Verstecktes Eisensulfat 06.08.2025, 11:30 Uhr

Neu entdecktes Mineral könnte die Marsgeschichte umschreiben

Neues Eisensulfat auf dem Mars entdeckt – mögliche Hinweise auf junge geothermische Aktivität und Sauerstoffreaktionen.

Aram Chaos auf dem Mars

Aram Chaos auf dem Mars: In diesem einst wasserreichen Einschlagkrater entdeckten Forschende ungewöhnliche Sulfatablagerungen – ein möglicher Hinweis auf geothermische Aktivität und chemische Umwandlungsprozesse in jüngerer Vergangenheit.

Foto: NASA/JPL-Caltech/University of Arizona

Forschende haben auf dem Mars ein bisher unbekanntes Eisensulfat identifiziert, das vermutlich nur unter Hitze und Sauerstoff entsteht. Das Material deutet auf geothermische Prozesse in jüngerer Vergangenheit hin und könnte Hinweise auf chemisch aktive Zonen liefern – mit möglichen Auswirkungen auf unser Verständnis des Marsklimas und früherer Lebensbedingungen.

Spurensuche im roten Staub

Auf der Erde lösen sich viele Sulfate bei Regen rasch auf – auf dem Mars überleben sie hingegen über Milliarden Jahre. Die trockene Atmosphäre schützt die empfindlichen Minerale. Genau diese Eigenschaft nutzen Forschende, um die Vergangenheit des Planeten zu erforschen. Denn jedes Mineral liefert Hinweise darauf, welche Umweltbedingungen einst herrschten – und ob dort Wasser, Wärme oder chemische Reaktionen stattgefunden haben.

Nun hat ein internationales Team ein bislang unbekanntes Eisensulfat entdeckt. Es könnte auf Prozesse hinweisen, die weitaus jünger und dynamischer sind, als man bislang annahm.

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Ein Rätsel aus dem Orbit

Seit fast zwei Jahrzehnten analysieren Mars-Orbiter die Oberfläche des Planeten – mit spektroskopischen Instrumenten, die die Zusammensetzung der Minerale anhand ihrer Lichtreflexion bestimmen. Besonders auffällig war ein spektrales Signal, das sich keinem bekannten Stoff zuordnen ließ. Die Beobachtungen konzentrierten sich auf zwei Standorte in der Nähe von Valles Marineris – dem größten Canyon-System des Mars.

„Wir untersuchten zwei sulfathaltige Standorte in der Nähe des riesigen Canyon-Systems Valles Marineris, die mysteriöse Spektralbänder aus Orbitaldaten sowie geschichtete Sulfate und eine faszinierende Geologie aufwiesen“, sagte Dr. Janice Bishop, leitende Wissenschaftlerin am SETI-Institut.

Mars Orbiter Laser Altimeter (MOLA) Karte der Region Valles Marineris

Mars Orbiter Laser Altimeter (MOLA) Karte der Region Valles Marineris mit höheren Erhebungen in Rot und niedrigeren Erhebungen in Gelb-, Grün- und Blautönen.

Foto: Mars Orbiter Laser Altimeter (MOLA)

Laborexperimente bestätigen Annahmen

Um das unbekannte Spektralsignal zu entschlüsseln, kombinierten die Forschenden Daten vom Mars mit Laborexperimenten auf der Erde. Dabei reproduzierten sie Bedingungen wie Hitze, Mineralstruktur und Atmosphärenzusammensetzung.

In den Versuchen zeigte sich, dass bei Temperaturen über 100 °C ein neues Mineral entsteht: Eisenhydroxysulfat. Dieser Stoff bildet sich, wenn bestimmte hydratisierte Eisensulfate in Gegenwart von Sauerstoff erhitzt werden. Die chemische Reaktion verändert die Struktur des Materials so stark, dass sich auch sein Infrarot-Signal drastisch wandelt – was die Entdeckung aus der Umlaufbahn schließlich erklärbar machte.

„Unsere Experimente deuten darauf hin, dass dieses Eisenhydroxysulfat nur entsteht, wenn hydratisierte Eisensulfate in Gegenwart von Sauerstoff erhitzt werden“, so Dr. Johannes Meusburger vom NASA Ames Research Center.

Zwei Fundorte, viele Hinweise

Die Fundstellen – Aram Chaos und das Juventae-Plateau – liegen beide in geologisch aktiven Regionen. In Aram Chaos deuten geschichtete Ablagerungen darauf hin, dass große Wassermengen einst die Landschaft prägten. Als das Wasser zurückwich, blieben Sulfatminerale zurück. Besonders spannend: Unter den sichtbaren Schichten liegen versteckte Zonen mit Eisenhydroxysulfat – also dort, wo einst wohl geothermische Hitze vorhanden war.

Am Juventae-Plateau wiederum sind die Sulfate als dünne Lagen in der Umgebung von Lavaschichten eingebettet. Auch das weist auf eine spätere Erhitzung durch vulkanische Aktivität hin. Laut Dr. Catherine Weitz, Mitautorin der Studie, ließ sich so „das Alter und die Entstehungsbeziehungen zwischen den verschiedenen Einheiten bestimmen“.

Blick auf das Plateau oberhalb von Juventae Chasma

Blick auf das Plateau oberhalb von Juventae Chasma mit Kompositionseinheiten aus dem Compact Reconnaissance Imaging Spectrometer for Mars (CRISM), die eine untere Basalteinheit in Cyan (Basalt-1), polyhydratisierte Sulfate in Blau, die Eisenhydroxysulfatphase in Rot und eine andere Basalteinheit darüber (Basalt-2) in mittlerem Grün über einem hochauflösenden wissenschaftlichen Bildgebungsinstrument (HiRISE) DTM (5-fache vertikale Überhöhung).

Foto: Compact Reconnaissance Imaging Spectrometer for Mars (CRISM) and High Resolution Imaging Science Experiment (HiRISE)

Sauerstoff als Reaktionspartner

Ein zentrales Element der Reaktion ist Sauerstoff. Obwohl die heutige Marsatmosphäre überwiegend aus CO₂ besteht, enthält sie noch genug Sauerstoff, um chemische Umwandlungen zu ermöglichen. Die Reaktion lässt sich vereinfacht so darstellen:

4 Fe²⁺SO₄·H₂O + O₂ → 4 Fe³⁺SO₄OH + 2 H₂O

Dabei entsteht Eisenhydroxysulfat und Wasser – ein Prozess, der für den Mars erstaunlich dynamisch ist. Denn er zeigt, dass nicht nur vulkanische Aktivität, sondern auch oxidative Prozesse die Mineralien beeinflusst haben.

Ein Kandidat für ein neues Mineral

Obwohl das entdeckte Eisenhydroxysulfat strukturell dem bekannten Szomolnokit ähnelt, unterscheiden sich beide in ihrer Zusammensetzung und Stabilität. Eisenhydroxysulfat enthält Hydroxidgruppen (OH) statt Wasser (H₂O). Die Forschenden vermuten, dass es sich um ein neues Mineral handelt – allerdings gilt ein Stoff nur dann offiziell als neues Mineral, wenn er auch auf der Erde nachgewiesen wurde.

„Das in diesen Laborexperimenten entstandene Material ist aufgrund seiner einzigartigen Kristallstruktur und thermischen Stabilität wahrscheinlich ein neues Mineral“, sagt Dr. Bishop.

Bedeutung für die Marsforschung

Die Entdeckung wirft ein neues Licht auf die geologische Entwicklung des Planeten. Bisher ging man davon aus, dass viele geochemische Prozesse auf dem Mars frühzeitig zum Erliegen kamen. Doch das Auftreten von Eisenhydroxysulfat in geologisch jungen Regionen legt nahe, dass es auch in der jüngeren Vergangenheit noch Wärmequellen und aktive chemische Umgebungen gab – möglicherweise sogar günstige Bedingungen für mikrobielles Leben.

Forschende hoffen nun, dass künftige Missionen wie Mars Sample Return Proben aus diesen Gebieten zur Erde bringen. Nur so lässt sich das Mineral offiziell bestätigen und seine Rolle in der Geschichte des Mars genauer bestimmen.

Hier geht es zur Originalpublikation

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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