Zement ersetzen mit Klärschlamm: So soll es gelingen
Klärschlamm als Zementersatz: Neue Studien zeigen, wie der Abfallstoff zur nachhaltigen Baustofflösung werden könnte.

Klärschlamm könnte als Sekundärrohstoff im Bauwesen dienen. Zwei Projekte aus Deutschland und Australien zeigen, wie mineralische Rückstände oder Mischungen mit Schlacke Zement ersetzen könnten.
Foto: PantherMedia / sherpanet
Zement belastet Klima und Umwelt. Neue Ansätze zeigen, wie Klärschlamm als alternativer Baustoff dienen kann. Zwei Forschungsteams aus Aachen und Australien testen derzeit, wie sich das Abfallprodukt sinnvoll und CO2-sparend verwerten lässt.
Zement: Klimasünder im Bauwesen
Zement ist weltweit ein Schlüsselmaterial. Doch seine Herstellung ist mit hohen CO2-Emissionen verbunden. Rund 8 % der globalen Treibhausgase gehen auf das Konto der Zementproduktion. Ein Grund dafür: Bei der Herstellung wird Kalkstein erhitzt. Dabei entsteht nicht nur CO2 durch den Energieeinsatz, sondern auch durch chemische Reaktionen im Brennofen.
Forschende aus aller Welt suchen deshalb nach Alternativen. Ein vielversprechender Ansatz: Klärschlamm, genauer gesagt die mineralischen Rückstände, die bei der Rückgewinnung von Phosphor entstehen.
Projekt REARRANGE: RWTH Aachen entwickelt Zementersatz
Drei Institute der RWTH Aachen arbeiten gemeinsam an einem interdisziplinären Projekt namens REARRANGE. Ziel ist es, mineralische Rückstände aus der Phosphorrückgewinnung als Zementersatz zu nutzen.
Bis 2029 müssen deutsche Kläranlagenbetreiber mindestens 80 % des im Klärschlamm enthaltenen Phosphors zurückgewinnen. Dadurch fallen jährlich rund 500.000 Tonnen mineralische Rückstände an. Anstatt diese zu deponieren, könnten sie künftig im Bauwesen Verwendung finden.
Ort: RWTH Aachen
Beteiligte Institute: IBAC, Lehrstuhl für Controlling, ISA
Zeithorizont: Umsetzung bis 2029
Hintergrund: Neue gesetzliche Vorgaben zur Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm
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Professorin Anya Vollpracht vom Institut für Baustoffforschung (IBAC) erläutert. „Wenn wir auch nur einen Teil des Zements ersetzen können, sparen wir CO2“. Die Forscherin sieht in den Rückständen ein Material mit Potenzial, das aus der Asche verbrannten Klärschlamms gewonnen wird.
Neben der technischen Realisierbarkeit untersucht Professor Peter Letmathe vom Lehrstuhl für Controlling, ob das Verfahren wirtschaftlich tragfähig ist. Auch politische Rahmenbedingungen werden einbezogen.
Das Institut für Siedlungswasserwirtschaft (ISA) bewertet zudem, ob weitere Wertstoffe wie Kupfer, Zink oder seltene Erden aus dem Klärschlamm nutzbar sind. Primäres Ziel bleibt jedoch die Verbesserung der Qualität der mineralischen Rückstände für die Bauindustrie.
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Australien: Klärschlamm für korrosionsfeste Abwasserrohre
Auch in Australien wird an Alternativen zu herkömmlichem Zement gearbeitet. Ein Team der University of South Australia (UniSA) testet eine Mischung aus Klärschlamm und Hochofenschlacke für die Herstellung von Abwasserrohren.
Betonrohre müssen in der Kanalisation hohen Belastungen standhalten. Insbesondere Säuren und Mikroorganismen setzen ihnen zu. Das neue Material zeigt hier Vorteile: Proben mit 20 bis 40 % Klärschlamm waren über 50 % druckfester als herkömmlicher Zement.
Ort: University of South Australia
Material: Mischung aus Hochofenschlacke und Klärschlamm
Stärke: Über 50 % höhere Druckfestigkeit gegenüber herkömmlichem Material
Vorteil: Längere Haltbarkeit und reduzierte Wartungskosten
Zusätzlich verlangsamte das Material die Zersetzung durch schwefeloxidierende Bakterien. Damit könnte sich die Lebensdauer von Abwasserrohren deutlich verlängern.
Weiwei Duan, Doktorand an der UniSA, sieht auch einen Umweltvorteil: „Schlamm wird normalerweise auf Deponien entsorgt, was nicht nur Fläche beansprucht, sondern auch CO2 verursacht.“ Die Wiederverwertung im Bausektor trägt zur Kreislaufwirtschaft bei.
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