Klimapolitik und Energiewende 10.06.2025, 14:00 Uhr

CCS nur für die, die es wirklich brauchen

Die Bundesregierung plant, das CCS-Gesetz zu ändern. Forschende plädieren dafür, sich auf die Zement-, Kalk- und Abfallindustrie zu fokussieren.

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Konzeptskizze zur CO2-Abscheidung und CO2-Speicherung. Die Bundesregierung plant, das CCS-Gesetz zu ändern. Forschende plädieren dafür, sich auf die Zement-, Kalk- und Abfallindustrie zu fokussieren.

Foto: PantherMedia / VectorMine

Es gibt noch keine offizielle Mitteilung, aber es ist bekannt, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) unter Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche plant, zeitnah das sogenannte CCS-Gesetz zu novellieren. Offiziell heißt es „Gesetz zur Demonstration der dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid“, kurz Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG).

In der bisherigen Fassung macht es kommerzielles CSS (Carbon Capture and Storage) – die Abscheidung, den Transport und die dauerhafte Speicherung von CO2 – de facto in Deutschland unmöglich. Das sollte sich schon unter der Ampelregierung ändern, die einen entsprechenden Entwurf erarbeitet hat. Als dringend benötigte Dekarbonisierungsoption ist CCS im Bausektor (Zement, Klinker) und auch im Abfallbereich unstrittig. Es gibt also eine Blaupause. Das CO2 könnte dann entweder exportiert oder in der ausschließlichen Wirtschaftszone Deutschlands unter der Nordsee gespeichert werden. Für beides braucht es CO2-Pipelines.

CCS für Gaskraftwerke, Stahl und Chemie? Die CDU sagt: Ja!

Die neue Bundesregierung hat auf Drängen der CDU eigene Pläne für die KSpG-Novelle. Stahl und Chemie hätte sie gerne dabei, weil deren Dekarbonisierung Wasserstoff braucht. Damit das schnell geht, braucht es blauen Wasserstoff – und der benötigt CCS. „Der Einsatz von CCS zur Herstellung von blauem Wasserstoff ist eine Möglichkeit, die Transformation der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland voranzutreiben“, bestätigt Peter Viebahn, Co-Leiter des Forschungsbereichs Sektoren und Technologien am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Doch sollte blauer Wasserstoff nur eine Übergangsphase sein, bis es genug grünen Wasserstoff gebe.

Vor allem wird diskutiert, ob und wie weit es sinnvoll ist, CCS für den Kraftwerksbetrieb von fossil betriebenen Kraftwerken zu nutzen. Reiche hatte Mitte Mai 20 GW Kapazität an neuen Gaskraftwerken angekündigt. Sie sagte, „dass wir im gleichen Zug die Abscheidung von CO2, also CCS und CCU, also die Nutzung von CO2, ermöglichen müssen“, zitiert sie die dpa. „Wenn wir gesicherte Leistung brauchen und gleichzeitig Klimaschutz machen wollen, müssen wir uns um das anfallende CO2 kümmern und das machen wir, indem wir es abscheiden, transportieren und speichern werden.“

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CCS für Gaskraftwerke in der Kritik von Forschenden

Kritik dazu kommt von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. „Die Nutzung von CCS ist für diejenigen CO2-Emissionen sinnvoll, die nicht durch eine Umstellung auf erneuerbare Energien vermieden werden können. Das sind im Wesentlichen Emissionen aus drei Sektoren: der Zement- und Kalkindustrie sowie der Müllverbrennung“, betonte Klaus Wallmann, Leiter der Forschungseinheit Marine Geosysteme am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung (Geomar) in Kiel, gegenüber dem Science Media Center (SMC). Wallmann zufolge sind dies 50 Mt CO2 jährlich, die so behandelt werden müssten. Maximal – denn es gebe noch andere Vermeidungsoptionen.

Franziska Holz, stellvertretende Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, stellt klar: „Für den Stromsektor kann CCS angesichts der stark gesunkenen Kosten für den Umstieg auf erneuerbare Energien keine Option mehr sein.“ Felix Schenuit, Wissenschaftler im Forschungscluster Klimapolitik, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin, spekuliert, ob „jenseits von einer symbolischen Wirkung“ die Folgen einer Ermöglichung von CCS in Gaskraftwerken überhaupt abzuschätzen seien. Auch deshalb, weil neben der Erlaubnis, CCS nutzen zu dürfen, noch nicht klar sei, ob sich das lohnt.

CCS für Gaskraftwerke wirtschaftlich umstritten

Reiches Vorstoß findet noch nicht einmal in der Energiebranche einhelligen Zuspruch – eben weil unklar ist, ob und wann es sich rechnet. Die Zeitung für kommunale Wirtschaft (ZfK) des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) zitierte letzte Woche Regina Wilde, Leiterin Strategie und Konzernentwicklung bei EnBW: „CCS rechnet sich wegen der damit hohen verbundenen Investitionen nur dann, wenn von einer hohen jährlichen Vollbenutzungsstundenzahl der Anlagen von 3000 Stunden plus ausgegangen wird“. Es seien aber vor allem in den 2040er-Jahren nur 2000 Stunden Volllast realistisch.

Laut Wallmann muss mit zwischen 150 €/t und 250 €/t für die ganze CCS-Prozesskette gerechnet werden. Derart hohe CO2-Preise werden bisher aber im Emissionshandelssystem der EU (ETS), dem die Betreiber fossiler Kraftwerke unterliegen, nicht erreicht. Es bräuchte also für einen schnellen Effekt eine Anschubfinanzierung, skizziert er. „Ich halte die Diskussion um den Einsatz von CCS an Gaskraftwerken für eine ideologische Debatte.“

Wohin mit dem abgeschiedenen CO2 in Deutschland?

Viebahn zufolge erlaubt die geplante Novelle des CCS-Gesetzes eine Speicherung zunächst nur offshore, also unterhalb der Meeresböden in Nord- und Ostsee. Sie enthalte „aber voraussichtlich die Möglichkeit, dass die Bundesländer auch die Onshore-Speicherung erlauben können (Opt-in-Verfahren)“. Durch die Nutzung regionaler Onshore-Speicher könne die Transportinfrastruktur vermutlich erheblich geringer ausfallen. Es fehle aber bisher eine sachgemäße Bewertung der verschiedenen Optionen.

CCS-Speicher: Reichen sie in Deutschland aus?

Laut Viebahn plant allein die EU bis zum Jahr 2030 eine Speicherkapazität von mindestens 50 Mt CO2 pro Jahr. Das würde damit numerisch genau für die Emissionen der deutschen Zement-, Klinker- und Abfallbranche reichen. Doch würde diese Menge nicht direkt 2030 anfallen. Laut der Studie „Klimaneutrales Deutschland“, an der die Wuppertaler mitgearbeitet haben, liegt der deutsche Jahresbedarf 2030 nämlich insgesamt bei 3 Mt CO2. 2035 wären es dann 15 Mt, 2040 31 Mt und ab 2045 45 Mt. „Andere Langfristszenarien gehen von deutlich höheren Abscheidemengen von bis zu 116 Mt CO2 pro Jahr aus“, sagt Viebahn.

Die Schätzungen für den verfügbarem CCS-Speicher sind laut den vom SMC befragten Forscherinnen und Forschern zwar noch nicht genau ermittelt, aber wirklich knapp dürfte es nicht werden. „Mit dem heutigen Stand des Wissens wäre die geologische – also unterirdische – CO2-Speicherkapazität im europäischen Raum keine knappe Ressource“, so DIW-Expertin Holz.

„Allein im Untergrund der Nordsee könnten Schätzungen zufolge etwa 150 Gt CO2 gespeichert werden“, berichtet Wilfried Rickels, Direktor des Instituts und Leiter des Forschungszentrums Global Commons und Klimapolitik am Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel. „Die anvisierte jährliche Menge in der europäischen Carbon-Management-Strategie im Jahr 2050 sind 0,45 Gt CO2, von der aber nur 0,25 Gt CO2 geologisch gespeichert werden sollen.“

Geomar-Forscher Wallmann schätzt, „dass es in der deutschen Nordsee etwa 0,9 Gt bis 5,5 Gt theoretische Speicherkapazität gibt“. Was aber davon zu realisieren sei, „ist aber sehr unsicher“. Es sei möglich, dass die realen Speicherkapazitäten in Deutschland für die Industriesektoren nicht ausreichten.

Ein Beitrag von:

  • Stephan W. Eder

    Stephan W. Eder

    Redakteur VDI nachrichten
    Fachthemen: Energie, Klimaschutz, Quantentechnologien

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