Nachhaltigkeit 19.10.2024, 12:30 Uhr

Redox-Flow-Batterien: Amazons Weg zur grüneren Logistik?

Amazon testet Redox-Flow-Batterien für seine Logistikzentren. Diese Energiespeicherlösung könnte den Weg zur 100 % sauberen Energie beschleunigen. Noch ist der Weg jedoch weit, denn aktuell ist der CO2-Fußabdruck des Konzerns noch höher als der von Österreich.

Logistikzentrum

Amazon hat alleine in Deutschland über 20 Logistikzentren, deren Energiehunger ist enorm. Mit Hilfe von Stromspeichern möchte der Weltkonzern seine Logistik grüner machen.

Foto: PantherMedia / j.dudzinski

Amazon arbeitet gemeinsam mit dem Schweizer Start-up Unbound Potential daran, eine innovative Energiespeicherlösung für seine Logistikzentren zu testen. Das Pilotprojekt, das im Rahmen des Amazon Sustainability Accelerators gefördert wird, konzentriert sich auf den Einsatz von membranlosen Redox-Flow-Batterien, die nicht nur nachhaltiger, sondern auch kostengünstiger als herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien sind. Diese Batterien könnten eine Schlüsselrolle spielen, um Amazons ambitionierte Klimaziele zu erreichen und die Logistikprozesse umweltfreundlicher zu gestalten.

Redox-Flox-Batterie kommt ohne kritische Rohstoffe aus

Unbound Potential hat eine Redox-Flow-Batterie entwickelt, die ohne kritische Rohstoffe auskommt. Diese Batterien unterscheiden sich grundlegend von traditionellen Energiespeichern, da sie auf eine Membran verzichten. Stattdessen nutzen sie nicht-mischbare Elektrolyte für den Ionenaustausch, was zu einer erhöhten Langlebigkeit und deutlich weniger Wartungsaufwand führt. „Im Vergleich zu herkömmlichen Redox-Flow-Batterien ermöglicht unser membranloses System einen wartungsärmeren Betrieb bei deutlich geringeren Investitionskosten“, erklärt David Taylor, CEO von Unbound Potential. Dieses neue Design spart bis zu 90 % der Dichtflächen ein und eliminiert potenzielle Brandgefahren, wie sie bei Lithium-Ionen-Batterien auftreten können.

Amazon testet dieses System, um langfristig seine Logistikzentren autark mit erneuerbarer Energie zu betreiben. Der Vorteil dieser Lösung liegt vor allem in der Möglichkeit, überschüssige Solarenergie zu speichern und bei Bedarf abzurufen, was für Amazons 24/7-Betrieb ideal ist. Damit könnte Amazon nicht nur seine CO2-Bilanz weiter verbessern, sondern auch eine Vorreiterrolle in der Nutzung nachhaltiger Technologien im Logistikbereich einnehmen.

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Langzeitspeicherlösung für den Logistiksektor

Die Redox-Flow-Batterien von Unbound Potential sind speziell für die Anforderungen von Großunternehmen wie Amazon konzipiert. Sie bieten eine langlebige Lösung für die Speicherung von Energie, die aufgrund des energieintensiven Betriebs von Logistikzentren unerlässlich ist. „Für unseren Markteintritt könnte es keine bessere Partnerschaft als den Piloten mit Amazon geben“, sagt Taylor weiter. Der Bedarf an robusten und effizienten Speicherlösungen im Logistiksektor ist enorm. Amazon, als eines der weltweit größten E-Commerce-Unternehmen, stellt die ideale Testumgebung dar, um diese Technologie in industriellem Maßstab zu erproben und zu optimieren.

Das langfristige Ziel des Projekts ist es, Redox-Flow-Batterien so zu skalieren, dass sie als zuverlässige Energiespeicherlösung für Unternehmen weltweit genutzt werden können. Diese Batterien bieten gegenüber anderen Technologien den Vorteil, dass sie eine längere Lebensdauer haben und keine seltenen oder umweltschädlichen Materialien benötigen. Damit passen sie perfekt zu Amazons Strategie, bis 2030 vollständig auf saubere Energie umzusteigen.

Zusammenarbeit mit Start-ups für innovative Lösungen

Amazon ist seit 2022 mit dem Amazon Sustainability Accelerator aktiv daran beteiligt, Start-ups zu fördern, die innovative Lösungen für eine nachhaltige Zukunft entwickeln. Im Rahmen dieses Programms arbeitet das Unternehmen eng mit Start-ups wie Unbound Potential zusammen, um deren Technologien unter realen Bedingungen zu testen und weiterzuentwickeln. „Dieses zukunftsweisende Programm unterstreicht Amazons Engagement, Innovationen zu unterstützen und positive Veränderungen voranzutreiben“, sagt Justine Mahler, Sustainability Director bei Amazon. Durch die Zusammenarbeit kann Amazon die Technologien nicht nur testen, sondern auch wertvolles Feedback geben, um die Systeme weiter zu verbessern.

Der Standort und der genaue Zeitrahmen für den Start des Piloten werden derzeit noch festgelegt. Sobald das System einsatzbereit ist, wird Amazon die Auswirkungen auf die Umwelt sowie die finanzielle Rentabilität und Effizienz der Technologie bewerten. Bei einem erfolgreichen Verlauf könnte die Lösung auf weitere Logistikzentren weltweit ausgedehnt werden.

Lebensdauer von Batterien in Logistikprozessen verlängern

In einem anderen Projekt haben sich das Start-up Circu Li-ion und Amazon zusammengetan, um die Lebensdauer von Batterien in der Logistik zu verlängern. Mithilfe eines automatisierten Verfahrens werden die Batterien zerlegt, und jede Zelle wird auf ihre Wiederverwendbarkeit oder Recyclingfähigkeit geprüft.

Dieses Vorgehen zielt darauf ab, Batterien aus Elektrofahrzeugen effizienter wiederzuverwenden, wodurch Amazon die Nachfrage nach neuen Batterien senken und den damit verbundenen CO2-Ausstoß verringern möchte. Circu Li-ion wird im Rahmen des Amazon Sustainability Accelerator-Programms unterstützt, das nachhaltige Start-ups sowohl finanziell als auch mit fachlicher Expertise fördert.

„Unsere Teilnahme am Amazon Sustainability Accelerator ist stark von unserem Ziel motiviert, die Batteriebranche zu transformieren und bis 2040 drei Milliarden Batterien zu recyceln“, erklärt Antoine Welter, CEO und Mitgründer von Circu Li-ion. „Wir sind stolz, Teil eines Programms zu sein, das nachhaltige Innovationen vorantreibt, und freuen uns, in Zusammenarbeit mit Amazon weiter an unserem positiven Beitrag zum Klimaschutz zu arbeiten.“

Größter privater Abnehmer erneuerbarer Energien in Deutschland

Amazon plant, bis spätestens 2030 weltweit ausschließlich saubere Energie zu nutzen – und hofft, dieses Ziel bereits 2025 zu erreichen. Um das zu verwirklichen, hat Amazon zahlreiche Projekte zur Förderung erneuerbarer Energien angestoßen.

Ein wichtiger Schritt sind die Stromabnahmeverträge mit Energieunternehmen wie Ørsted und Iberdrola. Ørsted errichtet in der deutschen Nordsee den 900-Megawatt-Offshore-Windpark Borkum Riffgrund 3, aus dem Amazon ab 2025 rund 350 MW beziehen wird. Mit Iberdrola hat Amazon ebenfalls Vereinbarungen getroffen, um aus den Offshore-Windparks Baltic Eagle und Windanker in der Ostsee eine Kapazität von 320 MW zu nutzen.

Zusätzlich investiert der Konzern in Solaranlagen auf den Dächern seiner deutschen Logistikzentren in Nürnberg, Hof-Gattendorf und Kaiserslautern. Diese Anlagen haben eine Gesamtkapazität von 8 MW. Zusammen erreichen diese sechs Projekte eine Leistung von mehr als 678 MW – genug, um etwa 800.000 Haushalte in Deutschland mit Strom zu versorgen. Laut Bloomberg ist Amazon damit der größte private Abnehmer von erneuerbaren Energien in Deutschland.

180 Wind- und Solarprojekte in 13 Ländern

Auch auf europäischer Ebene setzt Amazon auf Nachhaltigkeit. Das Unternehmen hat mehr als 180 Wind- und Solarprojekte in 13 Ländern initiiert. Diese Projekte sollen zusammen 6,7 Gigawatt an sauberer Energiekapazität bereitstellen – genug, um jährlich über 5 Millionen Haushalte in der EU mit Strom zu versorgen.

Um den größtmöglichen Effekt bei der Reduktion von CO2-Emissionen zu erzielen, hat Amazon außerdem die „Emissions First Coalition“ mitbegründet. Diese Initiative setzt sich für die Aktualisierung der globalen Standards zur CO2-Messung ein, um den Übergang zu einer klimafreundlicheren Energieversorgung so schnell und effizient wie möglich zu gestalten.

Kritik an Amazons Nachhaltigkeits-Bemühungen

Die Projekte, die Amazon angestoßen hat und anstoßen will, klingen alle wunderbar nachhaltig. Doch noch 2022 musste der Konzern zugeben, dass er in Sachen CO2-Vermeidung weit hinter den Versprechungen zurückliegt. Im Jahr 2021 lag der CO2-Fußabdruck laut einer konzernweiten Umweltbilanz bei 71,54 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Zum Vergleich: Laut einer Liste von Worldpopulationreview lag Amazon damit noch vor Ländern wie Marokko (67,75 Mt), Österreich (63,69 Mt), Israel (62,42 Mt) und Belarus (59 Mt). Und damals waren die jährlichen Kohlenstoffdioxidemissionen sogar noch steigend.

Greenpeace Österreich kritisierte Amazon zudem im August 2024  für den Einsatz von Wegwerfkartons aus alten europäischen Urwäldern, wodurch wertvolle Ökosysteme zerstört werden. Zudem hinterfragt Greenpeace das „Climate Pledge Friendly“-Label des Konzerns, das fragwürdige Zertifizierungen verwendet. Trotz Behauptungen zur Nachhaltigkeit zerstört Amazon weiterhin unverkaufte Neuwaren in großem Maßstab.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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