So hilft ein 3D-Modell, Erdbeben besser zu verstehen
Ein 3D-Modell des Noto-Erdbebens 2024 zeigt, wie Verwerfungsgeometrie Hebung und Schäden beeinflusst. Die Erkenntnisse könnten bei zukünftigen Beben helfen.

Beim Erdbeben in Japan gab es teilweise Verwerfungen von mehreren Metern. Mit einem 3D-Modell soll die Entstehung rekonstruiert und verstanden werden.
Foto: PantherMedia / actionbleem
Ein Team aus Japan hat ein 3D-Modell des schweren Noto-Erdbebens vom Neujahrstag 2024 erstellt. Mit Hilfe von Beobachtungsdaten und Simulationen konnten die Forschenden zeigen, wie die Form und Ausrichtung von Verwerfungen die Auswirkungen eines Bebens beeinflussen. Ihre Erkenntnisse sollen helfen, zukünftige Erdbeben besser zu simulieren und Risiken frühzeitiger zu erkennen.
Inhaltsverzeichnis
Ein schweres Beben zum Jahreswechsel
Am 1. Januar 2024 erschütterte ein Erdbeben der Stärke 7,5 die Noto-Halbinsel im Norden Japans. Die Erschütterungen richteten schwere Schäden an. Besonders auffällig: In einigen Regionen hob sich die Erdoberfläche um mehrere Meter – an manchen Stellen sogar bis zu 5 Meter. In anderen Gebieten waren die Hebungen dagegen deutlich geringer.
Was aber verursacht solche Unterschiede? Ein Team der Universität Tokio wollte es genau wissen. Mithilfe eines neuen Simulationsmodells untersuchten die Forschenden die Struktur der beteiligten Erdverwerfungen – also jener Bruchlinien in der Erdkruste, an denen sich Gesteinsmassen gegeneinander verschieben.
Ziel: Die Mechanik hinter der Hebung verstehen
„Während des Erdbebens auf der Noto-Halbinsel beobachteten wir in einigen Gebieten im Vergleich zu anderen verheerende Hebungen. In dieser Studie wollten wir den Mechanismus verstehen, der die Stärke und die räumlichen und zeitlichen Schwankungen der Verwerfungsverschiebung und die daraus resultierende Hebung der Erdoberfläche steuert“, erklärt Ryosuke Ando, Associate Professor an der Graduate School of Science der Universität Tokio.
Das Team analysierte Daten, die bereits vor dem Beben gesammelt wurden: seismische Aktivitäten, geologische Karten und Informationen über die Struktur der Verwerfungen. Ziel war es, ein Modell zu entwickeln, das möglichst genau abbildet, wie sich das Beben 2024 abgespielt hat – und warum es so unterschiedlich starke Auswirkungen hatte.

Das Forscherteam verwendete Supercomputersimulationen, um den zugrundeliegenden Mechanismus aufzudecken, durch den die unregelmäßige Geometrie der Verwerfung, die durch mehrere Segmente gekennzeichnet ist, die Variation der Verwerfungsverschiebung und die daraus resultierende Hebung kontrollierte. Die Hebung schwankte zwischen 1 und 2 m in einigen Bereichen und bis zu 4 und 5 m in anderen.
Foto: Ryosuke Ando, The University of Tokyo
Drei Hauptverwerfungen bestimmten das Geschehen
Laut den Forschenden waren drei größere Verwerfungen an dem Beben beteiligt. Zwei dieser Bruchlinien – die sogenannte Monzen-Verwerfung und die Hoku-gan-Verwerfungszonen – verlaufen mit einer Neigung nach Südosten. Die dritte, die Toyama-Trog-Sei-en-Verwerfung, neigt sich dagegen nach Nordwesten.
Die beteiligten Verwerfungen sind sogenannte konjugierte Verwerfungen. Das bedeutet: Sie bewegen sich seitlich in entgegengesetzte Richtungen. Das komplexe Zusammenspiel dieser Kräfte beeinflusste offenbar, wie sich der Boden an der Oberfläche verschoben hat.
Entscheidend war vor allem die sogenannte Verwerfungsgeometrie. Sie beschreibt unter anderem die Lage, Ausrichtung und den Neigungswinkel einer Bruchlinie. Auf Basis dieser Informationen erstellte das Team ein dreidimensionales Modell, das die genaue Struktur der Verwerfungen abbildet. Auch Daten aus früheren kleineren Beben flossen ein.
Realistische Simulation mit Supercomputer
Mit diesem 3D-Modell führten die Forschenden eine Computersimulation durch. Sie nutzten dafür einen leistungsstarken Supercomputer, der die Verschiebungen entlang der Verwerfungen unter realistischen Bedingungen nachbilden konnte.
Das Ergebnis: Die Simulation deckte sich weitgehend mit den tatsächlichen Beobachtungen. Besonders hohe Hebungen traten dort auf, wo die Verwerfungen lokal von ihrer typischen Ausrichtung abweichen. Diese lokalen Besonderheiten hatten offenbar großen Einfluss auf die vertikale Verschiebung der Erdoberfläche.
„Unsere Simulation mit einem Supercomputer ermöglichte die Analyse der dreidimensionalen Geometrie der Verwerfung, die unregelmäßig geformt ist. Wir konnten zeigen, dass die Geometrie der Verwerfung den Gesamtprozess durch die relative Ausrichtung der Verwerfungen zu der in dieser Region auf die tektonische Platte wirkenden Druckkraft kontrollierte“, sagt Ando.
Ausblick: Risikoanalysen verbessern
Die Forschenden sehen in ihrer Arbeit einen wichtigen Schritt für die Zukunft. Denn: Wenn sich die Auswirkungen eines Bebens durch genaue Simulationen besser vorhersagen lassen, könnten Risikoanalysen gezielter erfolgen. So lassen sich Schutzmaßnahmen verbessern – etwa bei der Stadtplanung, dem Bau von Infrastrukturen oder im Katastrophenschutz.
„Durch den Nachweis des Potenzials von Simulationen mit detaillierten Modellen der Verwerfungsgeometrien haben wir gezeigt, wie die Eigenschaften des Verwerfungsmusters vor dem Auftreten großer Erdbeben eingeschränkt werden können. Wir erwarten, dass diese Erkenntnis zur Entwicklung einer Methode zur Bewertung der Gefahren durch zukünftige große Erdbeben führen wird“, so Ando weiter.
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