Zum E-Paper
Eine juristische Einordnung: 05.07.2021, 08:55 Uhr

Wer haftet bei Legionellenbefall?

Für die Sicherstellung und Bewahrung der Trinkwasserqualität gelten in Deutschland strenge Regeln. Kommt es dennoch zu einer Verkeimung, stehen alle beteiligten Akteure in der Pflicht.

Foto: panthermedia.net/ AndreyPopov

Foto: panthermedia.net/ AndreyPopov

Bevor in diesem Text konkret die Haftungsfrage bei Legionellenbefall behandelt wird, zunächst ein grundsätzlicher Exkurs zur Haftungszuordnung im Allgemeinen. Bereits die Fragestellung der Überschrift verdeutlicht dem Verfasser der nachfolgenden Zeilen, dass seine Sicht auf die Dinge und die Sicht der Nichtjuristen auseinanderfallen. Juristen fangen erst dann an zu denken, wenn ein konkreter Lebenssachverhalt vorliegt, der ausreichend Anlass dazu bietet. Konkret bedeutet das im Zusammenhang mit dem Thema Haftung, dass es einer haftungsrechtlichen Zuordnung im jeweiligen Einzelfall bedarf, weil aus zivil- oder strafrechtlicher Sicht ein Schadenfall eine entsprechende Verantwortungszuweisung erfordert. Haftung und Verantwortung sind in einem Atemzug zu nennen. Haftung ist dann gegeben, wenn im Hinblick auf eine einzuhaltende Sorgfaltspflicht ein Fehlverhalten zu verzeichnen ist und dieses als Verschulden einer Person zugeordnet werden kann. Zu unterscheiden ist hierbei das vorsätzliche, also das willentliche Handeln und das fahrlässige, also das unbeabsichtigte Handeln. In beiden Konstellationen wird zwar ein Schadensereignis herbeigeführt, aber die „Intention“ des Handelnden differiert.

Der Unterschied liegt darin, dass dieses einmal beabsichtigt geschehen ist und bei der anderen Fallgestaltung der Schadenseintritt auf ein unachtsames Handeln zurückzuführen ist. Hierbei sind regelmäßig zwei Fallvarianten voneinander zu unterscheiden. Einmal weiß der Handelnde von seinem Sorgfaltsverstoß und denkt/hofft, dass dieser keine Schadensfolgen bedingen wird. Bei der anderen Fallvariante fehlt es dem Handelnden bereits an dem erforderlichen Wissen seines Fehlverhaltens. Im Ergebnis ist es egal, denn in beiden Fallgestaltungen wird ein haftungsrechtliches Fehlverhalten in der Begehensweise der Fahrlässigkeit haftungsrechtlich greifen. Die nachstehenden Ausführungen befassen sich nur mit dem Aspekt des fahrlässigen Verschuldens.

Haftung: Welche Regelungen liegen zugrunde?

Die Zuordnung der haftungsrechtlichen Verantwortung resultiert entweder aus den einzuhaltenden Vorgaben der gesetzlichen Verpflichtungen oder aber aus den verabredeten Pflichten eines Vertrags.

  • § 4 Abs 1 der Trinkwasserverordnung fordert, dass das Trinkwasser so beschaffen sein muss, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit insbesondere durch Krankheitserreger nicht zu besorgen ist. Adressat dieser Forderung ist also derjenige, der Wasser an andere abgibt.
  • In der DIN 18381 wird in der VOB (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen) Teil C gefordert, dass der Auftragnehmer die Anlagenteile so einzustellen hat, dass die geplanten Funktionen und Leistungen erbracht und die gesetzlichen Bestimmungen erfüllt werden. Hiernach hat der Auftragnehmer die technische Möglichkeit zur Durchführung des bestimmungsgemäßen Betriebs zum Zeitpunkt der Abnahme der Werkleistung sicherzustellen.
  • In der AVBWasserV wird dem Anschlussnehmer umfangreich abverlangt, dass er für den Mieter/Nutzer seiner Anlagen in der Pflicht steht (siehe § 12 „Kundenanlage“).
  • Der § 319 StGB (Strafgesetzbuch) verlangt, dass die allgemein anerkannten Regeln der Technik bei der Planung, Leitung oder Ausführung technische Einrichtung in ein Bauwerk einzubauen, eingehalten werden.
  • Die Arbeitsstättenrichtlinie ASR V 3 verlangt es dem Arbeitgeber ab, dass sich in seinen Aerosolerzeugern keine Legionellen vermehren können.
  • In der 42. BImSchV wird insbesondere in § 3 der Betreiber von Verdunstungskühlanlagen verpflichtet den möglichen Austrag von Legionellen weitestgehend (Stand der Technik) zu verhindern.

Wer haftet bei Legionellenbefall?

Die vorherige Auflistung ist nur eine Auswahl von konkreten Benennungen, die dem Schutz vor der möglichen Eintragung, Etablierung, Schaffung begünstigender Faktoren und auch Austragung von insbesondere Legionellen dienen. Adressaten sind die Protagonisten in den jeweiligen Lebenssachverhalten, die durch ihr sorgfältiges und fachkundiges Handeln einem späteren Schadenseintritt hätten erfolgreich entgegentreten können und müssen. Gemeint sind hierbei Planer und Errichter, Vermieter und Arbeitgeber, Verkehrssicherungspflichtige und auch Nutzer. Ebenso gilt die Pflicht zu gesetzes- und regelwerkskonformem Handeln für Händler, Objektverwalter, Installateure und Sachverständige.

Die konkrete haftungsrechtliche Zuordnung für die einzelfallbezogene Schadenskausalität wird in dem entsprechenden Gerichtsverfahren herausgearbeitet und durch Urteilsspruch zugeordnet. Dass die Juristen hierbei sehr wohl die jeweiligen Verantwortlichen benennen und somit auch verantwortlich machen können, hat sich in den zurückliegenden 20 Jahren gezeigt. Nicht deshalb allein, aber auch ob dessen, sollten sich alle Handelnden ihres eigenen Verantwortungsbereichs bewusst sein.

Das könnte Sie auch interessieren:

Trinkwasser-Installationen: Worauf ist bei Betriebsunterbrechungen zu achten?

Wärmepumpe: Marktanteil wächst erstmals auf über 50 Prozent

Warmwasserzirkulation: Hydraulischer Abgleich unterbindet Keimbildung

Wie sehr darf die Temperatur von Trinkwasser schwanken?

Von Rechtsanwalt Hartmut Hardt VDI. Er arbeitet seit 2005 vor allem als Dozent und Berater mit Schwerpunkt Betreiberverantwortung im Facility Management.