Deutscher Maschinenbau schlägt Alarm
Beim Deutschen Maschinenbau-Gipfel in Berlin werden die Probleme der exportorientierten Branche deutlich. Die erfolgsverwöhnte Industrie sieht sich an einem Kipppunkt. Sie erwartet ein beherztes Handeln der Politik und stellt etablierte Geschäftsmodelle auf den Prüfstand.
„China ist zum größten globalen Wettbewerber im Maschinen- und Anlagenbau aufgestiegen", sagte VDMA-Präsident Bertram Kawlath auf dem Maschinenbaugipfel 2025 in Berlin. Foto. picture alliance/dpa | Soeren Stache
Der deutsche Maschinen- und Anlagenbaubau steht an einem Kipppunkt. Auf dem Maschinenbau-Gipfel in Berlin bezeichnete VDMA-Präsident Bertram Kawlath in seiner Rede im Beisein von Bundeskanzler Friedrich Merz die Lage sogar als bedrohlich. Der Maschinenbau habe zum wirtschaftlichen Aufschwung der Bundesrepublik beigetragen und die Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik geprägt. Das sei nun in Gefahr.
VDMA korrigiert Prognose für die Produktion 2025 nach unten
Zum dritten Mal in Folge erlebt die Branche laut aktuellen VDMA-Prognosen in diesem Jahr einen Abschwung in der Produktion gegenüber dem Vorjahr. Seit Jahresbeginn hat sich die Situation sogar verschlechtert. „Bisher gingen wir von einem Minus von 2 % aus, nun rechnen wir mit -5 % für 2025“, sagte Kawlath. Bereits 2024 war die Produktion gegenüber dem Vorjahr um 6,9 % zurückgegangen. Von der Politik fordert Kawlath deshalb einen „Herbst des Handelns“. Im Pressegespräch betonte er: „Die Unternehmen sind wütend über Reformen, die versprochen, aber nicht schnell genug umgesetzt werden. Über Handelskriege, die auf dem Rücken der Betriebe ausgetragen werden. Über Regulierungen, die in erster Linie zu ausufernder Bürokratie führen und vielfach von industriellen Mittelständlern gar nicht erfüllt werden können.“
Wettbewerbsnachteile bei Exporten nach China und in die USA
Deutlich machte Kawlath das mit Blick auf die wichtigsten Exportregionen des Maschinen- und Anlagenbaus außerhalb Europas. Im Blick hat er dabei vor allem die USA und China: „Strafzölle und Drohungen sind Gift für langfristige Investitionen, die gerade in unserer Industrie eine entscheidende Rolle spielen.“ Die jüngste Ausweitung der US-Zölle treffe den europäischen Maschinenbau ins Mark: Denn rund 40 % der Maschinenimporte aus der EU in die USA unterliegen nun einem Zoll von 50 % auf den Metallanteil des Produkts. „Das führt für unsere Unternehmen zu zwei gravierenden Problemen: Zum einen wird die Liste von den US-Behörden alle vier Monate überprüft und kann jederzeit erweitert werden – eine tickende Zeitbombe für unsere Branche“, warnte der VDMA-Präsident. Damit sei die durch den Zoll-Deal erhoffte Planungssicherheit für künftige Geschäfte faktisch aufgehoben.
Für die Maschinenbauunternehmen bestehe die größte Herausforderung nun darin, den Metallanteil zu berechnen und zu belegen sowie die Herkunft des eingesetzten Stahls und Aluminiums nachzuverfolgen. „Für viele Firmen ist das schlicht nicht möglich, da sie zahlreiche Zulieferer haben und diese solche Detaildaten teilweise nicht bereitstellen“, so Kawlath. Im schlimmsten Fall drohten 200 % Zoll auf das gesamte Produkt. „Deshalb stoppen einige Unternehmen ihre Exporte – das Risiko ist schlicht zu hoch“, resümierte Kawlath. Er forderte: „Die Europäische Union muss den USA deutlich machen, dass unsere Maschinen die amerikanische Produktion und den Export ermöglichen – und daher von Strafzöllen auszunehmen sind.“

US-Zölle auf Stahl und zunehmender Wettbewerb aus China belasten den Maschinenbau. Das Bild zeigt eine Reinigungsanlage in der ETA-Fabrik in Darmstadt.
Foto: M. Ciupek
Mit Blick Richtung Asien sagte der VDI-Präsident: „China ist zum größten globalen Wettbewerber im Maschinen- und Anlagenbau aufgestiegen. Weil chinesische Unternehmen enorm aufgeholt haben. Aber auch, weil sie vom chinesischen Staat unfair subventioniert werden.“ Stellvertretend für die Branche fragte er: „Wo bleibt die politische Antwort, wo bleibt eine China-Strategie der neuen Bundesregierung?“
Kostenprobleme am Standort Deutschland belasten den Maschinenbau
Umso schwerer wiegen für ihn die Kostenprobleme des Standorts Deutschland: Bürokratie, Steuern, Lohnnebenkosten, Energie – „überall muss angesetzt werden“, forderte Kawlath. Erwartet und notwendig sei jetzt eine klare politische Agenda, mit der erkennbar werde, wie die Wirtschaft, Arbeitsplätze und auch der Sozialstaat gesichert werden sollen. „Dieser Kurs muss jetzt beschlossen und beherzt verfolgt werden. Es ist keine Zeit mehr für lange Debatten in Kommissionen oder für Koalitionsstreitigkeiten“, unterstrich er.
Das bedeutet aber nicht, dass die Unternehmen der Branche nun auf Impulse aus der Politik angewiesen sind. Der VDMA sieht diese nun gefordert, ihre Wettbewerbsfähigkeit für die kommenden Jahre durch eigene Maßnahmen zu sichern. Das heißt: etablierte Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten auf den Prüfstand stellen und für eine Welt fit machen, in der insbesondere Digitalisierung und künstliche Intelligenz eine immer größere Rolle spielen.
Auf dem 15. Deutschen Maschinenbau-Gipfel hat der VDMA dazu mit seinem Partner McKinsey die Studie „Wettbewerbsfähigkeit in einer neuen Ära – Erfolgsfaktoren, Trends und Handlungsansätze im europäischen Maschinen- und Anlagenbau“ vorgestellt. Darin werden unter anderem acht Erfolgsfaktoren von operativer Exzellenz über Innovation bis zur geopolitischen Resilienz beschrieben. Dorothee Herring, Studienautorin und Senior Partner von McKinsey, dazu: „Es geht jetzt darum, die Innovationskraft der Branche zu entfesseln – nicht nur in den Produkten, sondern auch in den Prozessen und Geschäftsstrategien.“
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