Dach eines Supermarkts stürzt ein: Warum versagte die Statik?
Dach stürzt in Lauchringen ein. Vier Verletzte, Ursache unklar. Wir erklären, wie Gutachter vorgehen – von Entwässerung bis PV.
Einsatzkräfte der Feuerwehr arbeiten an einem Supermarkt. Beim teilweisen Einsturz eines Supermarktdachs in Lauchringen in Baden-Württemberg sind am 6. September mehrere Menschen verletzt worde.
Foto: picture alliance/dpa | Stein
In Lauchringen ist am 6. September das Dach eines Supermarkts teilweise eingestürzt. Vier Kunden wurden verletzt, zwei davon schwer. Lebensgefahr bestand nicht. Die Ursache ist noch offen, Sachverständige untersuchen die Statik. Für die Ursachenforschung kommen Entwässerung, Verbindungen, Zusatzlasten und Umbauten infrage.
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Was passiert ist
Samstag, kurz vor 18 Uhr in Lauchringen. An den Kassen ist es ruhig. Dann ein Knall. Balken geben nach. Deckenplatten und Dämmung rauschen zu Boden. „Innerhalb von drei Sekunden sackte das Dach ab“, sagt Mike König, stellvertretender Kommandant der Feuerwehr Lauchringen. „Das hätte viel schlimmer ausgehen können. Wir haben Glück gehabt, dass so wenig im Markt los war und dass so wenige Leute an der Kasse anstanden.“
Die Einsatzkräfte räumen den Markt, suchen mit Wärmebildkameras nach Menschen. Niemand wird verschüttet. Vier Kunden sind verletzt, zwei davon schwer. Lebensgefahr besteht nicht. Die Polizei sperrt das Gebäude ab. Der Kassenbereich ist am stärksten betroffen.
Insgesamt befanden sich 26 Menschen im Markt. Feuerwehr, Rettungsdienst, Polizei und Technisches Hilfswerk rücken mit großem Aufgebot an. Ein Rettungshubschrauber landet, muss aber niemanden transportieren. Die Solaranlage auf dem Dach wird spannungsfrei geschaltet. Das Gebäude bleibt gesperrt. Sachverständige sollen die Statik prüfen und die Ursache ermitteln.
Wie eine technische Untersuchung jetzt vorgeht
Erfahrene Gutachter rollen solche Fälle in Etappen auf:
- Spurensicherung: Fotos, Laserscans, Proben von Holz, Stahlverbindern, Schrauben und Nägeln. Üblich ist, Bruchflächen zu konservieren, um spätere Laboranalysen zu ermöglichen.
- Dokumentenprüfung: Pläne, statische Berechnungen, Prüfberichte, Wartungsprotokolle.
- Lastannahmen checken: Welche ständigen Lasten (Eigengewicht + PV), welche veränderlichen Lasten (Nutzung, Wind, Schnee) wurden angesetzt?
- Entwässerung und Gefälle: Funktionierte die Haupt- und Notentwässerung? Bei Flachdächern sind beispielsweise Notüberläufe Pflicht, um Wassersäcke zu verhindern.
- Umbauten und Einbauten: Wurden in den letzten Wochen Änderungen vorgenommen? Die Filiale war renoviert und Mitte August wiedereröffnet. Jede zusätzliche Last im Deckenbereich kann die Statik beeinflussen.
Mögliche Fehlerbilder – ohne Vorgriff auf Lauchringen
Die folgenden Szenarien sind typische Muster bei großflächigen Dächern. Sie sind keine Festlegung für den vorliegenden Fall.
- Entwässerung versagt: Innenliegende Abläufe schaffen das Wasser nicht. Es bildet sich „Ponding“. Jeder Zentimeter mehr erhöht die Last drastisch.
- Verbindungen schwach: Handelsbauten nutzen oft Holzbindersysteme. Bei Nagelplattenbindern sind Schwachstellen bekannt – vor allem bei Feuchte oder mangelnder Kontrolle.
- Zusatzlasten auf dem Dach: Photovoltaik bringt zusätzliche Last und verändert Windströmungen. Fehler bei Befestigung oder Ballastierung können Lasten lokal konzentrieren.
- Umbau-Effekte: Nachträgliche Öffnungen, Abhängungen oder Deckenbekleidungen verändern Lastpfade und können Reserven reduzieren.
- Vorschäden und Feuchte: Eindringendes Wasser schwächt über Jahre Holzquerschnitte und Verbinder.
Die freiwilligen Feuerwehrleute gehen bei einer ersten Schätzung von einem Millionenschaden allein am Gebäude aus. Die Waren – und besonders die gekühlten und gefrorenen – werden verderben.
Der Stand in Lauchringen – was gesichert ist
- Teil-Einsturz am 6. September gegen 17:40 Uhr, Schwerpunkt Kassenbereich. Vier Verletzte, zwei davon schwer, keine Lebensgefahr.
- 26 Personen im Markt, Markt war erst kürzlich nach Renovierung wieder offen.
- PV-Anlage auf dem Dach wurde aus Sicherheitsgründen abgeschaltet.
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