Batteriefabriken: 135-Milliarden-Markt für deutsche Maschinenbauer?
Das Geschäft mit neuen Gigafactorys dominieren asiatische Anbieter. Die Chance für deutsche Maschinenbauer liegt in der Modernisierung bestehender Fabriken – ein 135-Mrd.-€-Markt, zeigt eine neue Studie von Porsche Consulting und VDMA.
Montage von Batteriemodulen: Die ersten Gigafactorys aus den 2010er-Jahren stehen vor der Modernisierung. Hier können laut VDMA und Porsche Consulting europäische Spezialisten punkten.
Foto: Smarterpix/golfmerrymaker
Der 135-Milliarden-Markt kommt – aber nur für Spezialisten, die auf Modernisierung statt Neubau setzen. Die neue Studie „Battery Manufacturing 2030+: From Hype to Hard Truths“ von Porsche Consulting und VDMA zeigt: Das Geschäft mit neuen Gigafactorys dominieren asiatische Ausrüster.
Die Chance für deutsche Maschinenbauer liegt im sogenannten Brownfield-Markt, also der Modernisierung bestehender Fabriken.
Inhaltsverzeichnis
Der Gigafactory-Hype ist vorbei
Die Euphorie um europäische Gigafactorys ist verflogen: Projekte wie Northvolt sind gescheitert, andere wurden verschoben oder verkleinert. Ende 2023 waren noch 1,6 TWh Produktionskapazität bis 2030 angekündigt, inzwischen sind es nur noch 1,1 TWh. Nach Einschätzung der Studienautoren dürften davon realistisch etwa 750 GWh tatsächlich ans Netz gehen – der Rest scheitert an Finanzierungslücken oder Anlaufproblemen.
Gleichzeitig dominieren asiatische Unternehmen die globale Zellproduktion, 90 % entfallen alleine auf China. Ihre Fabriken bestücken die Ausrüster bevorzugt mit heimischen Ausrüstern. Der chinesische Marktführer Wuxi Lead hält bei Wickel- und Stapelmaschinen zum Beispiel einen Marktanteil von 65 %. Das Greenfield-Geschäft ist für europäische Anbieter damit weitgehend gelaufen.
Der globale Markt für Batterieequipment wird laut Studie zwischen 2025 und 2035 kumuliert 250 bis 280 Mrd. € erreichen. Davon entfallen rund 150 Mrd. € auf das Greenfield-Geschäft, die verbleibenden 135 Mrd. € auf die Modernisierung bestehender Anlagen.
Warum Brownfield jetzt interessant wird
Weltweit gibt es rund 110 Lithium-Ionen-Batteriefabriken im Gigawatt-Maßstab. Die ersten stammen aus der Mitte der 2010er-Jahre und müssen nun modernisiert werden – die Studie rechnet mit einem Erneuerungszyklus von etwa acht Jahren.
Hier liege die große Chance. Grund sei eine Veränderung im Beschaffungsverhalten der Batteriehersteller: Sie wechselten von einer „One-Stop-Shop“-Strategie, bei der eine Fabrik alles von einem einzigen, meist asiatischen, Lieferanten bezieht, zum sogenannten „Cherry-Picking“. Statt Komplettlösungen kaufen sie einzelne Prozessschritte bei Spezialisten und integrieren diese selbst.
„Zellhersteller weltweit erkennen, dass spezialisierte Expertise bei der Prozessoptimierung entscheidend ist – besonders in der kritischen Phase zwischen Inbetriebnahme und profitabler Produktion“, erläutert Sarah Michaelis, Leiterin der Fachabteilung VDMA Batterieproduktion. Das öffnet die Tür für deutsche Anbieter.
Wo die Chancen liegen
Deutsche Maschinenbauer können also nicht mit den großen Hauptlieferanten aus Asien konkurrieren. Ihre Stärke liegt vielmehr in Nischenprozessen mit hohen technischen Hürden und geringerem Wettbewerb. „Während asiatische Fabrikausrüster auf Masse setzen, agieren europäische Maschinenbauer als spezialisiertes Ökosystem,“ erläutert Hartmut Rauen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des VDMA. So seien allein in der Elektrodenfertigung 65 VDMA-Mitglieder aktiv.
Diese Spezialisierung ermögliche „modulare, interoperable Systeme – und damit größere Flexibilität für Kunden“, so Rauen. Als aussichtsreiche Komponenten und Teilprozesse für das Brownfield-Geschäft nennt die Studie unter anderem:
- Beschichtung und Trocknung
- Elektrolytbefüllung
- Präzisionsschweißen (Laser, Ultraschall)
- Optische Inspektionssysteme
Darüber hinaus könnten deutsche Firmen auch im Greenfield-Markt als Zulieferer profitieren: Viele asiatische Turnkey-Anbieter beziehen Komponenten wie Walzen, Stanzwerkzeuge oder Laserschweißsysteme aus Europa. Laut einer Umfrage unter europäischen Maschinenbauern liegt dieser Zuliefermarkt bei etwa 35 Mrd. €.
Wo das Batteriegeschäft stattfindet
Um das Potenzial des Brownfield-Markts besser zu verstehen, lohnt ein Blick auf den gesamten Equipmentmarkt. Dieser umfasst sowohl Neubau als auch Modernisierung. Hier zeigen sich deutliche regionale Unterschiede:
| Region | Marktvolumen |
| Nordamerika | 88,2 Mrd. € |
| Europa | 76,7 Mrd. € |
| China | 71,2 Mrd. € |
| Indien | 4,6 Mrd. € |
Was überrascht: Nordamerika liegt vor China, obwohl dort weniger Batterien produziert werden. Hintergrund sind die höheren Anforderungen in westlichen Märkten: CE-Zertifizierung und strengere Sicherheitsstandards bedeuten mehr Aufwand, aber auch bis zu 50 % höhere Preise.
Für deutsche Maschinenbauer ist das eine gute Nachricht: Im Brownfield-Geschäft in Europa und Nordamerika können sie nicht nur durch Spezialisierung punkten, sondern auch höhere Margen erzielen als in Asien.
Fazit: Spezialisierung statt Skalierung
Das 135 Mrd. €-Potenzial im Brownfield-Markt zu heben, wird kein Selbstläufer. Deutsche Maschinenbauer müssen sich auf Nischenprozesse fokussieren. „Hier können europäische Unternehmen ihre Stärken ausspielen: Präzisions-Engineering, digitale Integration und regulatorische Expertise“, sagt Michaelis.
Auch die Politik sei gefordert: „Förderprogramme sollten europäische Präferenzkriterien auch für Produktionsausrüstung enthalten – nicht nur für die Zellproduktion selbst“, fordert Rauen.
Wenn der deutsche Maschinenbau jetzt seine Karten richtig ausspielt, kann er von einem Markt profitieren, den asiatische Großanbieter nicht so schnell dominieren werden. Denn für den Brownfield-Markt ist Spezialisierung wichtiger als Skalierung.
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