Sicherheit der Energieversorgung: Wie der Klimawandel sie beeinflusst
Erneuerbare Energien sollen den Klimawandel bremsen. Doch wie beeinflusst der ihre Performance? Ein VDI-Panel auf den Berliner Energietagen gab erste Antworten.

Wie beeinflusst der Klimawandel die Versorgungssicherheit zum Beispiel bei erneuerbaren Energien? Die Forschung hat dazu erste Erkenntnisse.
Foto: PantherMedia / Jens Ickler
Erneuerbare Energien und Versorgungssicherheit – das wird oft in Zusammenhang mit der sogenannten Dunkelflaute diskutiert. Als Beispiel dafür, dass mit erneuerbaren Energiequellen allein keine Versorgungssicherheit im Stromsektor herzustellen ist. Peter Hoffman vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) zeigte unter anderem an diesem Beispiel im Rahmen der Berliner Energietage auf, wie Wetterlagen und Versorgungssicherheit zusammenhängen.
Die PIK-Forscherinnen und -Forscher untersuchen seit Langem, was die typischen Großwetterlagen in Mitteleuropa sind und wie sich ihre Häufigkeit im Zusammenhang mit dem Klimawandel verändert hat. Denn immer wieder wird die Frage gestellt: „Warum kommt es genau an diesem Ort zu diesem Wetterextrem?“ Dazu ist es wichtig, die lokalen Ereignisse in einem größeren Kontext, in dem der Großwetterlagen, zu betrachten. Gleichzeitig lässt sich das Phänomen der Dunkelflaute – geringer Solarertrag bei gleichzeitiger Flaute – einer bestimmten Großwetterlage zuordnen, einer recht stabilen Hochwetterlage über Großbritannien, wie Hoffmann im Panel „Auswirkungen des Klimawandels auf die Energieversorgungssicherheit/Risiken und Anpassungsmaßnahmen“ des VDI im Rahmen der Berliner Energietage berichtete.
Dunkelflaute beeinflusst die Versorgungssicherheit, ist aber nicht abhängig vom Klimawandel
Frank Kaspar, Leiter des Bereichs Hydrometeorologie beim Deutschen Wetterdienst (DWD), zeigte auf, dass diese Großwetterlagen (Hoch Mitteleuropa) bisher nicht zugenommen hätten – in der historischen Betrachtung über die letzten Jahrzehnte ist für diese Großwetterlage in der Grafik sogar ein leichter Rückgang zu erkennen. Die gute Nachricht ist also: Es gibt zwar eine typische Dunkelflauten-Großwetterlage, aber eine Zunahme dieser durch den Klimawandel lässt sich bislang nicht erkennen. Insofern kann sich die Energiewirtschaft in Ruhe damit beschäftigen, welche Vorsorgemaßnahmen zu treffen sind.
„Es ist ja jetzt schon so, dass sich Wetterextreme auf die Versorgungssicherheit auswirken können“, sagt Kaspar im Gespräch mit VDI nachrichten. „Da sind einerseits die wetterabhängigen Energieträger wie Wind und Sonne, aber auch der grundsätzliche Betrieb des Energienetzes kann ja beeinflusst sein, wenn sich zum Beispiel Eis oder Stürme auf Leitungen auswirken und es droht, dass der Netzbetrieb nicht mehr gewährleistet ist.“
Für mehr Versorgungssicherheit europäisch denken
Der DWD stellt im staatlichem Auftrag Wetterdaten für alle wichtigen Bereiche zur Verfügung, so für die Landwirtschaft, die Wasserwirtschaft und für die Energieversorgung. „Kurzfristig ist es so, dass wir mit unseren Wettervorhersage-Modellen zeitnahen Prognosen für den sicheren Betrieb des Netzes liefern. Mit ähnlichen atmosphärischen Modellen kann man sich auch die Zukunft anschauen. Man muss dann über längerfristige Zeiträume rechnen. Und dann lässt sich aus diesen Klimamodellen auswählen, ob eine Zunahme bestimmter Ereignisse in der Zukunft erkennbar ist.“ Der DWD analysiere auch, ob bestimmte Veränderungen bereits sichtbar seien. „In vielen Fällen sehen wir, dass die Entwicklung der Realität zu dem passt, was uns Klimamodelle über die Zukunft sagen“, so Kaspar.
Für den Fall einer Dunkelflauten-Großwetterlage erläutert Kaspar, wie wichtig europaweites Denken bei der Versorgungssicherheit ist: „Dann habe ich aber andere Regionen in Europa, die überdurchschnittliche Windeinspeisung haben. Das haben wir im letzten Jahr gesehen.“ Zum Beispiel in Norwegen und Finnland. Daraus, so Kaspar, ergebe sich natürlich letztlich Frage: „Was mache ich jetzt mit der Information?“ Wäre es also klug, den Stromaustausch von Nord- nach Südeuropa mit Leitungen zu verstärken? „Als ich das mal mit einem Kollegen des finnischen Wetterdienstes besprochen hatte, sagte der, das sei ja alles gut und schön, aber wenn man dann Leitungen durch die Ostsee verlegen würde, gebe es ein gewisses Sicherheitsrisiko“, erklärt Kaspar und verdeutlicht, wie komplex die Debatte um die Versorgungssicherheit inzwischen ist.
Klimawandel beeinträchtig Windkraft kaum
Georg Bischof vom Windkraftanlagenhersteller Siemens Gamesa treibt die Frage um, ob genau der Klimawandel, „den wir bekämpfen, die Windressourcen, auf die wir angewiesen sind, untergräbt?“ Wäre das so, würde das natürlich einerseits die Versorgungssicherheit beeinflussen, andererseits aber auch sämtliche Wirtschaftlichkeitsberechnungen für diese Windkraftanlagen.
Bischof, der auch Mitglied im VDI-Fachausschuss Regenerative Energien ist, beruhigt mit einer Anfangsaussage: „Wir sehen eigentlich nichts.“ Aber ganz so einfach ist es nicht. Laut Bischof besteht eine „positive Ausgangslage“. Bischof stellte eine Betrachtung vor, die die Wirtschaftlichkeit mit den verschiedenen Klimapolitikszenarien vergleicht. Fazit: Je schlechter die Klimapolitik, desto höher wird das Risiko für die Wirtschaftlichkeit der Windkraft. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse würden nahelegen, dass „die Wirtschaftlichkeit der Windenergie auch unter Klimaszenarien, die mit globalen Klimazielen vereinbar sind, weitgehend stabil bleibt“.
Dabei ist die Windkraft ohnehin eine Energiequelle, die von Natur aus kompliziert ist und zahlreichen Schwankungen auf verschiedenen Zeitskalen unterliege. Wie sensibel die Branche reagiert, wenn die Wirtschaftlichkeit in Gefahr ist, zeigt die derzeitige Debatte um die Abschattungseffekte bei Offshore-Windparks in der Nordsee und die Folgen für die geplanten Ausbauziele – nicht nur in Deutschland.
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