Hochschule 07.12.2012, 20:10 Uhr

Maschinenbaustudium: Überdurchschnittliches Abitur notwendig

Maschinen- und Anlagenbauer sind gefragt. Um für den nötigen Nachwuchs zu sorgen, müssen die Hochschulen unter der Vielzahl der Bewerber nicht nur die richtigen finden, sondern sie auch erfolgreich durchs Studium bringen. Damit die Erfolgsquote möglichst hoch ist, wird vor Studienbeginn kräftig sortiert.

Studenten beginnen ein Studium oft mit falschen Vorstellungen.

Studenten beginnen ein Studium oft mit falschen Vorstellungen.

Foto: Uni Paderborn

„Viele gehen, was die Inhalte, den Arbeitsaufwand und das spätere Berufsbild angeht, mit völlig falschen Erwartungen ins Maschinenbaustudium“, beobachtet VDMA-Bildungsexperte Norbert Völker. Die entscheidenden Weichen für den Erfolg oder Misserfolg werden nach Völkers Überzeugung bei der Aufnahme der Studierenden und in der Studieneingangsphase gestellt. „Wir brauchen eine breite Diversität“. An alten Denkmustern nach dem Motto „Ein Maschinenbauer ist männlich, hat einen Abiturdurchschnitt von 1,5 und lässt sich das Studium von den Eltern bezahlen“ festzuhalten, ist laut Experten schon lange nicht mehr zielführend.

53 % der Maschinenbau-Bacheloranwärter an den Universitäten und 32 % an den Fachhochschulen geben ihr Studium wieder auf, besagt eine Untersuchung des Hochschulinformationssystems (HIS) vom März 2012.

Maschinenbaustudium: Hohe Abbrecher-Zahlen werden zum Problem

Immer mehr Hochschulen fächern mit Blick auf solche Zahlen ihre Kriterien für die Auswahl der künftigen Erstsemester breiter. Unter ihnen gilt die TU Darmstadt als Best-Practice-Beispiel. 2005 führte der dortige Fachbereich Maschinenbau angesichts der anhaltend hohen Bewerberzahlen eine Zulassungsbeschränkung ein. Seit 2008 gibt es ein sogenanntes „Eignungsfeststellungsverfahren“ nach dem Ampelprinzip. Wer einen Abiturdurchschnitt von 1,7 und besser mitbringt, bekommt sofort grünes Licht. Bei einem Schnitt von 1,8 bis 2,7 oder überdurchschnittlichen Leistungen in Mathematik und Physik schaltet die Ampel auf gelb und der Bewerber kann sich in einem Eignungsgespräch präsentieren. Alle anderen bekommen sofort eine Absage.

Das Interview, das ein Professor sowie je ein Vertreter von Mittelbau und Fachschaft führen, fließt zu 49 % in die spätere Gesamtwertung ein, der Abiturschnitt zu 51 %. 1052 Bewerbungsunterlagen sichtete der Fachbereich zum Wintersemester 2012/2013 für 606 Gespräche. Zwei Drittel der Teilnehmer stufte der Fachbereich am Ende als geeignet ein.

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Maschinenbaustudium: Eignungsgespräche erweisen sich als sinnvoll

Professoren und Fachschaft machen unisono positive Erfahrungen mit diesem Verfahren. „Das sind keine einfachen Gespräche“, berichtet Manfred Hampe, Studiendekan des Fachbereichs Maschinenbau. Die Interviewer bekamen deswegen eine gezielte Schulung unter anderem in Fragetechniken und der Auswertung bestimmter Antwort- und Verhaltensmuster. Denn es geht in den rund 25-minütigen Eignungsgesprächen um mehr als eine Prognose für die weitere Entwicklung in Mathematik und Physik. Die Fragen zielen auch auf die Motivation und Belastbarkeit sowie die Team- und Kontaktfähigkeit oder etwa das soziale Engagement der Bewerber.

Die Auswahlgespräche bringen nach Hampes Überzeugung alle Beteiligten weiter. Diejenigen, die es geschafft hätten, gingen mit großem Selbstbewusstsein ins Studium. Die abgelehnt würden, bekämen Alternativen, zum Beispiel ein Fachhochschulstudium oder eine Berufsausbildung, aufgezeigt. „Und uns Professoren erdet es, wenn wir in den Interviews erfahren, welche Erwartungen und Hoffnungen die künftigen Erstsemester an ihr Studium knüpfen. Das können wir in der akademischen Lehre berücksichtigen.“

„Die Professoren können auf diese Art eine Verbindung zu ihren späteren Studierenden aufbauen und lernen, Verantwortung zu übernehmen“, sagt auch VDMA-Fachmann Völker. An der TU Darmstadt begleiten sie die Studierenden nach dem Aufnahmegespräch als Mentoren weiter. Bis zu drei Treffen bieten sie ihren Schützlingen im ersten Studienjahr an. Zu Beginn des dritten Semesters stehen Einzelgespräche an, in denen Lehrende und Studierende eine Bestandsaufnahme machen und Möglichkeiten für die weitere Entwicklung besprechen.

„Es ist auch wichtig, mal auf die Schultern zu klopfen“, findet Hampe, der auf die Abiturnote am liebsten ganz verzichten würde. Denn: „Ein angehender Ingenieur kann auch ein guter Ingenieur werden, wenn er keinen Einserschnitt hat.“

Dass es nicht nur auf die Gesamt-Abiturnote ankommt und ein persönliches Gespräch „allen Seiten helfen kann“, beobachtet auch der Pressereferent der Technischen Universität München, Klaus Becker. Seit dem Wintersemester 2005/2006 suchen die dortigen Maschinenbauer ihre Studierenden nach folgendem Verfahren aus: Nach Sichtung der schriftlichen Bewerbung mit Motivationsschreiben, Lebenslauf und Hochschulzugangsberechtigung vergeben sie den Löwenanteil der Plätze direkt. In Zweifelsfällen führen ein Professor und ein Assistent Gespräche, die vor allem auch beraten sollen. Fachschaftsvertreter sind nur als Beobachter anwesend.

Von 2350 Bewerbern ließ die TU München zu diesem Wintersemester 1330 direkt zu. 370 konnten sich im Gespräch präsentieren und 215 von ihnen bekamen schließlich einen Studienplatz.

Gute bis sehr gute Abitur-Note erleichtert Zugang zum Maschinenbaustudium

Um sich trotz großen Andrangs ein möglichst differenziertes Bild von seinen Bewerbern machen zu können, blickt auch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) über den Abiturschnitt hinaus. 2273 Bewerber auf 650 Plätze gab es hier für das jetzt laufende Wintersemester: „Wenn es um die Einschätzung der Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit geht, ist die Abiturnote zwar ein wichtiges, aber nicht das alleinige Kriterium“, erklärt Alexander Wanner, am KIT für Studium und Lehre zuständig. So wird in Karlsruhe neben den MINT-Fächern auch auf die Deutschnote und außerschulische Leistungen, zum Beispiel eine einschlägige Berufsausbildung, geschaut.

„Sie werden immer Menschen finden, die sich am Ende trotz anfänglich schlechter Voraussetzungen bis zu einem erfolgreichen Abschluss durchboxen“, glaubt der Werkstoffkundler. Zu Beginn des Studiums eine zielgerichtete Beratung der Bewerber, die den unterschiedlichen Lerntypen Rechnung trägt, und individuelle Betreuungsangebote im Verlauf des Studiums, sind auch für ihn wichtige Schlüssel zum Erfolg.

 

Ein Beitrag von:

  • Jutta Witte

    Surpress Journalistenbüro in Tübingen. Themenschwerpunkte: Bildung, Forschung und Wissenschaft.

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