Roter Sand 02.06.2025, 10:42 Uhr

Deutschlands erster Offshore-Leuchtturm sucht neues Zuhause

Deutschlands erster Offshore-Leuchtturm wankt: Was mit dem Leuchtturm Roter Sand passieren soll – und warum der Umzug so schwierig ist.

Leuchtturm Roter Sand

Der Leuchturm Roter Sand trotzt seit über 100 Jahren Wellen und Wind. Nun soll er an Land gebracht werden. Verschiedene Bewerber streiten sich über den neuen Standort.

Foto: mauritius images / McPHOTO

Mitten in der Wesermündung ragt ein rot-weiß geringelter Turm aus dem Wasser: der Leuchtturm Roter Sand. Als er 1885 seinen Betrieb aufnahm, war er das erste fest gegründete Bauwerk auf hoher See. Heute gilt er als Wahrzeichen deutscher Ingenieurbaukunst – doch seine Zukunft ist ungewiss. Der Turm ist marode. Wind, Wellen und Korrosion haben ihm zugesetzt. Eine Versetzung an Land wird geprüft. Die Suche nach einem geeigneten Standort hat begonnen.

Die Idee für den Leuchtturm an der Weser

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm der Schiffsverkehr auf der Weser deutlich zu. Für die Sicherheit sorgten damals zwei Feuerschiffe in der Außenweser. Diese schwimmenden Seezeichen hatten jedoch gravierende Nachteile: Sie waren anfällig für Stürme, teuer im Unterhalt – und nie exakt ortsfest. 1878 zogen die Anrainerstaaten Bremen, Oldenburg und Preußen die Konsequenzen. Sie wollten das Seezeichenwesen modernisieren und dauerhaft sichern. Zunächst schlug der preußische Handelsminister ein drittes Feuerschiff vor. Doch der instabile Muschelsandgrund bei der Untiefe „Roter Sand“ sprach dagegen.

Noch im selben Jahr schlug das Tonnen- und Bakenamt in Bremerhaven eine Alternative vor: ein stationäres Leuchtfeuer auf See. Diese Lösung erschien nicht nur sicherer, sondern auch langfristig günstiger als der Betrieb eines weiteren Schiffes. Der Auftrag für das technische Konzept ging an Carl Friedrich Hanckes, den Leiter der Hafenbaudirektion. Hanckes entwickelte ein innovatives Bauwerk für die offene See. Das Fundament sollte auf einem Caisson ruhen – einem gewaltigen Senkkasten aus Eisen, der mit Beton gefüllt wird. Am 15. September 1880 endete die Ausschreibung. Den Zuschlag erhielt die Bremer Firma Bavier, Kunz & Weiß.

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Erster Versuch scheitert

Im Mai 1881 begann der Transport des fertigen Caissons zur Baustelle. Bereits auf dem Weg riss sich der Koloss los und strandete. Erst nach mehreren Tagen konnte er an Ort und Stelle gebracht werden. Doch der erste Absenkversuch misslang: Der Caisson kippte und ließ sich nicht mehr stabilisieren. Eine Herbststurmflut im Oktober zerstörte den ungesicherten Kasten. Das Unternehmen meldete Konkurs an. Trotzdem blieb Hanckes entschlossen. Er beantragte im März 1882 einen zweiten Versuch – diesmal mit höherem Budget und überarbeitetem Konzept. Den neuen Auftrag übernahm die Firma Harkort aus Duisburg.

Ein robusterer Caisson wurde gebaut und im Frühjahr 1883 zur Baustelle gebracht – etwa 1100 Meter nördlich des ersten Standorts. Am 28. Mai 1883 gelang das sichere Absenken. Diesmal hielt die Konstruktion Wind und Wellen stand. Im Mai 1884 war das Fundament fertiggestellt. Im Sommer folgte der Aufbau des Turms. Bis November stand das Bauwerk bis zur dritten Etage. Trotz Winterpause wurden die Arbeiten 1885 zügig abgeschlossen. Am 10. August war der Turm fertig, am 1. November entzündete sich erstmals das Leuchtfeuer. Nach sieben Jahren Planung war der Rote Sand vollendet – das erste dauerhaft betriebene Offshore-Bauwerk der Welt.

Fundament des Leuchtturms

Fundament des Leuchtturms: Der Senkkasten reicht ungefähr 10 m in den Meeresboden hinein.

Foto: PantherMedia / Morphart (YAYMicro)

Technische Besonderheiten

Der Leuchtturm Roter Sand ist nicht nur ein Symbol für maritime Navigation, sondern auch ein technisches Dokument seiner Zeit. Als das Bauwerk 1885 in Betrieb ging, war es das erste Offshore-Bauwerk der Welt, das fest auf dem Meeresboden gegründet war – in einem Bereich, der bis dato nur von schwimmenden Feuerschiffen markiert worden war. Die technischen Herausforderungen waren enorm.

Der Caisson als Schlüssel zur Gründung

Das Herzstück des Bauwerks ist sein Fundament. Es besteht aus einem zylinderförmigen Caisson aus Stahl, der auf den sandigen Meeresgrund abgesenkt wurde. Der Senkkasten misst über 18 Meter in der Höhe und reicht etwa zehn Meter tief in den Meeresboden hinein. Sein Innenraum wurde unter Druck gesetzt und als Tauchkammer genutzt, um die Sohle auszubaggern. Nach dem erfolgreichen Absenken füllten Arbeiter den Caisson mit über 300 Kubikmetern Beton. So entstand eine stabile Plattform, die den rund 52 Meter hohen Leuchtturm auch bei Sturm und starkem Seegang sicher trägt.

Die Besonderheit lag darin, dass die Konstruktion nicht wie herkömmliche Fundamente an Land angelegt werden konnte. Stattdessen musste sie im offenen Meer unter schwierigen Bedingungen abgesenkt und verankert werden – eine Pionierleistung des Ingenieurbaus.

Turmstruktur und Bauweise

Über dem Sockelbereich erhebt sich der konisch zulaufende Turmschaft, dessen Stahlkonstruktion in fünf Stockwerke unterteilt ist. Die optische Gliederung durch rot-weiße Farbringe entspricht exakt der internen Aufteilung: Jedes Farbfeld steht für ein Geschoss.

Die unterste Ebene dient als Lagerraum. Darüber liegt ein Schlafraum für die frühere Besatzung. Es folgen Küche, Aufenthaltsraum und das Laternenhaus an der Spitze. Im Aufenthaltsraum befinden sich drei nach außen ragende Erker. Zwei davon sind kleiner und beherbergten früher Quermarkenfeuer. Der dritte Erker ist größer, liegt höher und zeigte ein Nebenfeuer zur Einfahrt in die Außenweser.

Ein technisches Detail sticht besonders hervor: Der Balkon, der das Laternenhaus umläuft, lässt sich nicht komplett umrunden – ein hoher Erker blockiert den Rundgang. Das ist dem asymmetrischen Aufbau geschuldet, der wiederum aus nautischen Anforderungen resultierte.

Querschnitt des Leuchtturms Roter Sand

Vom Scheitel bis zur Sohle: Querschnitt des Leuchtturms Roter Sand.

Foto: PantherMedia / Morphart (YAYMicro)

Entwicklung der Lichttechnik

Ursprünglich brannte im Leuchtturm ein einfacher Petroleumbrenner mit zwei Dochten. Die Kennung – also das charakteristische Blinkmuster – wurde durch sogenannte Otterblenden erzeugt. Diese Blenden öffneten und schlossen sich regelmäßig über ein mechanisches Uhrwerk, das durch ein Gewicht an einer Kette angetrieben wurde. Die Energiequelle war rein mechanisch – das Uhrwerk lief durch das Eigengewicht der Kette, die durch den gesamten Turm fiel.

Bereits ein Jahr nach Inbetriebnahme stellte man auf elektrische Bogenlampen um – ein früher Schritt in Richtung Elektrifizierung. Der dafür nötige Strom kam über ein Seekabel von der Insel Wangerooge. Doch diese Versorgung erwies sich als störanfällig: Die Verbindung riss häufig ab. Deshalb kehrte man bereits 1893 wieder zum Petroleumlicht zurück.

Spätere Jahre brachten kontinuierliche technische Weiterentwicklungen. In den 1940er-Jahren baute man eine große Gürtelleuchte mit Glühlampen ein, ergänzt um eine Wechselvorrichtung, damit auch bei Ausfall einer Lampe Licht ausgestrahlt werden konnte. Gleichzeitig installierte man Telegrafentechnik und einen Nebelschallsender im Nordost-Erker.

Autarke Energieversorgung

Mit der Elektrifizierung des Turms im Jahr 1947 wurde die Energieversorgung deutlich robuster. Dieselaggregate erzeugten 110 Volt Gleichstrom und luden große Nickel-Eisen-Akkumulatoren auf. Diese speicherten genug Energie, um das Leuchtfeuer auch in der Nacht zuverlässig zu betreiben.

Das neue System ermöglichte erstmals den Einsatz einer 1000-Watt-Leuchte. Ihre Lichttragweite lag bei bis zu 9 Seemeilen (ca. 16,7 km). Damit erhöhte sich nicht nur die Reichweite, sondern auch die nautische Sicherheit im Seeverkehr deutlich.

Die präzise Aufteilung in Sektorfeuer (weiß, rot, grün) mit unterschiedlichen Tragweiten erlaubte es, durch die genaue Peilung die eigene Position im Fahrwasser zu bestimmen. Das Leuchtfeuer war damit nicht nur Signal, sondern ein funktionales Navigationsinstrument.

Letzte Phase: Automatisierung

Mit der Inbetriebnahme des Ersatzleuchtturms Alte Weser im Jahr 1964 wurde der Rote Sand technisch zurückgebaut. Die Hauptleuchte wurde durch ein kleines Propangasfeuer ersetzt, das automatisch arbeitete. Dieses diente in der Nacht als Gegenfeuer zum Leuchtturm Hohe Weg. Der Turm selbst wurde nicht mehr betreten und schließlich außer Dienst gestellt.

Damit endete die technische Nutzung – nicht aber die Bedeutung des Bauwerks. Bis heute ist der Leuchtturm ein Beispiel für die Ingenieurkunst der frühen Offshore-Zeit. Seine Technik erzählt von Übergängen – vom mechanischen Uhrwerk zum elektrischen Bogenlicht, von manueller Steuerung zur Automatisierung, von stationärem Personal zur Fernbedienung.

Symbol deutscher Ingenieurleistung

Mit dem Turm setzte das Deutsche Kaiserreich ein Signal: Der Bau galt als Meisterstück maritimer Ingenieurkunst. Auf der Weltausstellung 1900 in Paris wurde er sogar als Nachbildung ausgestellt – direkt am Fuß des Eiffelturms.

Technisch war der Turm seiner Zeit voraus: Das Absenken des Fundaments auf 22 Meter unter Niedrigwasser, die Druckkammertechnik im Caisson und die mehrjährige Bauzeit unter schwierigen Bedingungen machten ihn weltweit zum Vorreiter.

Stilllegung, Protest und Denkmalpflege

1964 ging der Ersatzleuchtturm Alte Weser in Betrieb. Der Rote Sand verlor seine Funktion. Der letzte Lichtschein erlosch am 12. November 1986 – nach über 100 Jahren Betrieb. Doch der Turm sollte bleiben. Proteste verhinderten Abrisspläne.

1983 gründete sich der Förderverein „Rettet den Leuchtturm Roter Sand“. Statt eines Neubaus an Land setzte man auf ein aufwendiges Sanierungskonzept: Eine Stahlmanschette wurde über das beschädigte Fundament gestülpt und mit Beton ausgegossen. So blieb der Turm an seinem Ort. Die Arbeiten wurden 1990 abgeschlossen.

Rückkehr der Schäden

Drei Jahrzehnte hielt die Konstruktion – doch seither nagt erneut die Zeit am Bauwerk. 2021 wurde ein Gutachten veröffentlicht: Starke Korrosionsschäden und die steigende Belastung durch Wellengang bedrohen die Standsicherheit.

Die Stiftung Leuchtturm Roter Sand prüft gemeinsam mit dem Bund und dem niedersächsischen Denkmalamt mehrere Optionen. Eine erneute Sanierung vor Ort würde bis zu 12,5 Mio. € kosten. Die Stiftung favorisiert daher einen Umzug an Land.

Ein Turm sucht ein neues Zuhause

Die geplante Versetzung ist ein Novum in Deutschland. Vier Standorte bewerben sich um den Turm: Bremerhaven, Wilhelmshaven, Hooksiel und Fedderwardersiel. Jede Gemeinde wirbt mit maritimer Nähe, touristischem Potenzial oder emotionaler Verbundenheit.

Bremerhaven etwa verweist auf die historische Verbindung: Hier wurde der Turm erbaut. Wilhelmshaven schlägt die Wiesbadenbrücke im Großen Hafen vor – gut erreichbar, aber fern vom Ursprungsort. Hooksiel hebt seine touristische Infrastruktur hervor. Fedderwardersiel betont, dem Ursprung des Turms am nächsten zu sein – direkt an der Außenweser.

Schwierige Entscheidung, viele Kriterien

Die Entscheidung soll noch im Sommer 2025 fallen. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle: Nähe zum Wasser, technische Machbarkeit, touristische Erschließung – und auch die Finanzierung. Noch ist offen, wie hoch die Kosten für den Abbau und Transport ausfallen werden.

Fest steht: Der rot-weiße Anstrich bleibt. Auch die Nutzung als Denkmal wird fortgeführt. Ein Abriss ist nicht mehr im Gespräch. (mit dpa)

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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