NICHT NUR EIN GIMMICK DER GAMING-BRANCHE 06.08.2023, 09:07 Uhr

Virtual Reality: Was ist das, wie lässt sie sich nutzen?

Virtuelle Welten eröffnen die Möglichkeit, weit abseits der Realität in immersive Umgebungen einzutauchen. Wir beleuchten Technologie und Anwendungsbereiche von Virtual Reality näher.

Virtual Reality Brille

Was ist Virtual Reality und wie lässt sie sich nutzen? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu virtueller Realität.

Foto: Panthermedia.net/Brebca

Die virtuelle Realität (VR) beziehungsweise Virtual Reality ermöglicht uns, in eine computergenerierte Alternativwelt einzutauchen, die nicht selten dermaßen realistisch erscheint, dass sie in der Lage ist, unsere Sinne zu täuschen. Doch während VR uns die Möglichkeit bietet, neue Welten und Erfahrungen zu erleben, die in der physischen Welt unmöglich wären, bringt sie auch eine Reihe von Herausforderungen und Fragen mit sich.

Bei VR und den damit verbundenen Geräten und Werkzeugen handelt es sich mehr als nur ein neues Medium für Spiele und Unterhaltung. Sie sind Werkzeuge, welche über das Potenzial verfügen, die Art und Weise, wie wir lernen, arbeiten und miteinander interagieren, zu revolutionieren.

Technische Herausforderungen, hohe Anschaffungs- und Entwicklungskosten sowie eine gewisse Skepsis der Öffentlichkeit zählen jedoch zu den Hindernissen, die noch überwunden werden müssen. Die Fortschritte in der Technologie und die wachsende Akzeptanz von VR in der breiten Masse lassen aber darauf hoffen, dass die virtuelle Realität in naher Zukunft eine immer größere Rolle in unserem Alltag, egal ob beruflich oder privat, spielen wird.

Eine lange Reise: Virtual Reality zwischen 1960 und heute

Die Geschichte der Virtual Reality ist eine faszinierende Reise, die bis in die 1960er zurückreicht. Bei den ersten (analogen) VR-Systemen handelte es sich um klobige, raumfüllende Geräte, die nur in speziellen Laboren und Forschungseinrichtungen zu finden waren. Eines der ersten funktionalen Systeme war das „Sensorama“, welches von Morton Heilig, einem US-amerikanischen Erfinder und Filmemacher, entwickelt wurde. Es handelte sich dabei um eine Art Kino-Kabine, die neben dreidimensionalen, stereoskopischen Bildern auch Gerüche, Vibrationen und Wind erzeugen konnte, um ein möglichst immersives Erlebnis zu schaffen.

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In den 1980er Jahren begann die Entwicklung von VR-Systemen auf Basis von computergenerierter Grafik. Jaron Lanier, ein Pionier in diesem Bereich, prägte den Begriff „Virtual Reality“ maßgeblich und gründete das Unternehmen VPL Research. Dieses entwickelte die ersten kommerziellen VR-Produkte, darunter den Dataglove und das Eyephone – einen Datenhandschuh sowie einen am Kopf befestigten Bildschirm.

Die 1990er-Jahre brachten eine weitere Welle von Innovationen in der VR-Technologie. In dieser Zeit wurden die ersten VR-Systeme für die Öffentlichkeit zugänglich. Diese basierten vorwiegend auf der Technologie von Silicon Graphics, Inc. (SGI). Die Systeme von SGI, insbesondere die Onyx-Workstations, waren für die ersten sogenannten CAVE-Systeme (Cave Automatic Virtual Environment, übersetzt etwa: Höhle mit automatisierter, virtueller Umwelt) wie geschaffen. Diese Systeme boten ein immersives VR-Erlebnis, bei dem sich mehrere Benutzer gleichzeitig in einem Raum mit Projektionswänden aufhalten konnten. Per Shutterbrille entstanden hier aus überlagerten Bildern dreidimensionale Inhalte.

Trotz des anfänglichen Hypes um die VR-Technologie, blieb diese weitgehend auf spezialisierte Anwendungen in Bereichen wie Forschung, Medizin und im Industrial Design beschränkt. Erst ab etwa 2010, mit der Einführung von leistungsfähigeren und erschwinglicheren VR-Headsets im Consumer-Bereich, begann VR ihren Weg in den Mainstream zu finden.

Die Technik hinter der virtuellen Realität

Während sich die Geräte von Modell zu Modell unterscheiden können, besitzen alle eine Gemeinsamkeit, nämlich das Display, das entweder einfach oder doppelt – also für beide Augen – ausgeführt ist. Bei Letzterem zeigen diese ein stereoskopisches Bild an, sprich, jedes Auge erhält ein leicht unterschiedliches Bild, sodass sich daraus ein dreidimensionales Bild zusammenfügt. Zu den Monitoren gesellen sich in der Regel diverse Sensoren, welche die Bewegungen des Kopfes registrieren und auf die VR übertragen. Gemeinsam mit Controllern, die gegebenenfalls sogar haptisches Feedback erzeugen können, wird so ein hoher Grad an Immersion erreicht. Dabei existieren drei unterschiedliche Typen mit jeweils spezifischen Anwendungsfeldern:

Virtual Reality (VR) selbst ist eine immersive Technologie, die es den Nutzern ermöglicht, eine computergenerierte, dreidimensionale Umgebung zu erkunden und mit ihr zu interagieren. Mit VR wird der Benutzer vollständig in eine künstliche Welt versetzt, die entweder eine Simulation der realen Welt oder eine vollständig imaginäre Welt sein kann. VR wird in der Regel durch den Einsatz von Headsets erreicht, die den Benutzer visuell von der realen Welt abschotten und ihn in die virtuelle Welt eintauchen lassen.

Augmented Reality (AR) im Vergleich fügt der realen Welt digitale Objekte hinzu. Im Gegensatz zu VR, die eine vollständig künstliche Umgebung erlaubt, überlagert AR digitale Informationen auf die reale Welt, entweder durch die Verwendung von Smartphones oder speziellen AR-Brillen. Ein bekanntes Beispiel für AR ist die Smartphone-App „Pokémon Go“, die für einen regelrechten Hype weltweit gesorgt hat. Hier erscheinen virtuelle Charaktere über das Smartphone-Display in der realen Welt.

Mixed Reality (MR) ist, wie der Name schon vermuten lässt, eine Mischung aus VR und AR. Dabei ermöglicht Mixed Reality Benutzern die Interaktion mit virtuellen und realen Elementen gleichermaßen. Bei MR können digitale und physische Objekte koexistieren und miteinander interagieren. Dies wird oft durch die Verwendung von speziellen MR-Headsets erreicht, die sowohl für die reale Welt durchlässig sind als auch digitale Inhalte darauf projizieren können.

Die Technologie hinter diesen drei Konzepten ist komplex und erfordert eine feine Abstimmung von Hardware, Software und sensorischer Synchronität. Die Herausforderung besteht aktuell noch darin, eine möglichst nahtlose und überzeugende Erfahrung zu schaffen, welche die Grenzen zwischen der realen und der digitalen Welt verschwimmen lässt.

VR-Headsets: Beliebte Geräte für jeden Einsatzzweck

Die Geräte, mit denen sich VR-Inhalte konsumieren und erleben lassen, unterscheiden sich in ihren technischen Merkmalen oft gravierend, sodass es sinnvoll erscheint, erst einmal den persönlichen Einsatzzweck sowie die technischen Voraussetzungen näher zu betrachten. Alle VR-Headsets bieten spezifische Vor- und Nachteile und setzen zum Teil einen starken Rechner voraus, der die Bildinhalte liefert. Andere hingegen funktionieren ohne PC oder Konsole, bringen aber einen deutlich eingeschränkteren Funktionsumfang mit.

Meta Quest 2: Dieses eigenständige VR-Headset von Meta Platforms Inc. (Facebook etc.) ist eines der beliebtesten Geräte auf dem Markt. Es bietet eine hohe Auflösung von 1832×1920 Pixeln pro Auge sowie eine Bildwiederholrate von bis zu 120 Hz. Dazu gesellt sich eine anständige Bibliothek von Spielen und Anwendungen, die sich direkt auf dem Gerät ausführen lassen. Es ist nicht an einen PC gebunden und liegt preislich bei etwa 350 Euro. Der Vorteil dieses Headsets ist seine Benutzerfreundlichkeit und Mobilität, da es völlig autark betrieben und so auch unterwegs eingesetzt werden kann. Ein Nachteil liegt jedoch in der begrenzten Rechenleistung im Vergleich zu PC-gebundenen Headsets.

Meta Quest Pro: Dabei handelt es sich um eine verbesserte Version des Quest 2. Diese bringt zusätzliche Funktionen und verbesserte Spezifikationen mit sich, allen voran die Möglichkeit, auch einen Rechner damit zu verbinden und von dessen Rechenleistung zu profitieren. Dazu kommen zusätzliche Funktionen wie Gesichts- und Augentracking. Der Preis liegt bei etwa 1.200 Euro, das Verbindungskabel zum PC schlägt noch mit 100 Euro extra zu Buche.

HTC Vive Pro: Dieses PC-gebundene Headset ist bekannt für seine hohe Auflösung und sein breites Sichtfeld. Es richtet sich durch den ebenfalls stolzen Preis von rund 1.800 Euro (als VIVE Pro 2 Full Kit) vorwiegend an professionelle Nutzer. Der Vorteil dieses Headsets liegt in der hohen Bildqualität und Präzision der Controller, sodass sich damit beispielsweise in CAD- und 3D-Anwendungen durchaus arbeiten lässt. Darüber hinaus ist es möglich, mehrere Basisstationen im Raum zu installieren, sodass sich die Reichweite

Valve Index: Dieses High-End-Headset richtet sich vor allem an Spieler. Es ist an einen PC gebunden und liegt preislich zwischen 700 und 1.100 Euro (mit Zubehör). Der Vorteil dieses Headsets liegt in der erhöhten Bildfrequenz von bis zu 144 Hz, sodass auch längere Spielsitzungen möglichst komfortabel ausfallen. Die Nutzung von OLED-Displays mit einem höheren Subpixelanteil sorgt ferner dafür, dass der sogenannte Fliegengittereffekt, also sichtbaren Linien zwischen den einzelnen Pixeln, geringer ausfällt.

VR-Anwendungen in Beruf und Bildung

Das Ingenieurwesen und viele technischen Bereiche profitieren von der Anwendung von Virtual Reality. Die Möglichkeit, komplexe Modelle und Systeme in einem dreidimensionalen Raum zu visualisieren und zu manipulieren, revolutioniert bereits die Art und Weise, wie Ingenieure und Techniker arbeiten. Entwicklungskosten sinken, Außenteams lassen sich flexibler einsetzen und Schulungen erhalten durch die Arbeit an virtuellen Modellen einen nachhaltigeren Charakter.

Ein Bereich, in dem VR bereits heute eine wesentliche Rolle spielt, ist das Produktdesign. Ingenieure können ein Produkt oder eine Anlage in einer virtuellen Umgebung entwerfen und testen, bevor überhaupt physische Prototypen erstellt werden. Das spart nicht nur Zeit und Kosten, sondern ermöglicht auch eine höhere Genauigkeit und Effizienz. Beispielsweise können Automobilhersteller ein neues Fahrzeugmodell in VR entwerfen und verschiedene Aspekte wie Aerodynamik, Kraftstoffeffizienz und Sicherheit bereits vor dem Bau eines Prototypen testen.

Ein weiterer Bereich deckt die Fertigung und Montage ab. Mit VR können Ingenieure und Techniker sämtliche Montageprozesse simulieren und optimieren, um die Effizienz zu steigern und Fehlerquoten zu reduzieren. Es lassen sich sogar virtuelle Fabriken und Produktionsstraßen erstellen, um sämtliche Abläufe exakt zu planen und kontinuierlich zu verbessern.

Darüber hinaus wird VR in der Ausbildung und Schulung eingesetzt. Dort lassen sich mit Hilfe von virtueller Realität zahlreiche Verfahren und Techniken in einer sicheren und kontrollierten Umgebung veranschaulichen und trainieren. Dies ist besonders in Bereichen wie der Medizin, Luft- und Raumfahrt sowie der Kernenergie sinnvoll, wo Fehler zu schwerwiegenden Folgen führen können.

virtuelle Realität im Business

Virtuelle Realität zieht immer mehr in die Geschäftswelt ein.

Foto: Panthermedia.net/Peopleimages

Die Nutzung von Virtual Reality im Übergang zur Industrie 5.0

In der Industrie zeigt Virtual Reality eine transformative Wirkung. Sie ermöglicht es Unternehmen, Produkte und Systeme auf eine Weise zu visualisieren und zu erleben, die bisher nicht möglich war. Mit VR können komplexe Maschinen, Anlagen und sogar ganze Systeme und Prozesse dreidimensional dargestellt und erlebbar präsentiert werden. Das erweist sich als vorteilhaft für große oder komplexe Visualisierungen, da der Platzbedarf für die Betrachtung eines digitalen Zwillings erheblich geringer ist als in der Realität.

Ein weiterer Vorteil der VR-Technologie in der Industrie ist die Möglichkeit, Kunden das virtuelle Abbild der geplanten Lösung zu präsentieren, bevor diese in Produktion geht. Wenn neben den CAD-Daten der Maschine auch die Informationen des Aufstellorts vorhanden sind, kann das Produkt virtuell in die gegebenen Räumlichkeiten für den späteren Einsatz beim Kunden integriert werden, sodass dadurch etwa auch Platzprobleme noch vor der Installation erkannt werden können.

Darüber hinaus ermöglicht VR die Interaktion mit digitalen Abbildern von Produkten und Anlagen, etwa, um Prozesse bei der Montage oder Wartung zu simulieren oder zu trainieren. In Fabrikhallen können Anlagen mithilfe von VR testweise integriert und im Gesamtüberblick erfassbar gemacht werden. Darüber hinaus können Hersteller in virtuellen Präsentationsräumen ein Portfolio an Produkten und Lösungen vorstellen. Weltweit, an jedem Ort und zu jeder Zeit.

Virtual Reality in Bildung, Freizeit und Unterhaltung

Virtual Reality besitzt auch das Potenzial, Bildung und Unterhaltung zu revolutionieren und zu vereinen. Komplexe Konzepte lassen sich durch direkte Erfahrung in einer virtuellen Umgebung besser verstehen. Beispielsweise können Medizinstudierende das menschliche Herz in einer virtuellen Umgebung untersuchen, was in der Realität durchaus schwieriger zu bewerkstelligen wäre. Trotz der noch jungen Anwendung von VR in der Bildung sind die Aussichten vielversprechend. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich VR zur primären Methode zur Vermittlung von Lerninhalten etabliert.

Auch die Unterhaltungswelt hat die Möglichkeiten dieser Technologie erkannt und nutzt sie bereits in vielfältiger Weise. Von Videospielen bis hin zu Filmen und Musikvideos, VR ermöglicht es den Nutzern, in eine andere Welt einzutauchen und ein einzigartiges, immersives Erlebnis zu genießen. Dabei kann sogar mit Objekten in der virtuellen Welt interagiert werden und die Zuschauer sind nicht nur passive Beobachter, sondern können aktiv in die Handlung mit eingebunden werden.

Die Nachteile einer noch nicht gänzlich ausgereiften Technologie

Während die Technologie bereits in breit gefächerten Anwendungsgebieten Einsatz und Zustimmung findet, bringt diese jedoch auch Herausforderungen mit sich. Dazu gehören jene technischer Natur, wie etwa die Notwendigkeit leistungsstarker Hardware als auch Probleme, welche die Nutzer selbst betreffen. Ein häufig genanntes Problem ist die sogenannte Motion Sickness, zu Deutsch: Bewegungskrankheit. Diese kann auftreten, wenn die Eindrücke aus der virtuellen Umgebung nicht mit jenen aus der realen Welt übereinstimmen. Etwa dann, wenn das Gesehene (beispielsweise eine virtuelle Achterbahnfahrt) von dem abweicht, was der Körper tatsächlich fühlt (starrer Bürostuhl), was zu Schwindel, Übelkeit und allgemeinem Unwohlsein führen kann.

Ein weiteres Problem kann die soziale Isolation des Nutzers in der virtuellen Welt sein. Obwohl VR über das Potenzial verfügt, Menschen auf neue und innovative Weise miteinander zu verbinden, besteht auch die Gefahr, dass Benutzer zu sehr in die virtuelle Welt abdriften und sich von der Realität abkoppeln. Darüber hinaus existieren Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen von VR auf die physische Gesundheit, einschließlich der Belastung der Augen und möglicher körperlicher Unfälle. Zum Beispiel, wenn Benutzer vergessen, dass sie sich nicht nur in der virtuellen Umgebung, sondern auch in der realen Welt bewegen.

Ein Blick in die virtuelle Kristallkugel: So könnte sich VR weiterentwickeln

Mit der ständigen Weiterentwicklung der Technologie und der zunehmenden Akzeptanz in verschiedenen Branchen ist es wahrscheinlich, dass VR in den kommenden Jahren noch stärker in unseren Alltag integriert wird. Es ist zu erwarten, dass VR in immer mehr Bereichen zum Einsatz kommt und in naher Zukunft in vielen Feldern zum Alltag gehört, etwa im Bildungssektor, in der Medizin sowie bei der Visualisierung komplexer Sachverhalte aus Architektur und Ingenieurskunst.

Verschmilzt die Technologie mit künstlicher Intelligenz (AI/KI), dem Internet der Dinge (IoT) sowie einem möglichst geräteunabhängigen Zugang, steht einem absolut immersiven, personalisierten Erlebnis nichts mehr im Weg. Dabei ist es durchaus wahrscheinlich, dass sich Bildqualität und Realismus dank neuer, leistungsstärkerer Hardware weiter steigern lassen, sodass sich die Immersion immer weiter der Realität annähert, sich aber natürlich erst im Unendlichen mit dieser schneidet.

Ein Beitrag von:

  • Silvia Hühn

    Silvia Hühn ist freie Redakteurin mit technischem Fokus. Sie schreibt unter anderem über die Rekorde dieser Welt und verfasst Ratgeber.

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