Forschung 09.07.2019, 07:00 Uhr

Organchip zeigt erstmals, wie Arzneistoffe im Körper wirken

Ingenieure und Biologen arbeiten schon länger an sogenannten „Organ-on-a-chip-Systemen“. Jetzt ist es ihnen gelungen, unerwünschte Effekte eines Medikaments im Körper vorauszusagen.

Pharmaforschung

Organchips revolutionieren die Pharmaforschung.

Foto: panthermedia/dolgachov

Die Entwicklung neuer Arzneimittel ist immens aufwendig. Laut Angaben des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (VFA) müssen im Schnitt 5.000 bis 10.000 Substanzen getestet werden, bis ein neues Medikament zugelassen wird. Das dauert im Schnitt 13,5 Jahre bei Kosten von 1,0 bis 1,6 Milliarden US-Dollar (umgerechnet rund 900.000 bis 1,4 Millionen Euro). „Es ist kostspielig und zeitaufwendig, festzustellen, ob potenzielle Medikamentenkandidaten möglicherweise schlechte therapeutische Eigenschaften aufweisen“, so James Hickman. Der Professor an der University of Central Florida hat zusammen mit Kollegen gezeigt, dass Multi-Organ-Chips diesen Auswahlprozess beschleunigen: ein Sprung von der Grundlagenforschung zur Anwendung.

Zusammen mit dem Hersteller AstraZeneca entwickelte Hickman jetzt ein Herzmodell sowie ein Herz-Leber-System auf Biochips. Ziel der Forscher war, den bereits bekannten Arzneistoff Terfenadin zu untersuchen. Er wurde früher bei Allergien eingesetzt, zeigt aber in seltenen Fällen Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen und Kammerflimmern.

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Arzneimitteltests unter kontrollierten Bedingungen

Basis der Experimente waren wenige Millimeter große Kunststoffchips, auf die Wissenschaftler zunächst induzierte pluripotente Stammzellen aufbrachten.  Denn aus Stammzellen entwickeln sich je nach Versuchsbedingungen alle bekannten Zelltypen. Ingenieure haben außerdem eine mikrofluidische Umgebung geschaffen. Bei der Mikrofluidik strömen Flüssigkeiten durch kleine Kanäle, um – wie bei Blutkapillaren – das Gewebe oder das Organ zu versorgen. Über diese Kapillaren können im Rahmen von Tests auch Arzneistoffe verabreicht werden. Nachdem sie das Organ passiert haben, lassen sich Stoffwechselprodukte mit physikalischen Methoden bestimmen.

Hickmans Team untersuchte jetzt, warum Terfenadin zu Nebenwirkungen im Bereich des Herzens führen kann. Die Forscher wollten mehr über die Aufnahme, Verteilung, Umwandlung und Ausscheidung wissen: vier zentrale Schritte der Pharmakologie. Sie arbeiteten aber nicht nur mit einem Herzmodell, sondern auch mit einem Leberchip. Die Leber ist bei der Umwandlung von späteren Arzneistoffen im Körper essenziell. Stoffwechselprodukte können schwächer, aber auch stärker toxisch wirken, je nach Molekül. Wissenschaftler haben gelernt, dass die maximale Arzneimittelwirkung eben nicht immer von der maximalen Arzneimittelkonzentration abhängt.

Das Herzmodell zeigt gefährliche Reaktionen

Speziell bei unerwünschten Effekten am Herzen beurteilen Forscher dessen elektrische Eigenschaften. Eine wichtige Größe ist die Zeit ab dem Beginn der Kontraktion der Herzkammern bis zum Ende der Entspannung. Zahlreiche Medikamente verändern diesen Wert, was zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen führen kann, teilweise sogar mit Todesfolge. Nur hatte Hickman auf seinem Organchip kein schlagendes Herz vor sich. Er konnte deshalb keine elektrischen Impulse abgreifen. Deshalb entschied er sich, zu untersuchen, wie Herzmuskelzellen selbst auf chemische Stoffe reagieren.

Im Fall des untersuchten Moleküls kam es tatsächlich zur Hemmung molekularer Kanälchen in diesen Zellen. Es lag nicht am Arzneistoff, sondern an einem Stoffwechselprodukt von Terfenadin nach Passage des Leberchips. Damit erklärten die Wissenschaftler, warum es zu den bereits bei Menschen nachgewiesenen Nebenwirkungen kommen kann. „Dies ist das erste Mal, dass ein In-vitro-Human-on-a-Chip-System Ergebnisse im menschlichen Stoffwechsel vorhersagt“, so ihr Fazit aus den Experimenten.

Vom Organ-on-a-Chip zum Human-on-a-Chip  

Sie hoffen, klinische Studien künftig effizienter zu gestalten, sprich Zeit und Kosten zu sparen. Potenzielle Wirkstoffkandidaten lassen sich unter Bedingungen, welche dem menschlichen Körper eher gleichen als reine Zellkultiren, auf toxische Eigenschaften hin untersuchen.

Organchips können aber noch mehr leisten. Biologen und Ingenieure haben mittlerweile Nerven, Lungen, Haut, Nieren, Darm und Augen auf Trägern entwickelt und per Mikrofluidik versorgt. Ihr Ziel ist ein menschliches System, sprich ein Human-on-a-Chip, um den gesamten Weg von Arzneistoffen abzubilden. Moleküle können auch im Magen und im Darm verändert werden. Sie gelangen ins Blut und werden von der Leber in vielen – nicht in allen – Fällen chemisch verändert. Bislang stehen vor allem Zellkulturen für frühe Tests zur Verfügung. Tierexperimente werfen nicht nur ethische Fragen auf. Sie lassen sich nur bedingt auf den menschlichen Organismus übertragen, man erinnere sich an den Contergan®-Skandal. Seine Wirkung wurde in den damals gängigen Tierversuchen nicht erkannt.

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Ein Beitrag von:

  • Michael van den Heuvel

    Michael van den Heuvel hat Chemie studiert. Unter anderem arbeitet er für Medscape, DocCheck, für die Universität München und für pharmazeutische Fachmagazine. Seit 2017 ist er selbstständiger Journalist und Gesellschafter von Content Qualitäten. Seine Themen: Chemie/physikalische Chemie, Energie, Umwelt, KI, Medizin/Medizintechnik.

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