Hitzetote: Klimawandel verdreifacht Todeszahlen in Europas Städten
Neue Studie zeigt: Klimawandel hat die Zahl der Hitzetoten in Europas Städten verdreifacht – ältere Menschen besonders stark betroffen.
Insbesondere in Städten wirken Hitzewellen besonders gravierend auf die Menschen. Der Klimawandel hat bei der vergangenen Hitzewelle zahlreiche zusätzliche Hitzeopfer gefordert.
Foto: PantherMedia / leolintang
Zwischen dem 23. Juni und dem 2. Juli 2025 erlebte Europa eine außergewöhnlich starke Hitzewelle. In vielen Städten stiegen die Temperaturen auf über 40 °C. Nun zeigt eine aktuelle Studie: Der Klimawandel hat in dieser kurzen Zeitspanne rund 1500 zusätzliche Todesfälle verursacht – etwa zwei Drittel der insgesamt 2300 hitzebedingten Todesopfer in zwölf untersuchten Großstädten. Ohne die zusätzliche Erwärmung durch Treibhausgase wären es laut Berechnungen lediglich rund 800 Tote gewesen.
„Die Folgen sind überwiegend unsichtbar, aber im Stillen verheerend“, sagt Co-Autor Ben Clarke vom Imperial College London. Bereits ein Unterschied von 2 bis 3 °C könne für Tausende Menschen den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten.
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Senioren besonders gefährdet
Die Daten zeigen eine klare Verteilung: 88 % der hitzebedingten Todesfälle betrafen Menschen ab 65 Jahren. Besonders gefährdet waren Senior*innen mit Vorerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Leiden oder Lungenschäden. Auch Menschen, die in schlecht isolierten Gebäuden leben oder keinen Zugang zu gekühlten Räumen haben, traf die Hitze mit voller Wucht.
Zu den am stärksten betroffenen Städten gehörten Mailand (320 zusätzliche Tote), Barcelona (286), Paris (235) und London (171). In Frankfurt lag die Zahl mit 21 vergleichsweise niedrig – doch auch hier mahnen Fachleute zur Vorsicht. Denn selbst in der Mainmetropole steigt die Zahl der heißen Tage und Tropennächte stetig.
Der „lautlose Killer“ in Betonwüsten
Hitzewellen sind anders als Überschwemmungen oder Stürme. Sie zerstören keine Häuser, hinterlassen keine offensichtlichen Trümmer. „Hitzewellen hinterlassen keine Schneise der Verwüstung wie Flächenbrände oder Stürme“, erklärt Clarke. Sie töten im Verborgenen – und gerade deshalb werden sie oft unterschätzt.
Städte sind besonders anfällig. Der sogenannte Wärmeinseleffekt führt dazu, dass Innenstädte sich tagsüber stark aufheizen und nachts kaum abkühlen. Eine Analyse aus Berlin zeigt: Tropennächte traten in dicht bebauten Vierteln mehr als dreimal so häufig auf wie auf Freiflächen. Die Folge: selbst nachts herrschen Temperaturen, bei denen sich der menschliche Körper kaum noch regenerieren kann.
Klimawandel verschärft die Lage
Die globale Temperatur ist bereits um 1,3 °C gegenüber der vorindustriellen Zeit gestiegen. In Europa liegt der Anstieg im Sommer noch höher. Klimamodelle zeigen: Ohne konsequenten Klimaschutz könnte sich die Durchschnittstemperatur bis Ende des Jahrhunderts um 3 °C erhöhen. Die Folge wären noch intensivere und häufigere Hitzewellen.
„Es gibt keinen Zweifel daran, dass Hitzewellen mit dem Klimawandel häufiger und intensiver werden“, sagt Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie. Die jüngste Hitzewelle war bereits im Juni – ungewöhnlich früh im Jahr. Das sei besonders gefährlich, da viele Menschen zu dieser Zeit noch nicht an hohe Temperaturen gewöhnt seien.
Gesundheitliche Folgen: Mehr als nur Hitzschlag
Hohe Temperaturen belasten den menschlichen Körper massiv. Bei extremer Hitze gerät das körpereigene Kühlsystem an seine Grenzen. Der Kreislauf versagt, Organe werden unzureichend durchblutet. Typische Symptome: Kopfschmerzen, Erschöpfung, Benommenheit – bei vielen enden sie tödlich.
Gleichzeitig steigt auch die Ozonbelastung. Unter intensiver Sonneneinstrahlung bildet sich bodennahes Ozon – ein Gas, das die Atemwege reizt und besonders für Asthmatiker*innen gefährlich ist. Während Hitzewellen steigen die Krankenhausaufenthalte, Rettungseinsätze häufen sich. Betroffen sind nicht nur alte Menschen, sondern auch Kinder, Schwangere und Menschen mit eingeschränktem Immunsystem.
Städte nicht vorbereitet
Viele deutsche Städte sind schlecht gerüstet. Große Glasflächen, zu wenig Bäume, fehlende Schattenplätze – all das verschärft die Lage. In Frankfurt wurden zwischen 2001 und 2020 sechs Hitzewellen mit aufeinanderfolgenden heißen Tagen und Tropennächten registriert. Und die Tendenz steigt.
Marotzke nennt es deutlich: „Deutsche Städte sind auf solche Entwicklungen unzureichend vorbereitet.“ Eine nachhaltige Stadtplanung müsse künftig gezielt auf Begrünung, Verschattung und natürliche Kühlung setzen.
Wie sich Todesfälle vermeiden lassen
Die Autor*innen der Studie betonen: Es gibt Lösungswege. „Der einzige Weg zu verhindern, dass Hitzewellen noch tödlicher werden, besteht darin, das Verbrennen fossiler Kraftstoffe zu stoppen“, sagt Friederike Otto, Mitautorin der Analyse.
Konkret heißt das:
- Ausbau erneuerbarer Energien,
- konsequente Stadtbegrünung,
- Entsiegelung versiegelter Flächen,
- Schutz besonders verletzlicher Gruppen.
Auch die Anpassung der Infrastruktur spielt eine Rolle: Kühlräume in Altenheimen, Warnsysteme für gefährdete Personen, hitzeangepasste Arbeitszeiten und verbesserte Notfallversorgung sind nur einige Maßnahmen. (mit dpa)
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