Verkleidungsbauteile 06.08.2024, 14:24 Uhr

Wie man Bauteile aus Hanf anstatt Glasfaser erstellt

Das Fraunhofer IWU erforscht biologisch abbaubare Alternativen zu Glasfasern für Sheet Moulding Compounds (SMCs), indem sie Hanffasern und biobasierte Harze verwenden, um umweltfreundlichere Verbundwerkstoffe zu entwickeln.

Glasfaser

Naturfaserverstärkte SMC-Komponenten: Eine nachhaltige Alternative mit Hanffasern.

Foto: Fraunhofer IWU

Sheet Moulding Compounds (SMCs) sind langfaserverstärkte Halbzeuge, mit denen im Fließpressverfahren komplexe Teile mit guter Oberflächenqualität hergestellt werden können. Das Fraunhofer IWU in Zittau erforscht biologisch abbaubare Alternativen zu Glasfasern für solche Verbundwerkstoffe. Ziel ist es, wirtschaftliche Herstellungsverfahren zu entwickeln, um bald auf umweltfreundlichere biologische Materialien als Faserverstärkung umzusteigen.

Wo werden SMC-Bauteile eigesetzt?

SMC-Bauteile finden viele Anwendungen. Sie werden als Innenverkleidungen in Zügen und Bahnen, als Außenverkleidungen für LKW und Landmaschinen sowie zum Schutz von elektrischen Verteilerkästen und Schaltanlagen verwendet.

Dr. Rafael Cordeiro, ein Forscher am Fraunhofer-Kunststoffzentrum Oberlausitz, arbeitet an der Entwicklung von Innenverkleidungen für Züge, bei denen Glasfaser durch Naturfasern ersetzt wird. Hierbei wird Hanf verwendet, speziell die groben Fasern, die bei der Textilproduktion anfallen. In dem neuen SMC-Material machen Naturfasern etwa 15 Prozent aus. Mit dem geplanten Einsatz von biobasiertem Harz könnte dieser Anteil auf bis zu 38 Prozent steigen. Zusätzlich enthält das Material 55 Prozent Mineralstoffe wie Kalkstein und Bauxit. Die verbleibenden 7 Prozent sind petrochemische Zusatzstoffe, für die es derzeit noch keine biologischen Alternativen gibt. Hier sind einige wichtige Fakten zu Naturfaser-SMCs.

Herausforderung bei der Produktion

Eine Herausforderung bei der Produktion ist, dass Naturfasern Feuchtigkeit aufnehmen. In Ländern mit hoher Luftfeuchtigkeit kann deshalb eine vorherige Trocknung nötig sein, um Blasenbildung zu vermeiden. Auch die Art der Imprägnierung beeinflusst die Blasenbildung.

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„Das Naturfaser-SMC ist so entwickelt, dass für die Produktion größerer Stückzahlen nur sehr geringe zusätzliche Anlageninvestitionen und nur minimale Prozessparameteränderungen erforderlich sind“, erklärt Dr. Cordeiro.

Bei der Herstellung von Halbzeugen und Bauteilen durch Fließpressen gibt es keinen wesentlichen Unterschied in den Prozessen oder dem Energieverbrauch zwischen Naturfaser- und Glasfaser-SMCs. Die Halbzeugherstellung erfolgt bei Raumtemperatur, was den Energiebedarf gering hält. Die Formung der Bauteile geschieht in einem Heißpressprozess bei Temperaturen zwischen 110 °C und 150 °C. Diese Temperaturen sind niedriger als bei thermoplastischen Bauteilen, weshalb keine zusätzlichen Kühl- oder Heizzyklen für die Werkzeuge notwendig sind, was den Energieverbrauch weiter reduziert.

Wie das auf Menschen und Umwelt auswirkt

Wie bei allen Kunststoffprodukten besteht auch hier die Möglichkeit, dass Mikroplastik durch Abrieb entsteht. Die am Fraunhofer IWU in Zittau entwickelten Naturfaser-SMCs sind jedoch für Anwendungen gedacht, bei denen es zu keinem intensiven Abrieb kommt. Der Einsatz von Hanffasern anstelle von Glasfasern verringert Haut- und Atemwegsreizungen für die Mitarbeitenden bei der Herstellung, dem Umgang mit beschädigten Teilen und der Entsorgung. Außerdem entstehen bei der Produktion von Hanffasern deutlich weniger CO2-Emissionen als bei Glasfasern, was die Umweltauswirkungen reduziert.

Naturfaser-SMCs haben eine Lebensdauer von bis zu 30 Jahren, je nachdem, ob sie für Innen- oder Außenanwendungen verwendet werden. Die Witterungsbeständigkeit kann durch die Auswahl des Matrix-Harzes gezielt verbessert werden.

Nachhaltigkeitsbilanz von Naturfaser-SMCs noch nicht perfekt

Wie herkömmliche SMCs sind auch Naturfaser-SMCs nicht recycelbar. Sie sind zwar nicht komplett biologisch abbaubar, aber es gibt vielversprechende Ansätze, um die Naturfaser von der Matrix und dem Füllstoff zu trennen. So könnte die Naturfaser kompostiert und der Füllstoff wiederverwendet werden. Nach der Trennung sind die Fasern jedoch so klein, dass sie nicht mehr in SMC-Anwendungen verwendet werden können. Weitere Forschung ist nötig, um Möglichkeiten zur technologischen Wiederverwendung der kurzen Fasern zu entwickeln.

„Die Nachhaltigkeitsbilanz von Naturfaser-SMCs ist noch nicht perfekt. Aber sie ist schon heute wesentlich besser als bei glasfaserverstärkten Verbundmaterialien. Auch die Materialkosten stimmen. Somit sind die von uns entwickelten Alternativen zu klassischen Glasfaser-SMCs definitiv marktfähig. Die Herstellung nachhaltigerer SMC- Bauteile ist möglich“, resümiert Dr. Rafael Cordeiro.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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