Private Krankenversicherer 29.07.2011, 12:08 Uhr

GKV plus Zusatzversicherung gleich erste Klasse-Medizin

Brillen, Kuren, Zahnersatz – die letzten Gesundheitsreformen haben den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung zusammengestrichen. Immer mehr gesetzlich Versicherte sichern sich daher zusätzlich privat ab. Nach Meinung von Verbraucherschützern sind die Angebote jedoch oft zu teuer und wenig transparent.

16,5 Mio. gesetzlich Versicherte haben derzeit zumindest eine Zusatzversicherung, um ambulant, stationär oder zahnärztlich über den Krankenschein hinaus privat behandelt zu werden. Die 46 privaten Krankenversicherer sowie einige gesetzliche Kassen (über ihre Wahltarife) bieten mehrere hundert Tarife mit unterschiedlichen Leistungen und Bedingungen.

„Hohe Beiträge für schwache Leistung“, resümierte die Zeitschrift Finanztest Anfang diesen Jahres nach einer Analyse des Angebots. Die Patienten wüssten oft nicht, was ihnen von der gesetzlichen Kasse zustünde und an welchen Stellen privater Zusatzschutz sinnvoll sei. Außerdem seien die Verträge oft schwer durchschaubar, so dass manch einer für schwache Leistungen hohe Beiträge zahle. Auch bei sinnvollen Zusatzversicherungen müssten sie genau auf die Leistung achten.

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War es früher oft der Luxus wie die Chefarztbehandlung und das Ein-bettzimmer, stellen die Privaten ihre Leistungen heute eher auf das ab, was die gesetzlichen Kassen als Regelleistung gar nicht oder nur in Teilen gewähren dürfen. Das sind beispielsweise Behandlungsmethoden jenseits der Schulmedizin (z. B. Heilpraktiker, Osteopathen, Akupunktur), Sehhilfen und Zahnersatz.

Die Angebote der Privaten unterscheiden sich im Wesentlichen durch die Dauer der Wartezeit, der Definition der Leistung, der Höhe der Erstattungssätze der (Zahn-)Arzthonorare, der Art der Kalkulation der Prämie und der Begrenzung der (Erstattungs-) Summen.

Zusatzversicherung für Zahnersatz honoriert häufig auch das Bonusheft

Beispiel Zahnersatz: Im günstigsten Fall tragen gesetzlich Krankenversicherte für ihren Zahnersatz nur 35 % der Kosten selbst. Das setzt allerdings voraus, dass sie sich mit der sogenannten Regelversorgung begnügen und mit ihrem Bonusheft für die letzten zehn Jahre regelmäßige Zahnarztbesuche nachweisen können.

Von den privaten Krankenversicherern wird der Zahnersatz oft nur dann bezuschusst, wenn die gesetzlichen Kasse diesen bereits als medizinisch notwendig anerkannt hat. Vielfach honoriert auch der private Zusatzversicherer das lückenlos geführte Bonusheft.

Bevor jedoch die Zusatzversicherung zum Einsatz kommt, gilt erst einmal eine Wartezeit. Üblich sind acht Monate nach Vertragsschluss. In dieser oder vor dieser Zeit begonnene Behandlungen werden nicht erstattet. Die Behandlung beginnt nach den Bedingungen der Versicherer bereits damit, dass der Arzt seine Diagnose stellt. Dann ist für den Kostenersatz nichts mehr möglich.

Ausnahme ist der Tarif der Ergo Direkt (Nachsorgetarif), dessen Verkauf jedoch auf 30 000 Policen in diesem Jahr begrenzt wurde und der Fachleute mehr als Marketing-Gag denn als Versicherungsangebot gilt.

Üblich sind des Weiteren sogenannte Staffeln – dabei wächst der Anspruch auf Leistung mit der Zahl der Versicherungsjahre. Die Höhe der Leistung ist in jedem Kalenderjahr begrenzt. Wird der Zahnersatz infolge eines Unfalls notwendig, entfallen zumeist die Summenbegrenzungen und auch die Wartezeiten.

Zusatzversicherung: Ausschließliche Tarife für Brillen und Kontaktlinsen selten

Tarife, die ausschließlich die Kosten für Brillen und Kontaktlinsen ersetzen, sind selten. Meist ist diese Kostenerstattung Bestandteil eines Pakets. Dabei gibt es für Sehhilfen meist Fest- oder Höchstbeträge, die in einem bzw. zwei Kalenderjahren nicht überschritten werden dürfen. Einige Versicherer leisten auch nur dann ihren Zuschuss, wenn sich die Sehschärfe geändert hat. Für Kinder, bei denen Brillen auch schon einmal zerbrechen oder die aus Brillengestellen herauswachsen, sind solche Tarife nicht zu empfehlen.

Als Muss gilt Verbraucherschützern die Auslandsreisekrankenversicherung für den Ersatz der im Ausland entstandene Krankheitskosten. Dies gilt zumindest für alle, die ihre Ferien in einem Land verbringen, mit dem kein Sozialversicherungsabkommen besteht (Infos unter www.deutsche-rentenversicherung.de).

Aber auch wer in ein EU-Land reist, mit denen in der Regel ein solches Abkommen besteht, muss im Krankheitsfall damit rechnen, auf einem Teil der dort entstehenden Krankheitskosten sitzen zu bleiben, sofern er nicht zusätzlich versichert ist.

Die gesetzlichen Kassen ersetzen beispielsweise die Kosten für Rücktransporte grundsätzlich nicht. Der Auslandsreiseschutz deckt für oft weniger als 10 € im Jahr prinzipiell die medizinische Versorgung für alle nicht vorhersehbaren Krankheitsfälle bei Urlaubsreisen ins Ausland und gegebenenfalls einen Rücktransport. Fast alle privaten Krankenversicherer, der ADAC sowie Kreditkartenorganisationen bieten ihn an.

Da es zuweilen viel Ärger darüber gibt, inwieweit beispielsweise Vorerkrankungen und unerwartete Komplikationen während einer Schwangerschaft versichert sind, sollte man sich vor Abschluss bei der Verbraucherzentrale Bundesverband (www.vzbv.de) über die „Mindeststandards“ einer guten Versicherung informieren.

Zu den Bedingungen, auf die man besonders achten sollte, gehören die Reisedauer und das Geltungsland. Eine Auslandsreisekrankenversicherung deckt grundsätzlich auch das Kostenrisiko auf Dienstreisen. Wer jedoch länger oder öfters beruflich unterwegs ist, sollte sich sicherheitshalber intensiv informieren (Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland – www.dvka.de oder bei Auslandsberatungsstelle des Bundes der Auslands-Erwerbstätigen – www.bdae.de).

Knapp 12 Mio. privat oder gesetzlich Versicherte haben neben den oben genannten Angeboten eine Krankenhaus- oder Krankentagegeldversicherung abgeschlossen. Da das Krankenhaustagegeld, wie der Name schon sagt, nur dann gezahlt wird, wenn der Erkrankte stationär behandelt wird, gilt es bei Verbraucherschützern als tendenziell ungeeignet. Das Krankentagegeld wird hingegen für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit gezahlt – unabhängig davon, ob der Kranke zuhause, im Krankenhaus oder auch in einer Kur genest. Die Höhe des Tagessatzes wird bei Vertragsabschluss vereinbart.

Zusatzversicherung: Private Tagegeldversicherung zahlt bis zur Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit

Arbeitgeber müssen ihren Mitarbeitern im Krankheitsfall sechs Wochen lang Lohn fortzahlen. Danach springt die gesetzliche Kasse ein. Doch sie zahlt nur 70 % des Bruttolohns, vorausgesetzt, man verdient monatlich nicht mehr als 3 712,50 €. In diesem Fall liegt der Verdienst über der Beitragsbemessungsgrenze und die Kasse überweist nur maximal 70 % der Beitragsbemessungsgrenze.

Zudem zahlt die Kasse grundsätzlich innerhalb von drei Jahren nur 78 Wochen lang Krankentagegeld, wenn es sich um die gleiche Erkrankung handelt. Das ist bei einer privaten Tagegeldversicherung anders: Sie leistet zumindest solange unbefristet, wie der Erkrankte nicht berufs- oder erwerbsunfähig ist.

Gesetzlich versicherte Selbstständige können das Krankengeld, das ihre Kasse ab der siebten Krankheitswoche zahlt, mit einem Wahltarif dieser gesetzlichen Kasse für die Zeit davor aufstocken. Verzichten sie auf die GKV-Leistung und sichern sich ausschließlich privat ab, sinkt ihr GKV-Beitrag. Die Beiträge für ein privates Krankentagegeld von 80 € ab der dritten Krankheitswoche liegen nach Recherchen von Finanztest für 43-jährige Selbstständige bei 100 € bis 150 € im Monat (Mann) und 110 € bis 180 € (Frau). 

Ein Beitrag von:

  • Monika Lier

    Monika Lier ist Diplom-Volkswirtin und freie Journalistin.

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