Teleskope als Zeitmaschinen: Wie weit blicken wir ins Weltall?
Wo sind die Grenzen beim Blick ins Weltall? Wie verbessern Teleskope und moderne Technik unser Sehen? Wie gelingt der Blick in die Vergangenheit?

Teleskope ermöglichen einen detaillierten Blick auf die Sterne und deren Vergangenheit.
Foto: PantherMedia / Dudlajzov
Wer nachts in den Himmel schaut, entdeckt unzählige Sterne und Galaxien. Doch wie weit können wir eigentlich sehen – und welche Rolle spielen Teleskope dabei? Der Blick ins All ist aus mehreren Gründen begrenzt. Gleichzeitig reisen wir mit jedem Blick in die Vergangenheit. Werfen wir gemeinsam einen Blick ins Weltall.
Sichtgrenzen auf der Erde und im All
Schon auf der Erde stößt unser Blick an natürliche Grenzen: Gebäude, Bäume oder Berge versperren die Sicht, und selbst auf einer vollkommen freien Fläche wie dem offenen Meer verschwindet die Erdoberfläche bereits nach etwa fünf Kilometern hinter dem Horizont – eine Folge der Erdkrümmung.
Im Weltall wirkt die Sicht zunächst grenzenlos. Doch auch hier gibt es klare Beschränkungen: Zum einen können wir nur Lichtquellen wahrnehmen, die hell genug strahlen, um über die unvorstellbaren Distanzen hinweg sichtbar zu bleiben. Zum anderen ist das Universum selbst nicht unendlich alt. Es existiert seit etwa 13,8 Milliarden Jahren. Das bedeutet: Nur Licht, das seit diesem Zeitpunkt unterwegs ist, konnte uns überhaupt erreichen.
Wie Teleskope unser Sehen verbessern
Viele stellen sich bei Teleskopen eine extreme Vergrößerung vor. Doch in der Astronomie geht es vor allem darum, möglichst viel Licht zu sammeln.
Das menschliche Auge hat im Dunkeln eine Pupillenöffnung von etwa sieben Millimetern. Ein großes Teleskop mit acht Metern Durchmesser sammelt etwa eine Million Mal mehr Licht. Dadurch können wir nicht nur lichtschwächere Objekte erkennen, sondern auch Details in weit entfernten Himmelskörpern sichtbar machen.
Zusätzlich verbessert ein großer Teleskopspiegel die Auflösung: Er trennt nahe beieinanderliegende Lichtquellen besser. Doch selbst die besten Teleskope werden auf der Erde durch die Atmosphäre begrenzt – Turbulenzen lassen Sterne flimmern. Techniken wie adaptive Optik helfen, diese Effekte auszugleichen.
Was wir mit bloßem Auge sehen können
Viele Sterne, die wir nachts sehen, gehören zu unserer Milchstraße und sind nur wenige Hundert bis Tausend Lichtjahre entfernt.
Eine Ausnahme ist die Andromedagalaxie (Messier 31): Mit etwa 2,5 Millionen Lichtjahren Entfernung ist sie das fernste Objekt, das wir ohne technische Hilfsmittel erkennen können. Ihr Licht zeigt uns die Galaxie so, wie sie zu Zeiten der Frühmenschen auf der Erde aussah.
Wie wir mit moderner Technik besser sehen
Auch leistungsstarke Teleskope stoßen bei klassischen Beobachtungen an ihre Grenzen. Zwei physikalische Effekte erschweren es, sehr lichtschwache Objekte sichtbar zu machen:
Zum einen verringert sich bei ausgedehnten Himmelskörpern wie Galaxien die sogenannte Flächenhelligkeit. Vergrößert man ein solches Objekt, verteilt sich sein Licht auf eine größere Fläche, wodurch es insgesamt dunkler erscheint.
Zum anderen tritt ein Lichtverlust auf: Bei niedriger Vergrößerung wird der Lichtkegel des Teleskops breiter als die Pupille des menschlichen Auges. Ein Teil des gesammelten Lichts geht dadurch verloren, anstatt in das Auge einzutreten.
Um diese Schwächen zu überwinden, setzen moderne Großteleskope auf CCD-Sensoren (Charge-Coupled Devices). Diese hochsensiblen Chips sammeln Licht über lange Zeiträume hinweg und sind wesentlich empfindlicher als das menschliche Auge. Sie ermöglichen:
- die Aufnahme lichtschwacher Objekte durch Langzeitbelichtung,
- eine präzise quantitative Auswertung von Helligkeiten, Spektren und Bewegungen,
- sowie die Sichtbarmachung extrem schwacher Strukturen, die mit bloßem Auge unsichtbar bleiben würden.
Ein eindrucksvolles Beispiel für diese Technik ist das Hubble Ultra Deep Field: Über einen Zeitraum von mehr als elf Tagen sammelte das Hubble-Weltraumteleskop das Licht eines winzigen Himmelsausschnitts und enthüllte dabei Tausende von Galaxien, deren Licht bis zu 13 Milliarden Jahre unterwegs war.
Die Grenzen unserer Beobachtung: Der kosmische Horizont
So leistungsfähig unsere Instrumente auch sind – irgendwann endet unser Blick ins All am kosmischen Horizont. Dieser entstand etwa 380.000 Jahre nach dem Urknall, als das Universum durchsichtig wurde und Licht frei reisen konnte. Dieses Licht sehen wir heute als kosmische Hintergrundstrahlung.
Die europäische Mission Planck hat diese Strahlung präzise vermessen und dabei Alter, Geometrie und Materieverteilung des Universums bestimmt. Weiter zurück als bis zu diesem Punkt können wir nicht blicken – es gab zuvor schlicht keine frei beweglichen Lichtteilchen.
Teleskope als Zeitmaschinen
„Ins Weltall zu schauen, ist wie in die Vergangenheit zu schauen“, beschreibt es die US-Raumfahrtbehörde NASA treffend. Grund dafür ist die endliche Geschwindigkeit des Lichts. Licht legt etwa 300.000 Kilometer pro Sekunde zurück – eine Geschwindigkeit, die im Alltag nahezu augenblicklich wirkt, bei astronomischen Entfernungen aber deutliche Zeitspannen verursacht.
Jeder Blick ins All ist ein Blick in die Vergangenheit:
- Der Mond, wie er vor 1,3 Sekunden war.
- Die Sonne, wie sie vor rund acht Minuten strahlte.
- Die Andromedagalaxie, wie sie vor 2,5 Millionen Jahren aussah.
Noch weiter entfernt: Der Virgo-Galaxienhaufen, rund 60 Millionen Lichtjahre entfernt – sein Licht zeigt uns eine Epoche, in der die Dinosaurier gerade ausgestorben waren. Je weiter ein Objekt von der Erde entfernt ist, desto länger braucht sein Licht für die Reise. Ein Blick zu einem Stern in mehreren hundert Lichtjahren Entfernung bedeutet ein Zurückblicken in eine Ära, die noch vor den ersten Hochkulturen auf der Erde liegt.
James Webb Space Telescope: Der tiefste Blick ins All
Mit dem James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) ist ein neues Kapitel in der Erforschung der frühen Geschichte des Universums aufgeschlagen worden. Das JWST wurde speziell dafür entwickelt, besonders lichtschwache und weit entfernte Objekte zu erfassen. Es arbeitet im Infrarotbereich des elektromagnetischen Spektrums – ein Bereich, der für menschliche Augen unsichtbar ist, aber ideal geeignet, um durch Staubwolken zu blicken und das Licht extrem entfernter Galaxien aufzuspüren.
Schon kurz nach seiner Inbetriebnahme hat JWST Galaxien entdeckt, die nur 325 bis 460 Millionen Jahre nach dem Urknall existierten. Ihr Licht hatte eine Reisezeit von über 13 Milliarden Jahren hinter sich, bevor es die Sensoren des Teleskops erreichte.
Damit eröffnet JWST den Blick auf eine Epoche, in der die ersten Sterne und Galaxien im jungen Universum entstanden. Diese Entdeckungen geben den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wichtige Hinweise darauf, wie sich die großräumige Struktur des Kosmos entwickelt hat – von kleinen Anfangsfluktuationen bis zu den gigantischen Galaxienhaufen, die wir heute beobachten.
Je weiter die Forschenden blicken können, desto besser lässt sich die Geschichte des Universums rekonstruieren. Und vielleicht hilft ein tieferer Blick in die Vergangenheit eines Tages dabei, auch die ganz großen Fragen der Kosmologie zu beantworten: Woher stammt die Materie? Warum ist das Universum so, wie wir es heute sehen?
Wie gut sind einfache Teleskope für den Hausgebrauch?
Gehen wir weg von Superteleskopen wie dem JWST und wenden wir uns Teleskopen für den Hausgebrauch zu. Selbst einfache Teleskope zeigen den Mond und große Planeten wie Jupiter oder Saturn. Kleine Instrumente bis 10 cm Durchmesser lassen Krater und Mondberge erkennen. Bei Jupiter sehen Sie zwei dunkle Streifen und seine vier größten Monde.
Mit mittleren Teleskopen ab 12 cm Öffnung werden feine Strukturen sichtbar. Saturns Ringteilung und kleine Rillen auf dem Mond lassen sich erkennen. Gute Bedingungen vorausgesetzt, können Sie sogar den Großen Roten Fleck auf Jupiter erspähen.
Große Teleskope ab 20 cm Durchmesser zeigen Details in planetarischen Nebeln und erste Spiralarme in nahen Galaxien. Kugelsternhaufen lösen sich in Einzelsterne auf. Noch größere Optiken, etwa 30 cm oder mehr, eröffnen unter dunklem Himmel einen tiefen Blick in weit entfernte Deep-Sky-Objekte.
Standort, Lichtverschmutzung und Erfahrung zählen
Ein dunkler Beobachtungsplatz ist für die Himmelsbeobachtung entscheidend. Großstädte und Ballungsräume verschlechtern die Sicht erheblich, vor allem nahe dem Horizont. In entlegenen Gebieten wie den Alpen gibt es noch Orte mit fast völlig dunklem Nachthimmel.
Erfahrung spielt ebenfalls eine große Rolle: Wer sich intensiv mit einem bestimmten Objekt beschäftigt, entdeckt mit der Zeit mehr Details – oft mehr als ein Anfänger mit einem deutlich größeren Teleskop.
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