Durchbruch in der Medizin 15.09.2023, 07:00 Uhr

Elektrisch geladenes Plasma lässt chronische Wunden besser heilen

Ein Forschungsteam hat im Rahmen einer Studie eine neue Methode zur erfolgreicheren Behandlung chronischer Wunden getestet. Das Ergebnis ist bahnbrechend, da damit der bisherige Goldstandard überholt zu sein scheint. Der Einsatz von Plasma, das mit Energie geladen wird, lässt Wunden schneller und besser heilen.

Tupfer, Mullbinden, Pinzette, Handschuhe: diverse Utensilien zur Versorgung von Wunden

Für die Versorgung chronischer Wunden gibt es einen Goldstandard, den Forschende in einer aktuellen Studie nun widerlegten.

Foto: Panthermedia.net/Fahroni (YAYMicro)

Seit 2021 läuft die sogenannte POWER-Studie an der Ruhr-Universität Bochum (RUB). POWER steht für „Plasma On Chronic Wounds for Epidermal Regeneration” und ist als multizentrische Studie angelegt, die bis Ende 2024 läuft. Neben einem Team der RUB sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von verschiedenen anderen Kompetenzzentren beteiligt, unter anderem Berlin, Hamburg und München. Im Fokus der Studie steht die Behandlung chronischer Wunden nach dem Goldstandard.

Als Goldstandard gilt das Verfahren, das als die sicherste und beste Methode oder Therapie gilt. Im Zusammenhang mit chronischen Wunden gibt die aktuelle Leitlinie vor, dass solche Wunden wie folgt behandelt werden sollen: Mithilfe chirurgischer Methoden ist das geschädigte oder abgestorbene Gewebe zu entfernen, um nachfolgend eine antiseptische Wundreinigung vorzunehmen. Am Schluss erfolgt das Anlegen spezieller Verbände. Derartige Verbandswechsel müssen regelmäßig stattfinden.

Chronische Wunden: Kaltplasma überholt Goldstandard

Das Team hat in der Studie nun herausgefunden, dass chronische Wunden unter Einsatz von Kaltplasma deutlich besser und schneller verheilen als nach der Goldstandard-Methode. Der Durchbruch hat das Team deshalb auch dazu veranlasst, dieses Zwischenergebnis zu kommunizieren, auch wenn die Studie noch gar nicht beendet ist.

Und so funktioniert die Anwendung eines Kaltplasmas: Auf die Wunde wird eine besondere Plasmafolie gelegt, wobei ein Zwischenraum existieren, in dem sich Umgebungsluft befinden muss. Diese wird dann teilweise ionisiert. Das bedeutet: Die Forschenden laden diese Luft gezielt mit Energie auf. Das Ergebnis ist vielversprechend, denn durch die Ionisierung entsteht ein antibakteriell wirkendes Plasma, das zudem auch noch antivirale und entzündungshemmende Eigenschaften zeigt. Die Forschenden setzten auf diese Methode, weil Plasma bereits in anderen Studien Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu erstaunlichen Ergebnissen verhalf. Es zeigte sich zum Beispiel, dass Plasma die Bildung neuer Blutgefäße unterstützen kann. Daraus schlussfolgerten die Beteiligten der POWER-Studie, dass sich diese positive Wirkung auch auf die Wundheilung übertragen lassen müsse. Und damit lagen sie richtig.

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Kaltplasma erzielt in der Studiengruppe beste Ergebnisse

An der Studie nahmen bislang 48 Patientinnen und Patienten teil. Während eine Gruppe ausschließlich nach dem Goldstandard behandelt wurde, setzte man bei der zweiten Gruppe zusätzlich das Kaltplasma ein. In einem Zeitraum von vier Wochen fand die Behandlung dreimal pro Woche für zwei Minuten lang statt. Aufgetragen haben die Forschenden das Plasma mithilfe eines speziellen Applikators, der relativ groß war, da er eine Fläche von elf mal elf Zentimeter aufwies. Die Forschenden begutachteten die Wunden der Patientinnen und Patienten insgesamt dreimal: nach vier Wochen, nach drei sowie nach sechs Monaten. Dafür war neben der Größe der Wunde eine mögliche Besiedlung mit Bakterien ausschlaggebend. Darüber hinaus wurde auch das Schmerzempfinden der Patientinnen und Patienten berücksichtigt, wie sie dieses in Bezug auf die Wunde einschätzten.

Das Ergebnis hat die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erfreut: Nach vier Wochen waren 16 Prozent der Wunden der Plasmagruppe komplett oder zu 90 Prozent geschlossen. Ein solches Ergebnis fand sich in der Kontrollgruppe mit reiner Goldstandardtherapie nicht. Um mindestens 60 Prozent verkleinert hatten sich in der Plasmagruppe zudem weitere 28 Prozent der Wunden. Das war ebenfalls ein einmaliges Ergebnis, das die Standardgruppe nicht liefern konnte. Dass sich Wundflächen um mindestens 40 Prozent verringern ließen, zeigte 40 Prozent der Plasmagruppe und immerhin 18 Prozent in der Kontrollgruppe.

Mehr Lebensqualität dank Behandlung mit Kaltplasma

„Die mit Plasma behandelten Patientinnen und Patienten berichteten darüber hinaus von einer signifikanten Verringerung der Wundschmerzen und einer Verbesserung der Lebensqualität“, erklärt Nessr Abu Rached, Spezialist an der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der RUB im St. Josefs Hospital, Klinikum der RUB. Auch hinsichtlich der Gabe von Antibiotika zeigte die Behandlung mit Kaltplasma gute Resultate. Denn nur vier Prozent der Patientinnen und Patienten dieser Gruppe benötigten welche, während es in der Kontrollgruppe 23 Prozent waren. „Die Kombination von Plasma mit der bewährten Wundbehandlung übertrifft die Wirkung der bisher als Goldstandard geltenden Behandlung um ein Vielfaches“, bilanziert Nessr Abu Rached.

Als chronische Wunden gelten im Übrigen solche, die nach acht Wochen noch nicht vollständig verheilt sind. Betroffen sind häufig ältere Menschen, solche mit Diabetes, Durchblutungsstörungen oder Mobilitätseinschränkungen.

Ein Beitrag von:

  • Nina Draese

    Nina Draese hat unter anderem für die dpa gearbeitet, die Presseabteilung von BMW, für die Autozeitung und den MAV-Verlag. Sie ist selbstständige Journalistin und gehört zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen: Automobil, Energie, Klima, KI, Technik, Umwelt.

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