Warum US-Topmanager jetzt nach Europa streben
Unter Donald Trump wächst der Druck auf US-Unternehmen – und immer mehr Topmanager kehren den USA den Rücken. Was für Amerika ein Brain Drain ist, bedeutet für Europa einen Brain Gain: den Gewinn erfahrener Führungskräfte und frischer Ideen.
Unter Donald Trumps Präsidentschaft suchen viele Führungskräfte neue Perspektiven in Europa.
Foto: panthermedia.net/Ingo H. Fleckenstein
Immer mehr US-Topmanager ziehen offenbar in Betracht, beruflich nach Europa zu wechseln. Der Grund: Unter der Präsidentschaft von Donald Trump fühlen sie sich in den Vereinigten Staaten zunehmend unwohl. Elke Hofmann, die Deutschlandchefin der Personalberatung Egon Zehnder, bestätigt diesen Trend: „In letzter Zeit sehen wir häufiger: Amerikanische Führungskräfte sind offen, nach Europa zu gehen“, sagte Hofmann im Gespräch mit dem „Spiegel“.
Brain Drain und Brain Gain: Fachkräfte wandern – wer gewinnt, wer verliert?
Dieses Phänomen kann auch als eine Form von Brain Drain bezeichnet werden. Der Begriff „Brain Drain“ beschreibt den Wegzug hochqualifizierter Fachkräfte aus einem Land in ein anderes. In diesem Fall bedeutet es, dass die USA talentierte Führungskräfte verlieren, die sich aufgrund politischer oder wirtschaftlicher Rahmenbedingungen dazu entscheiden, ihre berufliche Zukunft in Europa zu suchen. Für die Zielländer kann dies einen Gewinn an Know-how, Erfahrung und Führungskompetenz bedeuten, während das Herkunftsland auf diese wertvollen Fähigkeiten verzichten muss.
Brain Gain ist das Gegenstück zum Brain Drain. Während beim Brain Drain hochqualifizierte Fachkräfte ein Land verlassen und dieses Wissen und Können verloren geht, bezeichnet Brain Gain den Zugewinn an qualifizierten Fachkräften, Wissen und Kompetenzen, die ein Land oder eine Region durch Zuwanderung erfährt.
Im Kontext dieses Beispiels heißt das: Wenn US-Topmanager nach Europa kommen, profitiert Europa davon – es erlebt einen Brain Gain. Die Länder, die diese Fachkräfte aufnehmen, gewinnen also wertvolles Know-how, Erfahrung und Führungskompetenz, während die Herkunftsländer (hier die USA) einen Teil ihres Humankapitals verlieren – also Brain Drain erleben.
Trump-Effekt: Warum US-Unternehmen und Topmanager unter Druck stehen
Für die Personalberaterin Elke Hofmann hat die aktuelle Entwicklung in den USA eine neue Qualität. Zuvor habe sie sich in Rücksprache mit ihren Klienten oft gar nicht erst die Mühe gemacht, Kandidaten in den USA zu kontaktieren, wenn eine Position in Deutschland zu besetzen war, da die Gehaltsunterschiede dies häufig unmöglich machten, erklärte sie gegenüber dem Spiegel.
Hofmann zeigte Verständnis dafür, dass Unternehmen in den USA auf Druck von Präsident Trump ihre Programme zur Förderung von Minderheiten und Frauen teilweise einstellen – darunter auch deutsche Konzerne wie SAP und Siemens Energy. Sie betonte jedoch, dass dies keine Entschuldigung sei, sondern dass viele Unternehmen keine andere Wahl hätten, wenn sie weiterhin in den USA tätig bleiben wollten. Hofmann bedauerte, dass es überhaupt so weit gekommen sei.
Gleichzeitig unterstrich sie, dass es nicht nur darauf ankomme, Vielfalt durch Regeln oder Quoten sicherzustellen. Vielmehr müsse Diversität im Unternehmensalltag gelebt werden. Ihrer Überzeugung nach bleiben diverse Teams erfolgreicher bei unternehmerischen Entscheidungen.
Der politische Druck unter der Trump-Regierung zeigt sich auch in der breiten öffentlichen Reaktion: Laut den Organisatoren der landesweiten Proteste unter dem Motto „No Kings“ gingen am 18. Oktober 2025 fast sieben Millionen Menschen in mehr als 2.700 Städten und Gemeinden in den USA auf die Straße. Dieses enorme Ausmaß an Protesten verdeutlicht die wachsende Unzufriedenheit in der Bevölkerung und den erheblichen gesellschaftlichen Druck, unter dem auch Unternehmen und Führungskräfte stehen.
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