Klassifizierungssystem für Roboter entwickelt
Die TUM entwickelt ein Prüfsystem, das Roboter nach Feinfühligkeit und Leistung bewertet – ein Schritt hin zum Gütesiegel für sichere Mensch-Roboter-Interaktion.
Robin Kirschner und ihr Team am Munich Institute of Robotics and Machine Intelligence (MIRMI) arbeiten daran, die Zusammenarbeit zwischen Menschen und kollaborativen Industrierobotern (Cobots) sicherer und besser zu machen.
Foto: Andreas Heddergott / TU Muenchen
Ein neu entwickeltes Klassifizierungssystem macht die Feinfühligkeit und Leistungsfähigkeit von Robotern erstmals messbar. Es basiert auf einem standardisierten Prüfverfahren und bildet die Grundlage für ein Gütesiegel in der Robotik. Entwickelt wurde das System am AI Robot Safety & Performance Center des Munich Institute of Robotics and Machine Intelligence (MIRMI) der Technischen Universität München.
Damit Roboter sicher und flexibel mit Menschen zusammenarbeiten können, brauchen sie ein gutes Feingefühl. Das ist besonders wichtig, wenn sie Aufgaben eigenständig ausführen sollen. Bisher gab es jedoch kein einheitliches Verfahren, um diese Feinfühligkeit – und damit die Eignung eines Roboters für körperliche Interaktionen – zu messen. Dafür wurde ein Bewertungssystem entwickelt, mit dem man Industrieroboter und später auch andere Roboter – wie mobile oder humanoide Modelle sowie robotische Hände – miteinander vergleichen kann.
Basis für Robotik-Gütesiegel
„Die TUM MIRMI-Testmethodik hat das Potenzial, sich als industrieller Prüfstandard zu etablieren“, sagt der stellvertretende MIRMI-Direktor und Professor für die Perzeption von intelligenten Systemen, Achim Lilienthal. Man habe damit die Grundlage geschaffen, um ein Gütesiegel für den schnell wachsenden Robotikmarkt zu etablieren. Es sei eine große Hilfe für die Industrie, die Leistungsfähigkeit von Robotersystemen einschätzen zu können, um diese gezielt einsetzen zu können.
„Ausgehend von der ursprünglichen Idee bin ich mir sicher, dass sich das AI Robot Safety & Performance Center des TUM MIRMI zu einem unabhängigen nationalen Testzentrum für Robotik entwickeln wird“, wird TUM MIRMI Executive Director Prof. Lorenzo Masia in einer Pressemitteilung zitiert.
„Tree of Robots“ nach Darwins „Baum des Lebens“ entwickelt
Im ersten Schritt haben die Forschenden einarmige Roboter verschiedener Hersteller untersucht und eingeordnet – Roboter, wie sie häufig in Industrie und Forschung genutzt werden. Obwohl viele dieser Roboterarme ähnlich aussehen, unterscheiden sie sich deutlich. Sensoren, Motoren und die Steuerung – also das „Gehirn“ der Roboter – sind jeweils unterschiedlich aufgebaut. Deshalb bringt jeder Roboter andere Stärken mit: Manche arbeiten besonders kraftvoll und präzise, andere sind eher sanft, flexibel und feinfühlig im Umgang mit ihrer Umgebung.
Um die Unterschiede zwischen Robotern sichtbar zu machen und den schnellen Fortschritt in der Robotik zu zeigen, haben Forschende am AI Robot Safety & Performance Center von TUM MIRMI den sogenannten „Tree of Robots“ entwickelt. Dieser orientiert sich am „Baum des Lebens“ von Charles Darwin – statt die Entwicklung von Lebewesen darzustellen, zeigt er jedoch, wie unterschiedlich sich Roboter an ihre jeweiligen Einsatzbereiche angepasst haben.

Die Forschenden Alessandro Melone, Kübra Karacan und Robin Kirschner (v.l.n.r.) entwickeln im AI Robot Safety & Performance Center des TUM MIRMI ein Klassifizierungssystem, das Roboter nach Feinfühligkeit und Leistung bewertet.
Foto: Andreas Heddergott / TU Muenchen
Feingefühl messbar machen
Die Laborleiterin Robin Kirschner erklärte, dass dabei die grundlegenden Fähigkeiten eines Roboters betrachtet würden – etwa, wie genau er einem vorgegebenen Weg folgt, wie präzise er Positionen erreicht, wie feinfühlig er Oberflächen berührt und wie sicher er bei möglichen Kollisionen mit Menschen reagiert.
Wie gefühlvoll ein Roboter mit seiner Umgebung umgeht, lässt sich anhand von 25 verschiedenen Messwerten zur sogenannten Taktilität bewerten. Diese Werte zeigen etwa, ob ein Roboter die vorgesehene Kraft exakt ausübt oder unbeabsichtigt zu stark drückt – was im schlimmsten Fall zu Verletzungen beim Menschen führen könnte. Die Ergebnisse werden in einem Spinnendiagramm dargestellt. So wird auf einen Blick sichtbar, wie feinfühlig ein Roboter ist – selbst für Menschen ohne technisches Vorwissen.
TUM ordnet Roboter nach Grundfähigkeiten
Je nach Leistungsfähigkeit ordnen die Forschenden die Roboter in vier Klassen ein: „Industrial Robots“, „Cobots“, „Softrobots“ und „Tactile Robots“. Welche Eigenschaften dabei wichtig sind, hängt vom Einsatzbereich ab. In der Chirurgie zählt vor allem hohe Präzision, während in Lagerhallen oder Produktionsstätten eher Kraft und Ausdauer gefragt sind – also die Fähigkeit, bestimmte Bewegungen zuverlässig und viele Male hintereinander auszuführen.
„Wir kombinieren schon bestehende Bewegungsmetriken mit unseren neuen taktilen Metriken und geben so erstmals einen Überblick über die Gesamtheit der Grundfähigkeiten für physische Interaktion eines robotischen Systems“, erklärt Kirschner.
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