Brücke fast abgerissen – 3D-Druck rettet mit Kaltgasspritzen
Schlecht gewartete stählerne Bauwerke können mit einer Technik namens Kaltgasspritzen wieder fitgemacht werden.

Marode Stahlbrücken und andere Stahlbauteile lassen sich mit einem innovativen Kaltspritzverfahren schnell und kostengünstig sanieren.
Foto: Smarterpix / david734244
Dass Brücken aus Spannbeton vorzeitig den Dienst versagen und abgerissen werden müssen, weiß man nicht zuletzt in Deutschland sehr gut. Vor allem Lkw mussten in den vergangenen Jahren, und auch heute noch, endlose Umleitungen in Kauf nehmen und manchmal sogar über die Dörfer fahren. Armierungen aus edelstahlummanteltem Baustahl könnten langfristig für Abhilfe sorgen und die Lebensdauer der Brücken auf mehr als 100 Jahre verlängern, wir hatten darüber berichtet.
Brückenrettung in Massachusetts
Doch auch Brücken und andere Bauwerke aus Stahl sind gefährdet, wenn sie nicht regelmäßig abgeschliffen und mit Rostschutzfarbe gesichert werden. Rost frisst mit der Zeit die Substanz auf, sodass die Tragfähigkeit leidet. So ist es einer Stahlbrücke in Great Barrington im US-Bundesstaat Massachusetts ergangen, die den Housatonic River überquert.
In ein paar Jahren hätte sie tatsächlich abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden müssen. Doch jetzt haben Ingenieure des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge bei Boston und der University of Massachusetts Amhurst (UMass Amherst) sie mit einem neuen Verfahren gerettet. Sie ersetzten „einfach“ den fehlenden durch neuen Stahl. Und zwar mit einem neuen 3D-Druckverfahren.
Mobile Anlage für die Rettung von Immobilien
Wobei „einfach“ die Sache nicht wirklich trifft. Zwar ist das eingesetzte Kaltgasspritzen bereits erprobt, um Objekte aus Stahl, die vom Rost angenagt sind, wieder fit zu machen. Doch diese waren mobil, Schiffe etwa, und konnten so zu der Spritzanlage fahren. Brücken können das naturgemäß nicht.
Also machten sich die Ingenieure daran, eine mobile Anlage zu bauen, die vor Ort eingesetzt werden kann. Damit gelang es ihnen, eine schadhafte Stelle der Brücke auszubessern. Was allerdings nichts daran änderte, dass sie nur eingeschränkt befahrbar ist. Doch es sollte ja nur demonstriert werden, dass sich das Verfahren eignet, marode Brücken zu sanieren, so die Ingenieure.
Mit Überschallgeschwindigkeit ins Ziel
Die Bezeichnung der Technik mit „Kaltgasspritzen“ führt ein wenig in die Irre. Der Reparaturprozess findet bei einer Temperatur von einigen 100 Grad Celsius statt. „Kalt“ ist relativ gemeint, denn die Temperatur liegt weit unter der Schmelztemperatur von Stahl und Eisen.
In der Spritzanlage wird ein inertes Gas wie Stickstoff oder Helium erhitzt und durch eine feine Düse ausgestoßen, und zwar mit einer Geschwindigkeit von deutlich mehr als 1000 Kilometern pro Stunde. Das Gas reißt feine Eisenpartikel mit sich, die mit gewaltiger Wucht auf die Reparaturstelle prasseln und dort festbacken. Der Spritzprozess wird so oft wiederholt, bis die Sollstärke des Materials wieder erreicht ist.
Schneller, kostengünstiger, einfacher
„Unseres Wissens ist dies eine Premiere“, sagt Simos Gerasimidis, Assistenzprofessor für Bau- und Umweltingenieurwesen an der UMass Amherst und ehemaliger Gastprofessor am Department Bauingenieurwesen und Umwelttechnik des MIT. „Nachdem wir nun diese Reparatur als Proof-of-Concept abgeschlossen haben, sehen wir einen klaren Weg zu einer Lösung, die viel schneller, kostengünstiger und einfacher ist als bisherige Sanierungstechniken.“
Laut dem Bericht „2025 Report Card for America’s Infrastructure“ sind 49 Prozent der Brücken in den USA nur in „befriedigendem“ Zustand und 6,8 Prozent werden als „mangelhaft“ eingestuft. Die Kosten für ihre Sanierung werden auf über 191 Milliarden US-Dollar geschätzt, wenn keine neuen Techniken eingesetzt werden.
Reparatur ohne Brückensperrung
Ein weiterer großer Vorteil dieser Technik besteht darin, dass Reparaturen mit minimalen Verkehrsbeeinträchtigungen durchgeführt werden können. „Jedes Mal, wenn man Reparaturen an einer Brücke durchführt, muss man sie für den Verkehr sperren“, so Gerasimidis. „Mit unserer Technik können wir die Brücke reparieren, während der Verkehr weiterfließt.“
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