US-Wasserkraftwerke im Visier: So werden sie cybersicher
Die USA modernisieren alte Wasserkraftwerke – mit digitalen Schutzsystemen gegen Cyberangriffe und innovativen Schulungsmodellen für Betreiber.

Cyberschutz für Wasserkraft: So modernisieren die USA ihre Energieanlagen gegen Hacker und digitale Störungen.
Foto: PantherMedia / dimamorgan12
In den USA entstehen neue Schutzkonzepte für die IT-Sicherheit von Wasserkraftwerken. Gerade alte Anlagen stehen im Fokus, da sie besonders anfällig für Cyberangriffe sind. Forschende des Pacific Northwest National Laboratory entwickeln Werkzeuge, Schulungen und digitale Frühwarnsysteme, um die kritische Infrastruktur widerstandsfähiger zu machen – darunter ein handgroßes Überwachungsgerät, realistische Trainingsmodelle und umfassende Sicherheitsrahmen für Betreiber.
Inhaltsverzeichnis
Wasserkraft als Rückgrat der Regelenergie
Wasserkraftwerke liefern rund 6 % des Stroms in den USA. Im Bundesstaat Washington liegt ihr Anteil sogar bei über 60 %. Die Anlagen gelten als zuverlässig und klimafreundlich – doch viele sind alt. Der Großteil stammt aus den 1950er- und 1960er-Jahren. Und: Ihre Steuerungstechnik ist nicht für das digitale Zeitalter gemacht.
Deshalb geraten sie zunehmend ins Visier von Cyberangreifern. Um dem entgegenzuwirken, hat das Pacific Northwest National Laboratory (PNNL) ein Schutzprogramm für diese kritische Infrastruktur gestartet. Es kombiniert Wissen aus den Bereichen Wasserkrafttechnik und Cybersicherheit.
Schwachstelle Betriebstechnologie
Wasserkraftwerke nutzen sogenannte Betriebstechnologie (Operational Technology, OT), um Turbinen, Schleusen oder Generatoren zu steuern. Anders als moderne IT-Systeme war OT lange isoliert vom Internet – und damit relativ sicher. Doch mit der zunehmenden Vernetzung steigt das Risiko von Hackerangriffen.
Ein Ziel des Programms ist daher, den digitalen Schutz genau dieser OT-Komponenten zu verbessern – ohne dabei die Betriebssicherheit zu gefährden.
Alte Technik, neue Bedrohung
Die ältesten Wasserkraftwerke in den USA sind über 100 Jahre alt. Im Schnitt sind die staatlich betriebenen Anlagen etwa 65 Jahre alt. Ihre Modernisierung ist aufwendig – und erfordert Wissen über ihre teils proprietären Steuerungssysteme.
Die Forschenden am PNNL analysierten dafür verschiedenste Kraftwerkstypen und fanden heraus: Obwohl die Systeme unterschiedlich wirken, lassen sie sich in neun typische cyber-physische Konfigurationen einteilen. Diese Klassifizierung hilft Betreibern, Schwachstellen besser zu erkennen und gezielte Gegenmaßnahmen zu entwickeln.
SerialTap – Sicherheit im Taschenformat
Ein zentrales Werkzeug ist das Gerät „SerialTap“. Es ist kaum größer als eine Handfläche und wird in bestehende Steuerungsnetzwerke eingebunden. Dort überwacht es die Kommunikation zwischen alten Systemen und modernen Netzwerken – ohne diese aktiv zu beeinflussen.
SerialTap erkennt ungewöhnliche Muster und erlaubt so das frühzeitige Eingreifen bei potenziellen Angriffen. Die Lösung wird bereits von einem großen US-Konzern getestet, der 85 Wasserkraftwerke betreibt.
Cyberangriff als Trainingsszenario
Theorie allein reicht jedoch nicht aus. Deshalb entwickelte das PNNL auch sogenannte Skids – kompakte, funktionstüchtige Modellanlagen, die reale Infrastrukturen nachbilden.
Ein solcher Skid simuliert ein komplettes Wasserkraftwerk: mit Mini-Turbinen, Schleusen und Kontrolltechnik. Forschende und Fachkräfte können damit gezielt Angriffe nachstellen – vom Ausfall der Umspannstation bis zur gezielten Manipulation von Wasserständen.
Dabei beobachten sie in Echtzeit, wie das System auf die Eingriffe reagiert. Das Ziel: Verständnis für Abläufe schaffen und Handlungssicherheit im Ernstfall gewinnen.
Beteiligte aus der Branche, etwa der Energieversorger Avista aus Spokane, brachten ihre Erfahrungen in die Entwicklung ein.
Fahrplan für den Notfall
Ein weiteres Ergebnis der Sicherheitsinitiative ist ein nationaler Fahrplan. Er beschreibt einheitliche Maßnahmen für den Umgang mit Cybervorfällen. Dabei wurden bestehende Richtlinien mehrerer Behörden gebündelt und ein cyber-physischer Rahmen erarbeitet.
Dieser Leitfaden hilft Betreibern, sich besser auf Notfälle vorzubereiten – etwa durch Checklisten, klare Zuständigkeiten und Übungen mit realitätsnahen Szenarien.
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