ae group macht dicht: Ende eines traditionsreichen Autozulieferers
Autozulieferer ae group schließt Ende 2025. 650 Jobs fallen weg, eine Transfergesellschaft soll Beschäftigte auffangen.
Die ae group stellte unter anderem Druckgussteile für Karosserien her, nun droht dem Autozulieferer das Ende.
Foto: Smarterpix / microolga
Als die ae group im Februar 2024 Insolvenz in Eigenverwaltung anmeldete, klang das zunächst nach einem Neuanfang. Vorstandschef Christian Kleinjung sprach damals von einer „schmerzhaften, aber notwendigen Maßnahme“, mit der sich das Unternehmen sanieren und Arbeitsplätze retten ließen. Für viele Beschäftigte in Gerstungen, Nentershausen und Lübeck war das ein Hoffnungsschimmer.
Doch nur anderthalb Jahre später ist klar: Die Sanierung scheiterte. Ende 2025 schließen die Werke, die Produktion läuft endgültig aus. Rund 650 Menschen verlieren ihre Jobs.
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Aluminiumteile für fast jedes Auto
Die ae group war jahrzehntelang ein fester Bestandteil der Zulieferindustrie. Sie stellte Aluminium-Druckgussteile her – Bauteile für Motoren, Getriebe, Fahrwerke oder Bremssysteme. Ohne sie wäre kaum ein Auto auf die Straße gekommen. Aluminium hat den Vorteil, dass es leicht und trotzdem stabil ist. Damit passt es perfekt zum Trend, Fahrzeuge leichter und damit energieeffizienter zu machen.
Trotzdem geriet die Firma in Schieflage. Der Markt veränderte sich schneller, als viele erwartet hatten. Der Umstieg auf Elektromobilität, sinkende Aufträge und steigende Energiepreise brachten das Traditionsunternehmen in Bedrängnis.
Der Investorenprozess – ein Marathon ohne Ziel
Nach der Insolvenz setzten die Verantwortlichen auf eine Lösung mit Investoren. Berater sprachen weltweit 146 Unternehmen an. Doch niemand wollte einsteigen.
Die Hoffnung blieb bis Sommer 2025. Noch im Juli suchte Insolvenzverwalterin Dr. Romy Metzger nach einer rettenden Lösung. Doch sie musste einräumen: „Derzeit sehe es eher nach End als nach Happy End aus.“
Am 31. Juli 2025 beendete das Amtsgericht Meiningen die Insolvenz in Eigenverwaltung. Seit dem 1. August lief das Regelinsolvenzverfahren. Metzger übernahm die Abwicklung.
Keine tragfähige Lösung in Sicht
Anfang September fiel die endgültige Entscheidung. Kein Investor legte ein belastbares Angebot vor. „Weder die Eigenverwaltung noch ich als Insolvenzverwalterin sind rechtlich und auch wirtschaftlich dazu in der Lage, eine vermeintliche Sanierungslösung vertraglich umzusetzen, wenn der Eintritt der Vollzugsbedingungen des Interessenten in weiten Teilen mehr als unwahrscheinlich ist“, sagte Metzger.
Sie stellte klar, dass das Aus nicht an fehlender Qualität oder den Beschäftigten lag. „Dass es keine Sanierungslösung gab, lag nicht am technischen Stand der ae group und schon gar nicht an den wirklich hervorragenden Mitarbeitern.“ Vielmehr sei das Investitionsumfeld in Deutschland unattraktiv. Energie und Rohstoffe sind teuer, die Nachfrage schwankt, Unsicherheiten auf den internationalen Märkten schrecken ab.
Ein Sozialplan soll abfedern
Für die Belegschaft ist die Nachricht ein Schock, auch wenn sich das Ende schon länger angedeutet hatte. Rund 650 Mitarbeiter*innen können in eine Transfergesellschaft wechseln. Dort erhalten sie bis zu sechs Monate lang Lohn und Unterstützung bei der Jobsuche. Schulungen und Weiterbildungen sollen helfen, schneller neue Arbeit zu finden.
Dass es diese Auffanglösung gibt, liegt auch an den Kunden der ae group. Sie stellen Geld bereit, damit die Produktion bis Jahresende weiterläuft und gleichzeitig die Transfergesellschaft aufgebaut werden kann.
Stimmen aus der Region
In Gerstungen trifft die Entscheidung eine ganze Gemeinde. Bürgermeister Daniel Steffan warnte schon im August: „600 Menschen – Familienväter und -mütter, junge Fachkräfte, Auszubildende – wären von der Schließung betroffen. Die ‚ae group‘ war über viele Jahre hinweg ein verlässlicher und bedeutender Arbeitgeber in unserer Region.“
Die Kommune will nun alles tun, um die Betroffenen zu unterstützen. Qualifizierung, Vermittlung, vielleicht auch die Ansiedlung neuer Firmen – doch das braucht Zeit.
Teil einer größeren Krise
Die Pleite der ae group ist kein Einzelfall. In Thüringen hängen rund 80.000 Jobs direkt oder indirekt von der Autoindustrie ab. Etwa 690 Firmen erzielen dort einen Jahresumsatz von mehr als 9 Milliarden Euro. Doch viele kämpfen ums Überleben.
Beispiele gibt es genug: Der Zulieferer Mubea streicht in Weißensee bis Ende 2025 rund 300 Stellen. Auch bei Volkswagen wird gespart – was die gesamte Zulieferkette in Unsicherheit stürzt. Für kleinere Firmen wie die ae group, die stark von wenigen Großkunden abhängen, kann das existenzgefährdend sein.
Was bleibt
Am Ende steht das Aus für einen Zulieferer, der jahrzehntelang Teil des industriellen Rückgrats war. Die Werke in Thüringen und Hessen schließen, die Beschäftigten müssen neue Wege gehen. In Polen ist der Betrieb schon im Sommer 2025 eingestellt worden.
Für die Autoindustrie ist das ein weiteres Signal, wie schwer der Strukturwandel zu bewältigen ist. Für die Region Gerstungen ist es der Verlust eines großen Arbeitgebers – und für die Menschen ein tiefer Einschnitt in ihr Leben.
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