Energieinfrastruktur 20.05.2025, 12:45 Uhr

Atomkraft sprengt Kosten – Photovoltaik spart Geld

Kernkraftwerke kosten im Schnitt doppelt so viel wie geplant und dauern lange. Solaranlagen dagegen bleiben oft im Budget. Eine neue Studie zeigt klare Unterschiede.

Photovoltaik

Infrastrukturprojekte aus dem Bereich Solar bleiben sehr viel besser im Budget als der Bau von Kernkraftwerken. Diese werden im Schnitt doppelt so teuer wie geplant.

Foto: PantherMedia / leungchopan (YAYMicro)

Eine umfassende Studie der Boston University zeigt, dass Energieinfrastrukturprojekte weltweit häufig ihr Budget überschreiten. Besonders Kernkraftwerke sind betroffen: Sie kosten im Schnitt doppelt so viel wie geplant und benötigen deutlich mehr Zeit. Solaranlagen schneiden hingegen oft besser ab – sowohl bei den Kosten als auch bei der Bauzeit.

Energieinfrastruktur weltweit unter Druck

Der weltweite Umbau der Energieversorgung bis 2050 wird enorme Investitionen erfordern. Die Internationale Energieagentur geht von über 100 Billionen US-Dollar aus, die in den Bau einer klimaneutralen Energieinfrastruktur fließen sollen. Doch eine neue Studie des Boston University Institute for Global Sustainability zeigt, dass viele dieser Projekte bereits heute mit erheblichen finanziellen und zeitlichen Problemen zu kämpfen haben.

Laut den Untersuchungen liegen mehr als 60 % der weltweit analysierten Energieprojekte über dem ursprünglichen Budget. Im Durchschnitt steigen die Kosten um 40 % und die Fertigstellung verzögert sich um fast zwei Jahre.

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Kernkraftwerke als besonders teure Projekte

Besonders deutlich zeigt sich das Risiko bei Kernkraftwerken. Diese Projekte überschreiten laut der Studie ihre geplanten Baukosten im Schnitt um 102,5 %. Das bedeutet: Die tatsächlichen Ausgaben liegen bei rund dem Doppelten der ursprünglich angesetzten Summe. Im Durchschnitt sind das 1,56 Milliarden US-Dollar zusätzlich – pro Projekt.

Auch bei der Bauzeit sind Atomkraftwerke Spitzenreiter in negativer Hinsicht. Die Verzögerungen sind meist deutlich ausgeprägter als bei anderen Technologien.

Erneuerbare schneiden besser ab

Im Gegensatz dazu zeigen sich Solaranlagen und Windparks als vergleichsweise verlässliche Investitionen. Projekte im Bereich Solarenergie werden häufig vorzeitig abgeschlossen oder bleiben unter den erwarteten Kosten. Auch Windkraft schneidet in der Analyse gut ab – sowohl an Land als auch auf See.

Stromübertragungsprojekte zählen ebenfalls zu den Technologien mit geringem Risiko. Sie lassen sich gut planen und werden mit relativ hoher Kostensicherheit realisiert.

Benjamin Sovacool, Direktor des IGS und Erstautor der Studie, fasst zusammen:
„Kohlenstoffarme Energiequellen wie Wind und Sonne haben nicht nur enorme Vorteile für das Klima und die Energiesicherheit, sondern auch finanzielle Vorteile aufgrund geringerer Baurisiken und geringerer Verzögerungswahrscheinlichkeit.“

Neue Technologien bringen Unsicherheit mit sich

Wasserstoffprojekte, Geothermieanlagen oder Technologien zur Kohlenstoffabscheidung sind in der Analyse hingegen weniger stabil. Auch wenn sie als Schlüssel zur Dekarbonisierung gelten, zeigen sie ein höheres Risiko für Zeitverzug und Kostenüberschreitungen. Das liegt nicht zuletzt an der noch jungen Entwicklung dieser Technologien und fehlender Erfahrungswerte im Großmaßstab.

Thermische Kraftwerke auf Erdgasbasis schneiden in der Studie ebenfalls schlecht ab – ein Hinweis darauf, dass auch etablierte fossile Systeme nicht frei von Risiken sind, insbesondere wenn sie als Übergangstechnologie dienen sollen.

Große Projekte – großes Risiko?

Ein zentrales Ergebnis der Studie betrifft die Projektgröße. Ab einer Kapazität von 1.561 Megawatt steigt das Risiko für Kostensteigerungen deutlich. Hanee Ryu, Mitautor der Studie, erklärt: „Dies deutet darauf hin, dass wir unseren Ansatz für die Planung groß angelegter Energieinfrastrukturen überdenken müssen.“

Die Erkenntnis legt nahe, dass kleinere, modulare Anlagen nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich vorteilhafter sein könnten. Sie lassen sich flexibler planen und anpassen – und bergen offenbar ein geringeres Risiko für Kostenexplosionen.

Basis der Analyse: 662 Projekte weltweit

Die Studie beruht auf einer umfangreichen Datensammlung: Untersucht wurden 662 Energieinfrastrukturprojekte aus 83 Ländern, die zwischen 1936 und 2024 gebaut wurden. Sie decken ein breites Technologiespektrum ab – von Kohlekraftwerken über Windparks bis hin zu Wasserstoffanlagen. Das gesamte Investitionsvolumen der betrachteten Projekte beträgt über 1,3 Billionen US-Dollar.

Besonders wertvoll ist die Studie auch deshalb, weil sie versucht, die Ursachen für Budgetüberschreitungen und Bauverzögerungen systematisch zu identifizieren. Dazu zählen unter anderem Probleme bei der Projektsteuerung, mangelnde Erfahrung mit bestimmten Technologien sowie strukturelle Risiken bei Großprojekten.

Hier geht es zur Studie

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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