Kaskadierende Schmelze 07.11.2025, 13:17 Uhr

Dominoeffekt im Eis: Antarktis zeigt gefährliche Klima-Rückkopplung

Studie zeigt: Schmelzwasser kann Eisschmelze beschleunigen – ein Dominoeffekt, der auch heute das Klima und den Meeresspiegel bedroht.

Antarktis

Die Antarktis zeigt, dass Klimasysteme keine linearen Maschinen sind. Sie reagieren mitunter abrupt, wenn bestimmte Schwellen überschritten werden.

Foto: PantherMedia / MichalBalada

Vor rund 9000 Jahren begann in der Ostantarktis ein Prozess, der sich selbst beschleunigte – eine Kettenreaktion aus Schmelze, Ozeanströmungen und weiterer Schmelze. Forschende nennen das „kaskadierende Rückkopplung“. Was damals geschah, ist mehr als ein Blick in die Vergangenheit. Es ist eine Warnung, wie empfindlich das Klimasystem wirklich ist. Und es zeigt, wie groß die Gefahr ist, dass das wieder passiert. Ähnlich Anzeichen sind bereits zu beobachten.

Wenn das Eis sich selbst beschleunigt

Die Ostantarktis gilt als ruhiger Pol der Erde – kalt, träge, stabil. Doch eine neue Studie im Fachmagazin Nature Geoscience zeigt, dass auch dieser Eisschild einst ins Rutschen kam. Unter Leitung von Professor Yusuke Suganuma vom National Institute of Polar Research (NIPR) untersuchte ein internationales Team, wie der ostantarktische Eisschild zu Beginn des Holozäns plötzlich an Masse verlor.

Der Auslöser war offenbar nicht allein die Lufttemperatur, sondern das Meer. Warmes Tiefenwasser, das in die Küstenregionen vordrang, brachte das Eis von unten zum Schmelzen. Als die Schelfeise – die schwimmenden Ränder des Eisschilds – kollabierten, verloren sie ihre stützende Wirkung. Das Inlandeis begann schneller ins Meer zu fließen.

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Suganuma erklärt: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Schmelzen in einem Sektor der Antarktis über ozeanische Verbindungen das Schmelzen in anderen Regionen auslösen kann.“

Die Spurensuche im Eis und Sediment

Um diesen Mechanismus zu verstehen, griff das Team tief in die Vergangenheit – buchstäblich. Forschende analysierten Sedimentkerne aus der Lützow-Holm-Bucht nahe der japanischen Syowa-Station. Diese Proben stammen aus mehreren Expeditionen zwischen 1980 und 2023, zuletzt an Bord des Eisbrechers Shirase.

Die Sedimente verraten, was das Eis vor Jahrtausenden durchmachte. Mit geochemischen Analysen, mikroskopischen Untersuchungen und der Messung spezieller Beryllium-Isotope (10Be/9Be) konnten die Forschenden rekonstruieren, wann und wie sich das Klima in dieser Region veränderte.

Das Ergebnis: Vor etwa 9000 Jahren nahm das warme zirkumpolare Tiefenwasser stark zu. Diese Strömung, die heute noch den antarktischen Kontinent umkreist, brachte wärmeres Wasser an die Küsten – genau dorthin, wo die Schelfeise schwimmen. Und das genügte, um den ersten Dominostein zum Fallen zu bringen.

Schmelzwasser als Verstärker

Doch warum strömte plötzlich mehr warmes Wasser in Richtung Antarktis? Hier kamen die Computermodelle ins Spiel. Mithilfe von Klimamodellen simulierten die Forschenden, wie sich Schmelzwasser aus anderen Teilen der Antarktis – etwa dem Ross-Schelfeis – im Südlichen Ozean verteilte.

Das zusätzliche Süßwasser veränderte die Dichteverhältnisse des Meerwassers: Oben bildete sich eine leichtere, salzärmere Schicht, die das Durchmischen mit tieferem, kälterem Wasser verhinderte. Dadurch konnte das warme Tiefenwasser leichter nach oben steigen – und an die Küsten drängen.

So entstand eine Rückkopplungsschleife: Mehr Schmelze führte zu mehr Süßwasser, das wiederum das Eindringen von warmem Wasser begünstigte. Ein sich selbst verstärkender Prozess – die „kaskadierende Schmelze“.

Eine Dynamik mit Gegenwartsbezug

Das Besorgniserregende daran: Dieser Mechanismus ist nicht nur ein Relikt der Vergangenheit. „Die physikalischen Prozesse, die wir rekonstruieren konnten, sind auch heute relevant“, betont Suganuma.

Aktuelle Satellitenmessungen zeigen, dass Teile der Westantarktis – etwa der Thwaites- und Pine-Island-Gletscher – bereits auf ähnliche Weise schmelzen. Auch hier dringt warmes Tiefenwasser unter die Eisplatten und schwächt sie von unten.

Wenn sich die in der Studie beobachtete Kaskade wiederholt, könnte der Verlust von Eis in einer Region den Rückgang in anderen Sektoren beschleunigen. Das würde nicht nur die Stabilität des gesamten Eisschilds gefährden, sondern auch den globalen Meeresspiegel schneller steigen lassen, als bisher angenommen.

Die Vergangenheit als Klimawarnung

Das Holozän, die Epoche nach der letzten Eiszeit, war bereits eine wärmere Phase. Doch die damalige Erwärmung verlief deutlich langsamer als die heutige. Die Studie zeigt: Selbst kleine Veränderungen können ausreichen, um ganze Systeme kippen zu lassen.

Konkret bedeutet das: Was in der Antarktis passiert, bleibt nicht in der Antarktis. Durch die Ozeane sind alle Prozesse miteinander verbunden – von der Westküste Amerikas bis zu den Rändern der Eiswüsten.

Suganuma fasst die Erkenntnis so zusammen: „Unsere Ergebnisse unterstreichen, dass selbst regionale Veränderungen globale Auswirkungen haben können.“

Hier geht es zur Originalpublikation

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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