Interview 08.02.2024, 10:22 Uhr

Industriedaten als Grundlage für den Digitalen Produktpass und Digitalen Zwilling nutzen

In einigen Jahren wird der Digitale Produktpass Pflicht werden. In einem Interview mit Andreas Dangl von Fabasoft Approve sprechen wir darüber, wie sich Industrieunternehmen darauf vorbereiten können.

Digitaler Zwilling

Immer häufiger wird mit digitalen Zwillingen gearbeitet, um die reale Welt zu modellieren und simulieren.

Foto: PantherMedia / WrightStudio

Auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit, wird der Digitale Produktpass eingeführt. Er soll dabei helfen, nachhaltige Produkte als Standard in der Europäischen Union zu etablieren. Auf die Unternehmen kommt einiges an Arbeit zu. Mit Andreas Dangl, dem Geschäftsführer von Fabasoft Approve haben wir darüber gesprochen, wie sich Industriedaten als Grundlage für den Digitalen Produktpass und den Digitalen Zwilling nutzen lassen.

ingenieur.de: Was genau versteht man unter einem Digitalen Produktpass und einem Digitalen Zwilling?

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Andreas Dangl: Der EU-Wettbewerbsrat in Brüssel hat im Mai 2023 die gemeinsame Position zur neuen Ökodesign-Verordnung beschlossen. Diese stellt einen wichtigen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit dar. Teil dieser vorerst noch nicht gültigen Verordnung ist die Einführung des Digitalen Produktpasses (DPP), der zusammen mit anderen Maßnahmen dazu beitragen soll, nachhaltige Produkte als Standard innerhalb der EU zu etablieren. Der DPP ist ein standardisierter Datensatz, der Informationen zu sämtlichen relevanten Daten eines Produkts während seines gesamten Lebenszyklus zusammenfasst. Dazu zählen etwa Angaben über die verwendeten Materialien, die verbauten Komponenten oder die Recycelbarkeit. Diese transparente Aufbereitung soll dazu dienen, den Verbraucher:innen Informationen über den ökologischen Fußabdruck der Produkte bereitzustellen, damit diese in der Lage sind, bewusste und nachhaltige Konsumentscheidungen zu treffen.

Digitale Zwillinge sind virtuelle Nachbildungen physischer Systeme, welche es ermöglichen, die reale Welt zu modellieren, simulieren, analysieren und schnell zu optimieren. Sie entstehen aus einer umfassenden Datensammlung rund um ein Erzeugnis und enthalten auch Informationen zu Prozessen und Services. Damit werden beispielsweise Aufwände in der Forschung und Entwicklung oder in der Qualitätssicherung reduziert, vorbeugende Wartung realisiert und der insgesamt Produktlebenszyklus optimiert.

Der Digitale Produktpass ist ein standardisierter Datensatz, der die Komponenten, Materialien, Substanzen oder auch Informationen zu Wartung oder fachgerechter Entsorgung für ein Produkt zusammenfasst. Hier liegt der Fokus darauf, dass alle Akteure in der Wertschöpfungs- und Lieferkette gemeinsam auf eine Kreislaufwirtschaft hinarbeiten können, um die Grundlage für verlässliche Konsumenteninformation und nachhaltige Entscheidungen zu bieten.

Welche Vorteile bringt der Einsatz von Industriedaten bei der Entwicklung eines Digitalen Produktpasses und eines Digitalen Zwillings?

Digitale Zwillinge und der Digitale Produktpass gehören zu den wichtigsten Maßnahmen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung ist ein modernes Datenökosystem entlang der gesamten Lieferkette.

Laut dem Beratungsunternehmen Capgemini verzeichnen Unternehmen, die auf diese Technologie setzen, eine Verbesserung von durchschnittlich 15 Prozent bei den wichtigsten Vertriebs- und Betriebskennzahlen sowie eine Steigerung von bis zu 25 Prozent bei der Systemleistung. Hinzukommend bieten Digital Twins eine einzigartige Gelegenheit, profitables Wachstum und Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen. Weitere Vorteile sind laut Studie[i] eine verbesserte Kundenbindung und -zufriedenheit, die Verringerung der Durchlaufzeiten sowie eine Senkung der Kosten.

Im Bereich Sustainability sind die Anwendungsmöglichkeiten eines Digitalen Zwillings vielschichtig. Dazu gehört etwa die Abbildung und Optimierung des produkt- oder produktionsanlagen-individuellen Energieverbrauchs, die Einführung von Assistenzsystemen für die Entwicklung nachhaltiger Produkte oder das Monitoring von Nachhaltigkeitsindikatoren entlang des gesamten Lebenszyklus eines Produkts.

Datensilos als größte Hürde

Welche technologischen Herausforderungen begegnen Unternehmen häufig, wenn sie Industriedaten für diese Zwecke nutzen möchten?

Das Um und Auf des Digitalen Zwillings und des Produktpasses ist die Verfügbarkeit der richtigen Daten am richtigen Ort. Und genau das sorgt bei vielen Unternehmen noch für Kopfzerbrechen. In Unternehmen stehen derzeit weniger als 40 Prozent aller Informationen abteilungsübergreifend zur Verfügung. Eine der größten Hürden in diesem Zusammenhang sind dabei Datensilos. Diese verhindern, dass Betriebe das Potenzial der vorhandenen Daten ausschöpfen oder diese in ein DPP-System überführen können. Dazu kommen Schwierigkeiten beim Datenaustausch mit anderen Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette.

Inwiefern kann die Nutzung von Industriedaten zur Schaffung von Transparenz und Nachverfolgbarkeit in der Produktion beitragen?

Eine der grundlegenden Voraussetzungen für den Digitalen Produktpass ist die konsistente Verfügbarkeit der Daten entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Um die Kreislaufwirtschaft zu fördern, benötigen Unternehmen jederzeit und allerorts Zugriff auf wichtige Informationen zu den einzelnen Produkten. Sprich aus welchen Materialien oder Komponenten diese gefertigt sind, welche Substanzen sie enthalten, welche Ersatzteile zur Verfügung stehen, oder wie sie zu reparieren bzw. fachgerecht zu entsorgen sind.

Oftmals fehlt es jedoch an einer effizienten Datenverwaltung, was zu Verlust von Informationen und verpassten Fristen führen kann. Moderne Daten- und Dokumentenmanagementsysteme bieten eine Möglichkeit, die Daten entlang der gesamten Wertschöpfungskette konsistent und transparent zu steuern.

Cloud-Computing als optimale Basis

Wie können Unternehmen sicherstellen, dass die genutzten Industriedaten zuverlässig, aktuell und konsistent sind?

Durch die Einführung eines cloudbasierten Lieferantenmanagementsystems. In einer solchen Umgebung laufen alle Informationen, die entlang der Wertschöpfungskette entstehen, zusammen. Dabei sehen sämtliche Beteiligte zu jeder Zeit den aktuellen Datenstand. Die optimale Basis für ein derartiges Datenökosystem bildet Cloud-Computing – und das hat mehrere Gründe. Einerseits ermöglicht diese Technologie die reibungsfreie Schaffung einer gemeinsamen Datenumgebung. Hier liegen all jene Dokumente, die für den Digitalen Zwilling oder den DPP benötigt werden.

Des Weiteren erleichtert die Cloud eine schnelle Einbindung aller Beteiligten, da eine lokale Installation des Systems entfällt. Das ist insofern wichtig, als dass Lieferketten zunehmend unter Druck geraten und maximale Flexibilität und Agilität weit oben auf der Agenda der Verantwortlichen stehen.

Eine weitere Stärke eines modernen Lieferantenmanagementsystems liegt in der Bereitstellung von Workflows, welche die Kooperation zwischen einzelnen Abteilungen und den Partnern in einem Datenökosystem signifikant beschleunigen und verbessern.

Andreas Dangl

Andreas Dangl ist Entrepreneur und Geschäftsführer der Fabasoft Approve GmbH. In seiner Funktion unterstützt er Unternehmen aus der Industrie bei der Einführung von smarter Software zum Managen technischer Daten und Dokumente.

Foto: privat

Wie sehen Sie die Rolle des Datenschutzes und der Datensicherheit im Kontext des Digitalen Produktpasses und des Digitalen Zwillings?

Da mitunter auch sensible Daten gespeichert werden, muss das System ein ausgeklügeltes Rechte- und Rollenkonzept bieten. Das heißt, dass jeder Partner nur auf jene Dokumente zugreifen kann, die seiner Rolle in der digitalen Supply-Chain entsprechen. Den umfassenden Datenschutz komplettieren eine Zwei-Faktor-Authentifizierung beim Log-in und der durch mehrfache Zertifizierung abgesicherte Schutz, den der Cloud-Provider selbst bereitstellt. Speziell beim Digitalen Produktpass sind die Pläne dahingehend, dass bestimmte standardisierte Produktinformationen jederzeit frei abrufbar sein sollen. Dazu zählen: Herkunft und genaue Zusammensetzung, aktuelle Montage-, Betriebs-, Gebrauchs- und Bedienungsanleitungen, CO₂-Fußabdruck, Energiebilanz, soziale und ökologische Herstellungsbedingungen, Reparaturmöglichkeit, Ersatzteilliste sowie Recyclingfähigkeit und fachgerechte Entsorgung.

Battery Pass als erfolgreiches Beispiel

Können Sie Beispiele für erfolgreiche Implementierungen oder Best Practices teilen, bei denen Industriedaten effektiv genutzt wurden?

Ein erfolgreiches Beispiel für den Einsatz von Industriedaten für einen Digitalen Produktpass ist der Battery Pass, der eine eindeutige Identifikation und Informationsbereitstellung für sämtliche installierte Hochvoltbatterien ermöglicht. Dazu haben sich unter dem Namen Catena-X[ii] mehrere Automobilhersteller zusammengeschlossen, um einen offenen und kollaborativen Datenraum zu schaffen. Dieser ermöglicht sowohl datengesteuerte Wertschöpfungsketten als auch optimierte Geschäftsprozesse. Dadurch wurde ein erheblicher Mehrwert geschaffen in Bezug auf Ressourceneinsatz und Kreislaufwirtschaft, einer frühzeitigen Absicherung von Materialschwankungen und -engpässen sowie der standardisierten Übermittlung von Nachhaltigkeitskennzahlen wie dem CO2-Fußabdruck. Aktuell wird zur Digitalisierung von Lieferketten abseits der Automobilindustrie an einem eigenen Datenraum unter dem Begriff Manufacturing-X[iii] gearbeitet.

Welche Ratschläge würden Sie Unternehmen geben, die planen, Industriedaten als Grundlage für ihre Digitalen Produktpässe und Digitalen Zwillinge zu nutzen?

Für den optimalen Einsatz des Digitalen Zwillings braucht es eine gemeinsame Datenumgebung, in der Unternehmen in der Lage sind, mit ihren Lieferanten effizient zusammenzuarbeiten, um die benötigten Informationen auszutauschen. Derzeit verfügt weniger als die Hälfte der Betriebe über ein entsprechendes System, das allen Partnern zur Verfügung steht. Beim Digitalen Produktpass sieht die Sache nicht besser aus, was die Entwicklung in Richtung nachhaltiger Wirtschaft empfindlich bremst. Insofern lautet mein Rat, die Digitalisierung im Unternehmen voranzutreiben und dabei auf Systeme europäischer Hersteller zu setzen, die eine Vielzahl von standardisierten Schnittstellen unterstützen.

Inwiefern können solche digitalen Technologien zur Nachhaltigkeit und Effizienz in der Industrie beitragen?

Derartige Systeme fassen Informationen zu sämtlichen relevanten Daten eines Produkts während seines gesamten Lebenszyklus zusammen. Die so zur Verfügung gestellten Informationen erlauben die Entwicklung von nachhaltigen Wiederverwendungsprozessen, was Unternehmen eine Reihe neuer Möglichkeiten eröffnet. So lassen sich etwa Produkte auf umweltfreundliche Art herstellen, entsorgen oder in den Kreislauf zurückführen, indem wertvolle Materialien wiedergewonnen und wiederverwendet werden. Das sorgt für nachhaltigere Produkte und für eine Reduktion der CO₂-Emissionen. Des Weiteren erlaubt der hohe Grad an Datentransparenz den effizienten Einsatz wichtiger Ressourcen, was zu wesentlichen Kosteneinsparungen führt. Meiner Meinung nach eröffnet vor allem die Kombination von Digitalisierung und Nachhaltigkeit neue Chancen, um in einer nachhaltigen Zukunft wettbewerbsfähig zu sein.

Wir danken für das Gespräch!

[i]„Digital Twins: Adding Intelligence to the Real World“:

https://www.capgemini.com/de-de/insights/research/studie-digitale-zwillinge/

[ii] Battery Pass: https://catena-x.net/de/vision

[iii] Manufacturing-X: https://www.plattform-i40.de/IP/Navigation/DE/Manufacturing-X/Initiative/initiative-manufacturing-x.html

 

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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