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Denkmalschutz 26.05.2020, 09:17 Uhr

Beton verbindet Bestand und Neubau

Die historische Struktur des ehemaligen Kunsthauses Tacheles in Berlin-Mitte bildet die Grundlage für das neue Stadtquartier, was hier bis 2023 entstehen soll. Damit Bestand und Neubau sich ergänzen sind bereits 50.000 Tonnen Beton geflossen. Wir zeigen, wie der Beton zur richtigen Zeit auf die Baustelle kam.

Rund um das Kunsthaus Tacheles entsteht in Berlin ein neues Stadtquartier. Foto: Björn-Arne Eisermann/HeidelbergCement AG

Rund um das Kunsthaus Tacheles entsteht in Berlin ein neues Stadtquartier.

Foto: Björn-Arne Eisermann/HeidelbergCement AG

Zwischen der Friedrichstraße und der Oranienburger Straße in Berlin-Mitte entstand 1907/1908 die Friedrichstraßenpassage. Doch das Kaufhaus konnte sich nicht lange halten. Viele Besitzer- und Nutzerwechsel folgten. Teile des Gebäudes wurden abgerissen. Auch die Stahlbetonkuppel, die beide Passagenteile verband, wurde gesprengt. Kurz vor Abriss des restlichen Kaufhauses besetzte 1990 die Künstlerinitiative Tacheles das Gebäude. Seitdem prägt die Kunst das Haus. Doch auch die Künstler mussten nach 24 Jahren weichen. Nun wird das Areal mit dem noch bestehenden Gebäudeteil neu bebaut. Um die Lücke in Berlin, die zu einer der Letzten zählt, zu schließen, wird für den Baugrund und die neuen Gebäude viel Beton fließen. Für die Anlieferung des Betons ist die innerstädtische Lage eine Herausforderung. Und die Verteilung des Transportbetons auf der Baustelle ist nur durch Betonpumpen möglich.

Beton bildet die Basis für das Stadtquartier

Der Masterplan der Schweizer Architekten Herzog & de Meuron sieht einen 85.000 Quadratmetern großen Ort vor, der Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Kunst und Kultur ermöglicht. Mit der Sanierung der denkmalgeschützten Ruine und ihrer historischen Fassade integrieren sie diese in das Gesamtensemble. Abgesehen von der Sanierung des Bestands wird das Arial nicht rekonstruiert. Die Architekten planen eine Interpretation der historischen Bebauung. Dabei greifen sie historische Stadtstruktur auf. Der Plan der Architekten kann nur umgesetzt werden, wenn der komplexe Baugrund richtig vorbereitet ist. Hierfür wurden im Frühjahr 2020 alle Rohbauarbeiten in den Untergeschossen abgeschlossen. Ein Aushub von 280.000 Kubikmeter des Baugrunds fand bereits 2017 statt. Die ausgehobene Baugrube wurde dann mit Spundwänden gesichert. Eine zum Teil bis zu drei Meter dicke Bodenplatte bildet die Basis des Stadtquartiers. Als weiße Wanne wurden die drei Kellergeschosse und die Tiefgarage ausgebildet. Zum Einsatz kamen unterschiedliche Betone in verschiedenen Betongüten. Zum Einsatz kamen Betone in den Güten C50/60, C40/50, C35/45, C30/37 und C20/25. Diese sind, bis auf die Letzte, für die weise Wanne als wasserundurchlässige WU-Betone geeignet. Bis zur Fertigstellung der Untergeschosse kamen überwiegend die Güten C30/37 und C 35/45 zum Einsatz. In den tragenden Bauteilen und Stützen wurden die Betone mit der höheren Festigkeitsklasse C50/60 und C40/50 verbaut. Bis der Beton an dem Ort ankam, wo er verbaut wurde, musste er einiges an Strecke überwinden. Damit er trotzdem noch über die Betonpumpen zum Einbauort verbaubar war, wurde er mit einem 16er Korn produziert. Dann konnten 50.000 Kubikmeter Beton im Untergrund verbaut werden.

Die Pumpen leiten den Transportbeton zum Einbauort.

Foto: Björn-Arne Eisermann/HeidelbergCement AG

Abgestimmter Bauablauf für fließfähigen Beton

Eine genau abgestimmte Ablaufplanung war für das Bauprojekt wichtig. Das neue Stadtquartier liegt in der Innenstadt und die jeweiligen Verkehrsbedingungen mussten im Betonwerk berücksichtigt werden. In der Regel bestellt das Bauunternehmen Köster beim Lieferant Heidelberger Beton eine Woche im Voraus. Im Betonwerk wird dann entschieden, ob dem frisch gemischten Beton Verzögerer beigefügt wird oder nicht das ist von der aktuellen Verkehrslage abhängig. Denn nach Wassereingabe muss der Beton laut Norm nach 90 Minuten verbaut sein. Dauert eine Fahrt vom Betonwerk zur Baustelle 40 bis 60 Minuten, haben die Bauarbeiter nicht viel Zeit für den Einbau. Werden auf der Baustelle 48 Kubikmeter Beton pro Stunde benötigt, kommen die Betonmischer mit acht Kubikmeter befüllt fast im Minutentakt zur Baustelle. Von dort wird der Transportbeton sofort über die Betonpumpen zum Einbauort geleitet. Abhängig vom Bauablauf waren Betonpumpen mit unterschiedlichen Reichweiten auf der Baustelle. So kam der Beton über die Pumpen vom Straßenniveau in die Baugrube. Über Rohleitungen ging es dann weiter zum Einbauort oder zum nächsten mobilen Betonverteiler. Vom Betonverteiler konnte der Beton nochmals in verschiedene Richtungen geleitet werden. Durch die Unterstützung der Pumpen kann der Beton über eine Reichweite von 150 Metern über die Baustelle geführt werden. Damit konnte die Basis für das neue Stadtquartier betoniert werden. Die richtige Auswahl des Betons, die genaue Planung des Bauablaufs und der Einsatz von leistungsfähigen Pumpen und Verteilern ermöglichten nicht nur einen erfolgreichen Abschluss des ersten Bauabschnittes. Auch für die weiteren Abschnitte wird genau geplant, wann welcher Beton wie auf die Baustelle kommt. Und dann kann auch 2023 die Kunst im historischen Flügel der Friedrichstraßenpassage wieder einziehen.

Von Heike van Ooyen