie 1: 119–153 km/h (geringe Schäden)
Kategorie 2: 154–177 km/h (mäßig schwere Schäden)
Kategorie 3: 178–208 km/h (schwere Schäden)
Kategorie 4: 209–251 km/h (sehr schwere Schäden)
Kategorie 5: über 252 km/h (katastrophale Schäden)

Zerstörerische Auswirkungen eines Wirbelsturms

Wirbelstürme zeichnen sich durch hohe Windstärken aus. Das ist aber nicht der einzige Faktor, der die Zerstörungskraft eines Wirbelsturms ausmacht. Hier ein Überblick über die zerstörerischen Auswirkungen eines Wirbelsturms:

  • Starke Winde: Die extrem hohen Windgeschwindigkeiten können Gebäude, Infrastruktur und Vegetation zerstören. Insbesondere entlang der Küstenregionen, wo der Sturm zuerst auf Land trifft, sind die Schäden oft verheerend.
  • Sturmfluten: Der starke Wind eines Wirbelsturms schiebt das Meerwasser vor sich her und erzeugt eine „Sturmflut“, bei der der Meeresspiegel oft mehrere Meter über den normalen Pegel ansteigt. Diese Flutwellen überschwemmen Küstengebiete und richten besonders in flachen Regionen verheerende Schäden an.
  • Starkregen: Tropische Wirbelstürme bringen enorme Mengen Regen mit sich, oft mehr als 1000 Liter pro Quadratmeter innerhalb weniger Stunden. Diese Regenfälle führen zu großflächigen Überschwemmungen, Erdrutschen und Sturzfluten, besonders in gebirgigen oder bereits wasserreichen Regionen.
  • Tornados: In den äußeren Regenbändern eines Wirbelsturms können sich häufig Tornados bilden. Diese kleinräumigen Wirbelstürme verstärken die Zerstörung zusätzlich und treten oft ohne Vorwarnung auf.

Auswirkungen des Klimawandels auf Wirbelstürme

Der Klimawandel hat tiefgreifende Auswirkungen auf das weltweite Wettergeschehen, und auch Wirbelstürme sind davon betroffen. Durch die Erwärmung der Meere steht mehr Energie für die Entstehung und Verstärkung von Stürmen zur Verfügung. Dies führt dazu, dass tropische Wirbelstürme in einigen Regionen häufiger und intensiver auftreten.

Erste Studien deuten darauf hin, dass die Sturmintensität in den letzten Jahrzehnten zugenommen hat. Besonders im Atlantik, wo Hurrikane am besten erforscht sind, wird eine deutliche Zunahme der Sturmstärke beobachtet. Zudem nehmen die Regenmengen zu, die mit einem Sturm einhergehen, was die Gefahr von Überschwemmungen weiter erhöht.

Klimamodelle legen außerdem nahe, dass die Gebiete, in denen tropische Wirbelstürme auftreten, sich ausweiten werden. Traditionell waren tropische Wirbelstürme auf tropische und subtropische Regionen beschränkt. Doch durch den Klimawandel können sie zunehmend auch Gebiete erreichen, die früher als „sicher“ galten. Besonders betroffen sind Regionen wie der Nordatlantik, wo Hurrikane nun weiter nach Norden wandern können und sogar Westeuropa bedrohen könnten. Das beste Beispiel dafür ist Hurrikan Ophelia, der 2017 Irland traf – ein Ereignis, das vor wenigen Jahrzehnten als extrem unwahrscheinlich galt.

Veränderungen in der Häufigkeit und Intensität von Wirbelstürmen

Während die Häufigkeit von Wirbelstürmen insgesamt nicht stark zunimmt, zeigen einige Studien, dass die Anzahl von besonders starken Wirbelstürmen der Kategorien 4 und 5 zunimmt. Diese extremen Stürme richten den größten Schaden an, da sie nicht nur durch ihre hohen Windgeschwindigkeiten zerstören, sondern auch mehr Regen und größere Sturmfluten mit sich bringen.

Ein weiteres auffälliges Phänomen ist die schnellere Intensivierung von Wirbelstürmen. Vor einigen Jahrzehnten brauchte ein Hurrikan oft mehrere Tage, um seine volle Stärke zu erreichen. Heute gibt es vermehrt Fälle, in denen ein tropischer Sturm innerhalb von 24 Stunden von einem Kategorie-1-Hurrikan zu einem Kategorie-4- oder -5-Hurrikan anwächst. Dieser Prozess macht es für betroffene Regionen schwieriger, sich rechtzeitig auf die Ankunft des Sturms vorzubereiten.

Vorhersagen und Frühwarnsysteme für Wirbelstürme

Die Vorhersage von Wirbelstürmen hat sich in den letzten Jahrzehnten dank moderner Technologien erheblich verbessert. Heute nutzen Meteorologinnen und Meterologeneine Kombination aus Satellitenbildern, Flugzeugen, die direkt in den Sturm fliegen, und komplexen Computermodellen, um die Zugbahnen und die Intensität der Stürme vorherzusagen.

Ein wichtiger Fortschritt in der Vorhersage ist die Assimilation von Satellitendaten, die es ermöglicht, aktuelle Daten über Windgeschwindigkeiten, Luftdruck und Temperaturen in die Vorhersagemodelle einzuspeisen. Diese Daten verbessern die Genauigkeit der Vorhersagen und geben den betroffenen Regionen mehr Zeit, sich auf den Sturm vorzubereiten.

Werden Wirbelstürme immer gefährlicher?

Die Forschung legt nahe, dass tropische Wirbelstürme durch den Klimawandel intensiver werden könnten. Besonders besorgniserregend ist die Möglichkeit, dass Hypercanes entstehen könnten – extrem starke Wirbelstürme, die durch außergewöhnlich hohe Wassertemperaturen angetrieben werden.

Diese Hypothese wurde von dem US-Meteorologen Kerry Emanuel aufgestellt, der argumentiert, dass Hypercanes bei Meerestemperaturen über 50 Grad Celsius auftreten könnten. Solche extremen Bedingungen könnten beispielsweise durch massiven Vulkanismus oder einen Asteroideneinschlag entstehen.

Während Hypercanes unter den heutigen klimatischen Bedingungen als unwahrscheinlich gelten, ist nicht auszuschließen, dass der Klimawandel extreme Wetterereignisse hervorbringt, die über das hinausgehen, was wir derzeit beobachten.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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