Biotechnologie 06.01.2022, 07:00 Uhr

Was Ingenieure von Spinnen lernen: Peptide und Proteine als neue Therapeutika

Das Gift einheimischer Spinnen enthält bis zu 3.000 unterschiedliche Komponenten – auch interessante Moleküle als Grundlage für Arzneistoffe. Doch wie gelingt es, ausreichende Mengen für Experimente zu gewinnen?

Spinnengift für Therapeutika

Im Gift von Spinnen stecken große Potenziale für neue Therapien. Hier bereitet der Fraunhofer-Wissenschaftler Tim Lüddecke eine Wespenspinne für Experimente vor, um ihr toxisches Sekret zu untersuchen.

Foto: Fraunhofer IME

Naturstoffe gelten seit Jahrzehnten als Quelle für innovative Moleküle aller Art. Noch immer entdecken Biologinnen und Biologen in Organismen unbekannte Moleküle. Aktuell befassen sich Forschende am Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME und an der Justus-Liebig-Universität Gießen mit einheimischen Gifttieren wie der Wespenspinne (Argiope bruennichi). Sie untersuchen bekannte Arten auf toxische, möglicherweise bedeutsame Peptide und Proteine – mit Erfolg.

Fraunhofer-Entwicklung: Mit diesem innovativen Gerät lassen sich Medikamente leichter herstellen

Top Stellenangebote

Zur Jobbörse
Stadtwerke München GmbH-Firmenlogo
Instandhaltungsmanager*in (m/w/d) Stadtwerke München GmbH
München Zum Job 
Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF-Firmenlogo
Wissenschaftler (m/w/d) - angewandte NV-Magnetometrie und Laserschwellen-Magnetometer Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF
Freiburg im Breisgau Zum Job 
Rittal GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Maschinenbauingenieur / Prüfingenieur (m/w/d) Dynamik / Schwingungstechnik Rittal GmbH & Co. KG
Herborn Zum Job 
Vita Zahnfabrik H. Rauter GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Konstrukteurin / Konstrukteur Maschinen und Anlagen Vita Zahnfabrik H. Rauter GmbH & Co. KG
Bad Säckingen Zum Job 
Deutsche Rentenversicherung Bund-Firmenlogo
Teamleiter*in Bauprojekte Elektrotechnik (m/w/div) Deutsche Rentenversicherung Bund
Stadtwerke Frankenthal GmbH-Firmenlogo
Energieberater (m/w/d) Stadtwerke Frankenthal GmbH
Frankenthal Zum Job 
Griesemann Gruppe-Firmenlogo
Lead Ingenieur Elektrotechnik / MSR (m/w/d) Griesemann Gruppe
Köln, Wesseling Zum Job 
Berliner Wasserbetriebe-Firmenlogo
Bauingenieur:in Maßnahmenentwicklung Netze (w/m/d) Berliner Wasserbetriebe
PARI Pharma GmbH-Firmenlogo
Senior Projekt-/Entwicklungsingenieur (m/w/d) in der Konstruktion von Medizingeräten PARI Pharma GmbH
Gräfelfing Zum Job 
ABO Wind AG-Firmenlogo
Projektleiter (m/w/d) Umspannwerke 110kV für erneuerbare Energien ABO Wind AG
verschiedene Standorte Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Ingenieur (w/m/d) Verkehrsbeeinflussungsanlagen Die Autobahn GmbH des Bundes
Hamburg Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Abteilungsleitung (m/w/d) Umweltmanagement und Landschaftspflege Die Autobahn GmbH des Bundes
VIVAVIS AG-Firmenlogo
Projektleiter (m/w/d) Angebotsmanagement VIVAVIS AG
Ettlingen, Berlin, Bochum, Koblenz Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Projektingenieur (w/m/d) Telematik-Infrastruktur Die Autobahn GmbH des Bundes
Frankfurt am Main Zum Job 
envia TEL GmbH-Firmenlogo
Serviceingenieur (Field Service Engineer) (m/w/d) envia TEL GmbH
Chemnitz, Halle, Kolkwitz, Markkleeberg, Taucha Zum Job 
Stadt Nordenham-Firmenlogo
Ingenieur (m/w/d) der Richtung Bauingenieurwesen (Tiefbau, Siedlungswasserwirtschaft, Wasserwirtschaft, Wasserbau) oder Umweltingenieurwesen oder staatlich geprüften Techniker (m/w/d) der Siedlungswasserwirtschaft Stadt Nordenham
Nordenham Zum Job 
envia TEL GmbH-Firmenlogo
Ingenieur Datacenter Infrastruktur (m/w/d) envia TEL GmbH
ILF Beratende Ingenieure GmbH-Firmenlogo
Projektingenieur (m/w/d) Konstruktiver Ingenieurbau / Objekt- und Tragwerksplanung ILF Beratende Ingenieure GmbH
München Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Abteilungsleiter/in - Planung auf BAB Betriebsstrecken (w/m/d) Die Autobahn GmbH des Bundes
Oldenburg Zum Job 
ILF Beratende Ingenieure GmbH-Firmenlogo
Projektingenieur (m/w/d) Verkehrsanlagen Schwerpunkt Trassierung ILF Beratende Ingenieure GmbH
München, Essen Zum Job 

Was zeichnet Peptide und Proteine aus?

 Zum Hintergrund: Peptide und Proteine sind fundamentale Bausteine von Mikroorganismen, Pflanzen, Tieren und Menschen. Was sie so einzigartig macht, ist ihre Eigenschaft, komplexe Raumstrukturen auszubilden. Alles beginnt bei der Abfolge einzelner Aminosäuren im Protein, vergleichbar mit einer Perlenkette. Biotechnologen sprechen von der sogenannten Primärstruktur. Die Sekundärstruktur entsteht durch Wechselwirkungen räumlich benachbarter Aminosäuren. Besonders häufig sind Spiralen, sogenannte Alpha-Helices, und gefaltete Anordnungen, die Beta-Faltblätter. Mehrere Sekundärstrukturen bilden übergeordnete räumliche Anordnungen, die Tertiär- und die Quartärstrukturen. Sie sind entscheidend für die biologische Wirkung und für die Stabilität in einem Organismus. Viele Eiweiße im menschlichen Körper werden rasch wieder in ihre Bausteine, die Aminosäuren, abgebaut. Biologisch stabile Proteine sind deshalb besonders interessant.

Welche besonderen Peptide und Proteine hat die Wespenspinne? 

Spinnengift für Therapeutika

Das Gift der Wespenspinne enthält interessante Proteine.

Foto: Fraunhofer IME

Genau hier beginnt die Forschung. Nur waren Experimente mit Wespenspinnen oder sonstigen Arten bislang recht schwierig. „Die meisten Spinnen in Mitteleuropa sind maximal zwei Zentimeter groß, ihre Giftmenge reichte für Experimente nicht aus“, berichtet Tim Lüddecke vom Fraunhofer IME in Gießen. Deshalb arbeiteten viele Labors mit tropischen Giftspinnen, die größere Mengen toxischer Sekrete absondern. „Doch inzwischen verfügen wir über präzise Analysemethoden, um auch die geringen Mengen der bisher vernachlässigten Mehrheit der Spinnen untersuchen zu können“, so Lüddecke.

Mit moderner instrumenteller Analytik gelang es den Biotechnologinnen und Biotechnologen, das Sekret der Wespenspinne zu analysieren. Völlig überraschend fanden sie nur 53 große Biomoleküle. Bei anderen Spinnen enthalten toxische Ausscheidungen bis zu 3.000 Komponenten. Bei der jetzt durchgeführten Analyse ließen sich sogenannte Knottine nachweisen. Das sind Proteine mit einer verknoteten Struktur, daher ihr Name. Dieser besondere Aufbau erklärt, warum Knottine widerstandsfähig gegen Enzyme, gegen Magensäure oder gegen erhöhte Temperaturen sind. Für die Medizin sind solche Strukturen interessant, weil man Eiweiß-haltige Medikamente perspektivisch schlucken könnte und nicht spritzen müsste. Insuline, die am häufigsten eingesetzten therapeutischen Peptide, werden per Spritze oder Pumpe verabreicht. Außerdem binden Knottine sehr spezifisch an Ionenkanäle. Sprich: Daraus könnten sich potenziell nebenwirkungsarme Pharmaka entwickeln lassen. Je unspezifischer ein Molekül ist, desto mehr unerwünschte Effekte treten auf.

Virologische Forschung: Zwei Jahre Corona-Pandemie: Wo wir wirklich stehen

Vom Peptid oder Protein zur gentechnologischen Herstellung  

Die nächste Herausforderung lautet, größere Mengen der toxischen Eiweiße für Studien zu gewinnen. Hier kommt die Biotechnologie in das Spiel. Zuerst sucht man das Gen, in dem Erbinformationen eines biologisch aktiven Makromoleküls stecken. Bei den Experimenten wurden mRNAs, sprich Arbeitskopien aktiver Gene, aus Giftdrüsen entnommen und dann sequenziert. Ist der genetische Code bekannt, lassen sich harmlose Bakterien wie Escherichia coli so manipulieren, dass sie ein bestimmtes Protein herstellen. Lüddecke und sein Team hat über diesen Weg eine der Hauptkomponenten des Gifts biotechnologisch synthetisiert, um weitere Studien durchzuführen. Dieser Schritt kann mit geeigneten Fermentern so hochskaliert werden, dass große Mengen einer interessanten Verbindung entstehen. Dann folgen noch Verfahren zur Isolierung und zur Aufreinigung.

Auf der Suche nach neuen Peptiden und Proteinen 

Das jetzt beschriebene Verfahren lässt sich für die Suche nach neuen Wirkstoffen universell einsetzen. Beispielsweise fanden Forschende des Fraunhofer IME und der Justus-Liebig-Universität Gießen heraus, dass sich toxische Sekrete einer Art teils stark unterscheiden. „Die Dynamik des Spinnengifts wurde bislang völlig unterschätzt“, sagt Lüddecke. „Das biochemische Repertoire wird entscheidend vom Lebensabschnitt, Lebensraum und vor allem vom Geschlecht beeinflusst.“ In jeder Spinne verbergen sich große Potenziale für neue Therapien.

Mehr zum Thema innovative Therapien:

Ein Beitrag von:

  • Michael van den Heuvel

    Michael van den Heuvel hat Chemie studiert. Unter anderem arbeitet er für Medscape, DocCheck, für die Universität München und für pharmazeutische Fachmagazine. Seit 2017 ist er selbstständiger Journalist und Gesellschafter von Content Qualitäten. Seine Themen: Chemie/physikalische Chemie, Energie, Umwelt, KI, Medizin/Medizintechnik.

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.