Eurofighter kehren zurück 19.07.2025, 10:00 Uhr

Das macht den Fliegerhorst Wittmundhafen so besonders

Der Fliegerhorst in Wittmund wird zum modernsten Militärflughafen Deutschlands ausgebaut – bei laufendem Betrieb und bewegter Geschichte.

Flugplatz Wittmundhafen

Noch wird am Flugplatz Wittmundhafen gebaut, doch die ersten Eurofighter kehren zurück. Bald wird der Fliegerhorst wieder eine wichtige Rolle bei der Luftverteidigung Europas übernehmen.

Foto: picture alliance/dpa/Sina Schuldt

Der Luftwaffenstützpunkt Wittmundhafen blickt auf über 100 Jahre wechselvolle Geschichte zurück – von Luftschiffen im Ersten Weltkrieg über Jagdbomber im Zweiten bis hin zu Eurofightern der Gegenwart. Seit 2020 wird die militärische Infrastruktur umfassend modernisiert.

Ziel: ein zukunftsfähiger NATO-Stützpunkt mit modernster Technik und verbesserter Logistik. Über 770 Millionen Euro fließen in neue Hallen, eine lärmschutzgedämmte Triebwerksprüfhalle und eine komplett erneuerte Start- und Landebahn. Der Flugbetrieb läuft seit Sommer 2025 wieder an – die letzte Alarmrotte kehrt aber erst 2026 vollständig zurück.

Ein traditionsreicher Standort im Wandel

Mitten in Ostfriesland, zwischen Wittmund und Aurich, liegt der Fliegerhorst Wittmundhafen – ein militärischer Flugplatz mit langer Geschichte. Er ist heute Heimat des Taktischen Luftwaffengeschwaders 71 „Richthofen“, das mit Eurofighter Typhoon ausgestattet ist. Zusätzlich fliegen dort auch zivil registrierte Jets vom Typ A-4 Skyhawk und Alpha Jet – betrieben von einem Dienstleister zur Luftkampfausbildung.

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Was wie ein typisch deutscher Bundeswehrstandort klingt, hat historische Wurzeln, die bis ins Jahr 1911 zurückreichen. Damals begann der Bau eines Landeplatzes für Luftschiffe. Heute ist Wittmundhafen einer der wichtigsten Standorte der deutschen Luftwaffe – und wird derzeit grundlegend modernisiert.

Von Zeppelin bis Phantom: Die Geschichte des Flugplatzes

Bereits 1916 landete das erste Heeresluftschiff in Wittmundhaven – so wurde der Ort damals noch mit „v“ geschrieben, wie bei allen Anlagen der Marine. Während des Ersten Weltkriegs diente der Standort der kaiserlichen Marineluftschiff-Abteilung. Im Juni 1919 wurden die letzten dort stationierten Luftschiffe zerstört – um sie nicht in die Hände der Siegermächte fallen zu lassen.

Die Hallen wurden abgebaut, das Gelände wurde Ackerland. Doch schon 1938 begann der Wiederaufbau – diesmal als Flugplatz für den Zweiten Weltkrieg. Heinkel He 111 starteten von dort zu Bombenangriffen auf England, später wurden Nachtjäger zur Sicherung der Marinebasis Wilhelmshaven stationiert.

Nach Kriegsende wurde der Flugplatz erneut aufgegeben. Erst 1950 begann die Royal Air Force mit dem Wiederaufbau, ab 1963 war der Stützpunkt offiziell Heimat des neu gegründeten Jagdgeschwaders 71 „Richthofen“.

Luftwaffenstützpunkt Wittmundhafen auf einen Blick

  • Ort: Wittmund, Ostfriesland (ICAO-Code: ETNT)
  • Einrichtung: Taktisches Luftwaffengeschwader 71 „Richthofen“
  • Hauptwaffensystem: Eurofighter Typhoon (35 Jets)
  • Zusätzliche Nutzung: Zieldarstellungsflüge durch Top Aces (A-4N, Alpha Jet)
  • Beginn der Baumaßnahmen: 2020
  • Gesamtinvestition: rund 774 Millionen €
  • Fertigstellung: voraussichtlich bis 2031
  • Neubauten u. a.: Start- und Landebahn, Instandsetzungshalle, Lärmschutzhalle, Wachgebäude, Waffenkammer
  • Rückkehr Eurofighter: Juli 2025
  • Vollständiger Flugbetrieb: geplant ab Q4/2026

 

Eurofighter statt Phantom: Der Wandel ab 2013

Bis 2013 flogen in Wittmund die letzten F-4 Phantom II der Bundeswehr. Mit dem Wechsel auf den Eurofighter Typhoon begann eine neue Ära – und zugleich die Notwendigkeit einer grundlegenden Sanierung. Denn die Infrastruktur aus den 1960er Jahren war in vielen Bereichen veraltet und für das neue Waffensystem nicht geeignet.

Die Bundeswehr entschloss sich daher, den Standort umfassend zu modernisieren. Seit 2020 laufen die Bauarbeiten – unterteilt in mehrere Bauphasen, teilweise bei weiterlaufendem Betrieb. Der vollständige Umzug des Geschwaders nach Laage war Anfang 2022 notwendig, um unter anderem die Start- und Landebahn vollständig zu erneuern.

Die Rückkehr der Eurofighter

Am 17. Juli 2025 kehrten die ersten vier Eurofighter nach Wittmund zurück. Geschwaderkommodore Oberst Björn Andersen landete als Erster – auf seinem Jet stand in großen Lettern „Back again“. Die Stimmung auf dem Rollfeld war entsprechend emotional. „Mann, ist das ein geiles Gefühl“, sagte Andersen nach der Landung. Trotz der langen Abwesenheit habe das Geschwader seine Aufgabe erfüllt: die Sicherung des deutschen Luftraums.

Bis zum vollständigen Abschluss des Umzugs wird es jedoch noch dauern. Die sogenannte Alarmrotte – zwei Kampfjets in ständiger Bereitschaft – verbleibt bis mindestens Ende 2026 in Rostock-Laage. Der Normalbetrieb in Wittmund soll ab August 2025 wieder schrittweise aufgenommen werden.

Eurofighter auf dem Fliegerhorst Wittmundhafen

Zwei Eurofighter stehen auf dem Flugplatz Wittmundhafen. Die Bundeswehr beginnt mit der Rückverlegung der Eurofighter des Taktischen Luftwaffengeschwader 71 «Richthofen» vom Luftwaffenstützpunkt Laage (Landkreis Rostock) ins ostfriesische Wittmund.

Foto: picture alliance/dpa/Sina Schuldt

Großbaustelle NATO-Flughafen: Zahlen und Zeitplan

Die laufenden Bauarbeiten sind Teil eines der umfangreichsten Infrastrukturprojekte der Bundeswehr. Zwischen 2020 und 2031 investiert der Bund rund 774 Millionen Euro in Wittmundhafen. Ziel ist ein zukunftsfähiger NATO-Flugplatz mit moderner Technik, kurzen Wegen und optimierter Logistik.

Einige Maßnahmen im Überblick:

Maßnahme Zeitraum Kosten (geschätzt)
Sanierung Start-/Landebahn 08/2021–06/2025 ca. 155 Mio. €
Neubau Lärmschutzhalle 12/2020–08/2025 ca. 27 Mio. €
Neubau Instandsetzungshalle 07/2021–07/2025 ca. 68 Mio. €
Neubau Luftfahrzeughalle (QRA) 04/2020–09/2025 ca. 33 Mio. €
Neubau Wachgebäude 11/2022–06/2025 ca. 4 Mio. €
Sanierung Flugzeug-Shelter 10/2019–06/2026 ca. 60 Mio. €
Neubau Waffenkammer 11/2022–06/2025 ca. 4 Mio. €

Dazu kommen umfangreiche Tiefbaumaßnahmen für Wasser, Abwasser, Strom, IT und Wärmeversorgung – alles wird neu verlegt. Der Rückbau der alten Materialien erfolgt umweltschonend mit fast vollständiger Wiederverwertung.

Was den Standort besonders macht

Wittmundhafen ist einer von nur vier Eurofighter-Standorten in Deutschland – und für den Norden militärisch besonders relevant. Hier war lange Zeit die Alarmrotte für Norddeutschland stationiert, die im Ernstfall innerhalb weniger Minuten aufsteigen muss. Die Nähe zur Nordsee, aber auch zur NATO-Kommandostruktur, macht den Stützpunkt strategisch bedeutsam.

Zudem ist der Flugplatz auch zivil genutzt. Seit 2015 betreibt die Firma Top Aces dort Trainingsflüge mit Jets vom Typ A-4N und Alpha Jet, um die Luftwaffe bei der Luftkampfausbildung zu unterstützen. Der Vertrag mit dem kanadischen Anbieter läuft bis 2027.

Ein Projekt mit vielen Beteiligten

Die Projektleitung liegt beim Staatlichen Baumanagement Region Nord-West. Für die Umsetzung ist das Kompetenzzentrum Baumanagement Hannover zuständig. Gemeinsam koordinieren sie Hoch- und Tiefbau, Logistik und Infrastruktur – unter den besonderen Anforderungen eines militärischen Sicherheitsbereichs.

Maike Middelkampf, Leiterin der zuständigen Regionalstelle, betonte: „Infrastruktur der Bundeswehr ist über Jahre kaputtgespart worden. Das ist ein Riesenaufwand, das innerhalb der kurzen Zeit wieder aufzubauen.“

Blick in die Zukunft

Bis 2030 sollen die wesentlichen Arbeiten abgeschlossen sein. Danach bleibt noch Feinarbeit – doch der Grundstein für eine moderne militärische Infrastruktur ist gelegt. Die Bundeswehr will mit Wittmundhafen einen Standort betreiben, der den Anforderungen künftiger Einsatzszenarien gewachsen ist. Ob Luftverteidigung, Bündnisverpflichtungen oder Luftkampfausbildung – der Fliegerhorst in Ostfriesland soll dafür gerüstet sein. (mit dpa)

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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