Klimaschutz für die Industrie in NRW 27.06.2025, 06:44 Uhr

NRW zeigt mit dem Industriepakt, wie Klimaschutz gelingen kann

Nordrhein-Westfalen gibt mit dem Industriepakt Klimaschutz konkrete Hilfestellung für Unternehmen auf dem Weg zur klimaneutralen Produktion bis 2045.

PantherMedia 558058

Symbolbild für das Treibhausgas CO2: Nordrhein-Westfalen gibt mit dem Industriepakt konkrete Hilfestellung für Unternehmen auf dem Weg zur klimaneutralen Produktion bis 2045.

Foto: PantherMedia / Hans-Joachim Bechheim

Der Industriepakt für Klimaneutralität und Wettbewerbsfähigkeit des Landes Nordrhein-Westfalen sollte zeigen, wie Klimaschutz und wirtschaftlicher Erfolg Hand in Hand gehen können. Am 26. Juni 2025 stellten die Beteiligten in Düsseldorf das zentrale Ergebnis von zweieinhalb Jahren Arbeit vor: eine Transformations-Roadmap. Mit ihr sollen vor allem mittelständische Unternehmen konkrete und praxisnahe Hilfestellungen für den Umstieg auf eine klimafreundliche Produktion erhalten. Denn: In den kommenden drei Jahren schon – 2025 bis 2027 -, so eine Beispiel, sollten die Unternehmen über eine Auswahl optimierter Konzepte entscheiden. Damit 2045 Vollzug gemeldet werden kann.

NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur sprach von einem „Kochbuch“: Da stünden „jetzt die Rezepte drin, wie man es hinkriegen kann“. Gemeint ist, das eigene Unternehmen, egal aus welcher Industriebranche, fit zu machen für treibhausgasneutrales Produzieren und Wirtschaften bis 2045. Das hatte sich NRW unter der schwarz-grünen Landesregierung vorgenommen, Neubaur den Industriepakt daher Ende 2022 selbst aus der Taufe gehoben.

„Klimaschutz ist nicht irgendwas, was man on top mal machen kann, wenn es gerade richtig gut läuft“, betonte die Ministerin. Die Roadmap sehr konkrete Antworte auf wichtige Fragen, die die Industrieunternehmen hätten, so die Ministerin: „Wie schaffen wir es eigentlich, die Prozesswärme zu dekarbonisieren? Wie schaffen wir es, in der Frage der Defossilisierung der Kohlenstoffkreisläufe in einen Kreislauf zu kommen?“ Fragen, auf die sich in der Roadmap Antworten finden.

Stellenangebote im Bereich Energie & Umwelt

Energie & Umwelt Jobs
Steuler Anlagenbau GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Projektleiter (m/w/d) Oberflächentechnik Steuler Anlagenbau GmbH & Co. KG
Höhr-Grenzhausen Zum Job 
Dornier Power and Heat GmbH-Firmenlogo
Projektingenieur (m/w/d) Elektrotechnik Dornier Power and Heat GmbH
Berlin, Vetschau Zum Job 
wpd infrastruktur GmbH-Firmenlogo
Elektroingenieur (m/w/d) für nationale Wind- und Solarenergieprojekte wpd infrastruktur GmbH
verschiedene Standorte Zum Job 
wpd infrastruktur GmbH-Firmenlogo
Netzanschlusskoordinator (m/w/d) Erneuerbare Energien wpd infrastruktur GmbH
Potsdam, Berlin Zum Job 
TÜV Thüringen e.V.-Firmenlogo
Auditor Umwelt- und Energiemanagement (m/w/d) TÜV Thüringen e.V.
bundesweit Zum Job 
TÜV Thüringen e.V.-Firmenlogo
Sachverständiger für Dampf- und Drucktechnik (m/w/d) TÜV Thüringen e.V.
verschiedene Standorte Zum Job 
HINT.CO GmbH-Firmenlogo
Projektmanager Einkauf/ Lead Auction Manager (w/m/d) HINT.CO GmbH
Hamburg Zum Job 
Helmholtz-Zentrum Hereon-Firmenlogo
Abfallbeauftragte (m/w/d) für konventionelle Reststoffe Helmholtz-Zentrum Hereon
Geesthacht (bei Hamburg) Zum Job 
RheinEnergie-Firmenlogo
Gruppenleiter Maschinen- und Verfahrenstechnik Kraftwerk (m/w/d) RheinEnergie
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Bauingenieur für Straßenplanung und -entwurf / Immissionsschutz (m/w/d) Die Autobahn GmbH des Bundes
Regensburg Zum Job 
Stadt Freiburg-Firmenlogo
Projektleiterin (a) Verkehrsprojekte Stadt Freiburg
Freiburg Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Ingenieurin oder Ingenieur Landespflege Planung (w/m/d) Die Autobahn GmbH des Bundes
Verden (Aller) Zum Job 
Netzgesellschaft Potsdam GmbH-Firmenlogo
Ingenieur Strategische Netzplanung - Gas / Wärme / H2 (m/w/d) Netzgesellschaft Potsdam GmbH
Potsdam Zum Job 
Rolls-Royce Power Systems AG-Firmenlogo
Projektingenieur (m/w/d) Elektrotechnik Rolls-Royce Power Systems AG
Friedrichshafen Zum Job 
Rolls-Royce Power Systems AG-Firmenlogo
Projektleitung (m/w/d) Electrical Application Engineering Rolls-Royce Power Systems AG
Friedrichshafen Zum Job 
MVV Netze GmbH-Firmenlogo
Projektingenieur Strom (m/w/d) MVV Netze GmbH
Mannheim Zum Job 
TenneT TSO GmbH-Firmenlogo
Ingenieur Leistungsfrequenzregelung (m/w/d) TenneT TSO GmbH
VIVAVIS AG-Firmenlogo
Produktmanager (m/w/d) - Metering Devices und Steuerbox VIVAVIS AG
Koblenz, Ettlingen Zum Job 
Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar-Firmenlogo
Fachingenieur*in für Elektrotechnik (m/w/d) Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar
Stadt Oldenburg-Firmenlogo
Ingenieurfachliche/r Mitarbeiter/in (w/m/d) in der Unteren Wasserbehörde Stadt Oldenburg
Oldenburg Zum Job 

Klimaschutz in der Industrie hängt auch mit dem Strompreises zusammen

Neubaur betonte, es sei wichtig, dass bei der Transformation der Industrie für den Klimaschutz der Bund und Europa „in solchen Zeiten mit dabei“ sind. Umso weniger Verständnis hat die schwarz-grüne NRW-Landesregierung für die zu Wochenanfang von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil vorgestellten Pläne zur Strompreissenkungen. Die fielen wesentlich geringer aus, als im Koalitionsvertrag vereinbart. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hate vor einem Bruch des Koalitionsvertrages gewarnt: Die Senkung der Stromsteuer habe zu den wichtigsten wirtschaftspolitischen Versprechen im Bundestagswahlkampf gehört.

Wüsts Stellvertreterin Mona Neubaur verdeutlichte in Düsseldorf die verheerende Wirkung der Pläne: „Wir hatten gestern Sommerfest des Landes in unserer Landesvertretung in Berlin, und ich kann Ihnen sagen, das war das Topthema aller Vertreter der Wirtschaft, die ich gesprochen haben. Und das geht ehrlich gesagt nicht.“ Neubaur verwies darauf, dass die „demokratische Mitte“ sich einig gewesen sei: „Wir brauchen international wettbewerbsfähige Strom und Energiepreise.“ Das sei nichts, was die Unternehmen motiviere sich in Sachen Klimaschutz anzustrengen.

Roadmap aus der Praxis: Portlandzement Wittekind buchstabiert den Klimaschutz durch

Einer der Branchen, denen die Defossilisierung auf der Seele brennt ist die Herstellung von Zement und Beton. Das Bauen mit so viel Treibhausgasemissionen gehaftet ist, hat mit diesen Baustoffen zu tun:„Die CO2-Emissionen eines Zementwerks ergeben sich im Wesentlichen durch dem Klinkerbrennprozess“, so Werner Cordes, Werksleiter bei Portlandzement Wittekind, einem familiengeführten, mittelständischen Unternehmen in Erwitte, das am Industriepakt beteiligt war. „Sie bestehen zu einem Drittel aus den Brennstoffen und zu zwei Dritteln aus den unvermeidbaren Prozessemissionen durch die Kalksteinentsäuerung.“ Heißt: Die CO2-Emissionen aus der Kalksteinentsäuerung müssten aufgefangen und entweder gespeichert oder genutzt (CCUS) werden können.

Laut Cordes würden folgende Maßnahmen zur CO2-Reduktion aktuell schon bei Wittekind durchgeführt:

  • Einsatz abfallstämmiger Brennstoffe mit biogenen Anteilen und steigendem Anteil an der Feuerungswärmeleistung des Ofens.
  • Herstellung klinkereffizienter Zemente zur Reduzierung des Carbon Foodprints.
  • Seit 2022 werden durch Eigenstromerzeugung mit sechs ORC-Modulen aus Abwärme jährlich rund 8000 MWh Strom erzeugt. Das entspricht ca. 10 % des Strombedarf für die Zementproduktion.
  • Seit 2024 wird die CO2-Abscheidung durch Membrantechnologie erprobt. Das abgeschiedene CO2 soll der chemischen Industrie zur Verfügung gestellt werden.

Zusätzlich, so der Werksleiter gegenüber VDI nachrichten, würden die aufgezeigten Maßnahmen durch zahlreiche Netzwerkprojekte, Management-Systeme, Forschungsvorhaben und personelle Verstärkung unterstützt. „Dennoch kann der überwiegende Teil der CO2-Emissionen durch die aufgeführten Maßnahmen nicht vermieden werden. Für den verbleibenden Rest sind Carbon Capture-Technologien in Verbindung mit einem Use bzw. Storages erforderlich“, betont er.

Symbolfotos, Symbolbilder Objektbau und Bauwirtschaft bzw. Bauindustrie in Deutschland

Symbolbild für die deutsche Bauindustrie mit Zementsäcken. Die Herstellung von Zement gehört zu den Prozessen im Baubereich, bei denen die meisten Treibhausgasemissionen entstehen.

Foto: picture alliance / Flashpic/Jens Krick

Es gibt keinen Business Case für eine klimaneutrale Zementproduktion

Cordes, der sich schon seit Jahren mit der Problematik befasst, kommt zum Urteil, dass einen „keinen Business Case für eine klimaneutrale Zementproduktion“ gebe. Er listet auf Anfrage fünf Punkte auf, die aus seiner Sicht auf, die Voraussetzungen für eine klimaneutrale Zementproduktion seien:

  • Kurzfristiger Nachweis einer funktionsfähigen, ggf. nachrüstbaren und wirtschaftlichen Lösung zur CO2-Abscheidung im Klinkerbrennprozess
  • Zugang zu bezahlbarem, grundlastfähigem und klimaneutralem Strom bzw. Wasserstoff
  • Schneller Zugang zu einer finanziell tragbaren Prozesskette für Pipelinetransport und Speicherung des abgeschiedenen CO2
  • Nachweis der zeitlichen Umsetzbarkeit und Finanzierbarkeit der Verschärfung des EU-ETS von den Unternehmungen
  • Politischer Konsens und gesellschaftliche Akzeptanz für CCUS in Deutschland

Er meint, dass alle Zementhersteller Machbarkeitsstudien zahlreicher Pilotprojekte auswerten werden und auf deren Grundlage Investitionsentscheidungen treffen werden.

Klimaschutz in der Industrie: Maschinen- und Anlagenbau doppelt gefordert:

Mit dabei beim Industriepakt war auch der Landesverband NRW des VDMA. „Etwa 20 % unserer Mitglieder stammen aus NRW – diese Unternehmen sind überwiegend mittelständisch geprägt und beschäftigen im Schnitt rund 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, so Kevin Löpke vom Landesverband. NRW-spezifische Auswertungen zum Thema gebe es nicht. Aber schon 2020 hätten der VDMA zusammen mit Boston Consulting ermittelt, dass rund 86 % der CO2-Emissionen in OECD-Staaten durch Technologien und Lösungen des Maschinen- und Anlagenbaus reduziert werden könnten.

Für die VDMA-Mitglieder bundesweit ließe sich sagen, so Löpke, dass etwa 55 % ihre CO2-Emissionen erfassten: „Haupttreiber dafür sind regulatorische Anforderungen (ca. 55 %) und der Kundenwunsch (ca. 50 %)“. Zu den häufigsten, bereits implementierten, Maßnahmen zur Emissionsreduktion zählten:

  • Energieeffizienz im Gebäude (ca. 80 %)
  • Abfallvermeidung und Recycling (ca. 70 %)
  • Energieeffizienz im Produktionsprozess (ca. 60 %)
  • Darüber hinaus verfügten rund 55 % der Unternehmen über eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie.

Maschinenbau sieht in Bürokratie und Fachkräftemangel Herausforderungen bei der Emissionsbilanzierung

Allgemein ließe sich sagen, so VDMA-Experte Löpke, dass größere Unternehmen (gemessen an der Mitarbeiterzahl) tendenziell eher ihre Emissionen bilanzierten. Neben dem bürokratischen Aufwand und dem Fachkräftemangel (oftmals werden hierfür eigens Stellen geschaffen), stellten insbesondere die Erhebung von Scope-3-Emissionen eine Herausforderung bei der Bilanzierung der Treibhausgasemissionen dar.

Bei der Berichterstattung zu Treibhausgasemissionen wird in mehrere Bereiche unterteilt, die so genannten Scopes. Bei Scope drei sollen die Treibhausgasemissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette erfasst werden. „Hier fehlt es häufig an verlässlichen Primärdaten von Lieferanten, Kunden oder Dienstleistern. Stattdessen muss auf kostenpflichtige Sekundärdaten oder branchenspezifische Emissionsfaktoren zurückgegriffen werden – was zu lückenhaften, schwer vergleichbaren Ergebnissen führt“, so Löpke. Daher fordere der VDMA eine EU-weite, kostenlose Datenbank mit standardisierten Emissionsfaktoren.

Ein Beitrag von:

  • Stephan W. Eder

    Stephan W. Eder

    Redakteur VDI nachrichten
    Fachthemen: Energie, Klimaschutz, Quantentechnologien

Themen im Artikel

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.