Günstig, nachhaltig, schnell: 3D-Gebäudedruck geht in Serie
In Heidelberg wächst ein Wohnhaus Schicht für Schicht – aus der Düse: Ein Portaldrucker spritzt millimetergenau auf die Bodenplatte. Nach nur 33 Tagen steht der Rohbau eines dreigeschossigen Mehrfamilienhauses, insgesamt zwölf Wohnungen finden hier Platz. Das Besondere: Erstmals in Deutschland entsteht hier ein seriell geplantes 3D-gedrucktes Gebäude, dessen digitale Vorlage beliebig oft reproduzierbar ist. Die Lösung für Deutschlands Baukrise?
Ein Portaldrucker trägt Schicht für Schicht Beton auf – in Heidelberg entsteht Deutschlands erstes seriell gedrucktes Mehrfamilienhaus.
Foto: picture alliance/dpa/Uwe Anspach
Schon seit einigen Jahren laufen verschiedene Experimente mit dem 3D-Druck von Gebäuden. Beispielsweise wurde in Beckum 2021 das erste zweigeschossige Wohnhaus Deutschlands gedruckt und weltweit entstehen Demonstrationsprojekte zur Beständigkeit von gedruckten Gebäuden. Der Unterschied in Heidelberg liegt woanders: Hier entsteht erstmals in Deutschland ein größeres, seriell geplantes Mehrfamilienhaus, das als Referenzprojekt für den künftigen Wohnungsbau dienen soll.
Effizient & kostengünstig?
Mehr Haus pro Stunde, weniger Kosten pro Quadratmeter, beliebig oft reproduzierbar – so beschreiben die Projektbeteiligten ihr Ziel. Es gilt als „Turbo für den Wohnungsbau“, weil es in industrieller Manier nachdruckbar ist und weil hier erstmals in Deutschland evoZero von Heidelberg Materials eingesetzt wird. Dieser neue Hochleistungsbaustoff basiert auf CO₂-Abscheidung und Speicherung (CCS) und soll den CO₂-Fußabdruck des Betons drastisch reduzieren. Damit will Heidelberg Materials zeigen, dass 3D-Druck nicht nur schneller, sondern auch klimaverträglicher werden kann.
In dem Wohngebiet entstehen derzeit drei 3D-gedruckte Wohnhäuser – laut Hersteller 30 % schneller und 10 % günstiger als der Bau eines herkömmlichen Mehrfamilienhauses.
Der Experte Viktor Mechtcherine von der Technischen Universität Dresden sagt: „Wenn diese Zahlen zutreffen, wäre die Kostenreduktion durch den 3D-Druck im Vergleich zum konventionellen Bau tatsächlich ein Meilenstein.“
3D-Druck gegen Wohnungsmangel?
Laut dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung müssten bis 2030 jährlich 320.000 Wohnungen gebaut werden. Im Jahr 2024 konnten allerdings nur 250.000 fertiggestellt werden. Könnten 3D-gedruckte Gebäude in Zukunft die Wohnungsnot in Deutschland verringern?
„Wir sagen, dass wir vom Bauantrag – wenn die Behörden mitmachen – bis zur Fertigstellung es schaffen, unter zwölf Monaten hier ein Gebäude zu erstellen“, sagt Bauherr Hans-Jörg Kraus von der Krausgruppe.
Ein herkömmlicher Hausbau ist normalerweise nicht unter zwei Jahren zu schaffen. Das dreigeschossige 3D-gedruckte Haus mit zwölf Wohnungen in insgesamt 525,8 m² Wohnfläche konnte in 33 Tagen fertiggestellt werden.
Serielles Bauen – ein Schritt zur Lösung der Baukrise
Eine entsprechende Software erstellt auf Grundlage der Baupläne ein 3D-Modell des Gebäudes und legt damit auch fest, wo der Drucker den Beton drucken soll. Mit Tablet und Laptop wird auf der Baustelle etwa die Menge des Betons, der aufgetragen wird, kontrolliert und auch die Konsistenz wird geprüft.
Der entscheidende Fortschritt in Heidelberg liegt nicht nur in der Technik, sondern vor allem im Prinzip: Die Gebäude wurden so konzipiert, dass sie seriell produzierbar sind. Jedes Druckelement und jede Bemessung kann digital kopiert und auf einer anderen Baustelle identisch umgesetzt werden – ohne neue Baupläne erstellen zu müssen. Damit wird aus dem Einzelhaus ein skalierbares System, das sich für den industriellen Wohnungsbau eignet.
Problem ist nicht der Bau
Das Problem ist allerdings nicht das Bauen selbst, sondern vielmehr die Bürokratie, die damit einhergeht. Zwar gibt es durchaus Einsparpotenziale bei Kosten und Ressourcen, aber keine wirkliche Beschleunigung bei den Genehmigungsverfahren. Schwierig ist daher weniger die Druckgeschwindigkeit als der Verwaltungsaufwand und die langwierigen Genehmigungsverfahren. Die meisten Projekte benötigen Sondergenehmigungen – so auch in Heidelberg.
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