Energie 16.05.2025, 15:00 Uhr

Energiewende: Leistung aus Erneuerbaren wächst, aber Verteilnetze bleiben zurück

Immer mehr Solaranlagen und Windräder gehen ans Netz. Die Strukturen dort sind aber überfordert und werden zum Flaschenhals der Energiewende.

Die deutsche Energiewende kommt zwar langsam in Fahrt. Allerdings blieben dabei die Verteilnetze als zentraler Baustein unbeachtet. Foto: PantherMedia / Sebastian Heinrich

Die deutsche Energiewende kommt zwar langsam in Fahrt. Allerdings blieben dabei die Verteilnetze als zentraler Baustein unbeachtet.

Foto: PantherMedia / Sebastian Heinrich

Die deutsche Energiewende kommt zwar langsam in Fahrt. Doch während Windräder und Solarpanels die Landschaft zunehmend prägen, blieb ein zentraler Baustein der Energiewende zu lange unbeachtet – die Verteilnetze.

Tim Meyer, früherer Naturstrom-Vorstand und mit 3EPunkt als Energiewendeunternehmer und -berater tätig, beleuchtete auf dem Deutschen Ingenieurtag 2025 (DIT) in einem engagierten Vortrag die historisch entstandene Schieflage zwischen Erzeugungsausbau der erneuerbaren Energien und der Netzstruktur. Er forderte zu einem Paradigmenwechsel in Planung, Technik und Politik auf. Denn die Zahlen sprächen eine deutliche Sprache: Während die installierte Leistung aus Photovoltaik und Windenergie in den letzten zwei Jahrzehnten rasant gewachsen sei, blieb der Ausbau, die Digitalisierung und die Modernisierung der Verteilnetze weit zurück. Diese strukturelle Verzögerung zähle mittlerweile zu den größten Hürden und Kostentreibern der Energiewende.

Was die Energiewende bremst

Ein zentrales Problem sei die Überforderung der Strukturen mit der schieren Menge neuer Einspeiser und Verbraucher. Es sei über viele Jahre versäumt worden, Netzplanung und -betrieb darauf vorzubereiten. Doch die Anzahl an Netzanfragen sei explodiert. Das gelte insbesondere für PV-Anlagen, Batterieprojekte, Ladeinfrastruktur für E-Mobilität und Wärmepumpen. Gerade bei größeren Projekten seien die gegenwärtigen Geschäftsprozesse der Verteilnetzbetreiber (VNB) hingegen auf Einzelanfragen ausgerichtet, nicht auf eine Massenintegration. Daraus folgen bei neuen Projektanfragen oft Bearbeitungszeiten von vielen Monaten, obwohl gesetzlich acht Wochen vorgesehen seien. Auskünfte über mögliche Anschlusspunkte würden dann meist binär für eine einzelne Anlagenauslegung gegeben und ohne gemeinsame Optimierungsmöglichkeiten im Team von Netzbetreibern und Projektentwicklern. Großspeicher, die Netzengpässe eigentlich entschärfen könnten, sähen sich denselben strukturellen Hindernissen gegenüber.

Foto: elk

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Ebenfalls problematisch sei eine tiefgreifende technische und organisatorische Fragmentierung von Netzplanung und -betrieb. Meyer sprach von „Ineffizienz durch Vielfalt“: Jeder der rund 865 VNB in Deutschland könne individuelle Anforderungen in seine Technischen Anschlussbedingungen (TAB) aufnehmen. Unterschiedlichste Formulare, die Überlastung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, viele manuelle Abstimmungsprozesse etc. resultierten in einen Flickenteppich an Vorgaben und Stress für alle Beteiligten. Zudem seien Planungs- und Investitionssicherheit massiv erschwert und Lieferengpässe durch Sonderanforderungen in der Komponentenproduktion sowie deren eingeschränkten Nutzbarkeit in anderen Netzgebieten verschärft. Bei größeren Einspeiseanlagen würden Netzanschlüsse so zu Unikaten – ein für alle Seiten kaum tragbarer Zustand angesichts des rasanten Ausbautempos erneuerbarer Energien.

Doch auch die Netztechnik selbst stoße vielerorts an ihre Grenzen. Den Netzbetreibern sei es zwar gelungen, im bisherigen Regulierungs- und Organisationsregime die heute über 170 GW Wind- und Solarleistung zu integrieren. Doch in einigen Gebieten betrage das Verhältnis der installierten Einspeiseleistung zur maximalen Last aller Verbraucher bereits einen Faktor 4. Solche Netze seien längst keine „Netze zur öffentlichen Versorgung“ mehr, sondern genau genommen „Einspeisenetze“. Die Integration weiterer Mengen mit „immer mehr Kupfer“ dauere viele Jahre.

Smarte Lösungen gefragt

Doch für die meisten Herausforderungen gebe es auch kurzfristig umsetzbare Lösungen. Hier führte Meyer in einem ersten Bündel verschiedene Möglichkeiten an, die bestehenden Netze besser auszulasten. Einige seien von der Politik bereits angepackt, wie die sogenannte „Überbauung“ von Netzanschlüssen. Gemeint ist die gleichzeitige Nutzung für sich in ihren Erzeugungsprofilen ergänzenden Technologien wie Solar- und Windenergie. Bei anderen – insbesondere bei Batteriespeichern als der schnellsten und oft kostengünstigsten Lösung zur Beseitigung von Engpässen – stünden sich hingegen die Marktpartner allzu oft unversöhnlich gegenüber. Batterien würden dabei von vielen Netzbetreibern eher als Problem statt als Lösung gesehen. Die Befürchtung unkontrollierter Netzeffekte würde zu restriktiven und manchmal sogar technisch unsinnigen Vorgaben führen.

Besonders eindrücklich war Meyers Beispiel eines ungenannten Netzbetreibers. Der habe ganzjährig jegliche Ausspeisung aus Batteriespeichern zwischen 7 Uhr und 17 Uhr untersagt. So wollte man verhindern, dass neben hoher Solareinspeisung zusätzlicher Strom aus Batterien Netze belastet. Eine mit Blick auf den Winter und auch bewölkte Sommertage absurde Einschränkung, die einen wirtschaftlichen Betrieb eines Speichers unmöglich macht. Dabei gebe es für die meisten Fälle pragmatische Lösungen, um die Interessen von Speicherbetreibern und Netzbetreibern zu versöhnen. Doch der Gesetzgeber und die Bundesnetzagentur verweigerten sich diesem Thema bisher.

Digitalisierung der Netzplanung unerlässlich

In einem zweiten Bündel der Lösungsmöglichkeiten fasste Meyer die Maßnahmen. Sie könnten das Management von Netzplanung und -betrieb effizienter machen, ist er überzeugt. Eine umfassende Digitalisierung von Netzplanung und -betrieb ist laut Meyer dabei unerlässlich. Ebenso eine Standardisierung technischer Vorgaben, unzähliger verschiedener Webportale, Formblätter etc. Der Flickenteppich müsse einem möglichst einheitlichen, transparenteren Rahmen weichen. Auch die gegenwärtige Anreizregulierung, die bisher vor allem auf Kostensenkung des Netzbetriebes ausgerichtet war, müsse neu justiert werden – hin zu einem System, das Modernisierung und Innovation aktiv belohne. Die Bundesnetzagentur habe hier zwar wichtige Schritte eingeleitet, doch mit Blick auf die erforderliche Geschwindigkeit der Energiewende stellt er infrage, ob dies ausreiche.

Dass sein drittes Bündel politisch heikel sei, wisse er, so Meyer in seinem Vortrag. Doch ohne eine grundlegende Reorganisation und Verschlankung des Verteilnetzbetriebs – aktuell gibt es in Deutschland rund 860 Verteilnetzbetreiber – bleibe schwer vorstellbar, wie Geschwindigkeit und Kosteneffizienz ausreichend gesteigert werden können, ist er überzeugt. Zudem seien neue Finanzierungsmodelle erforderlich, um die hohen anstehenden Investitionen stemmen zu können. Nicht nur viele kleine Netzbetreiber würden da an ihre aktuellen Grenzen stoßen.

Ein Beitrag von:

  • Elke von Rekowski

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