Wenn der Hang rutscht 29.07.2025, 11:50 Uhr

Zugunglücke durch Erdrutsche verhindern – mit smarter Technik

Wie lassen sich Züge vor Schlammlawinen schützen? Dieser Beitrag zeigt technische Lösungen und warnt vor wachsenden Risiken durch Starkregen.

entgleister Zug

Rettungskräfte durchsuchen die entgleisten Waggons bei Riedlingen: Zwei Zugteile liegen seitlich in einem bewaldeten Streckenabschnitt – die Unfallursache ist noch unklar.

Foto: picture alliance/dpa | Thomas Warnack

Das Unglück am Abend des 28. Juli bei Zell im Landkreis Biberach hat Spuren hinterlassen. Drei Menschen starben, 41 wurden verletzt. Der RE55 war unterwegs von Sigmaringen nach Ulm, als er kurz vor dem Ortseingang entgleiste. Zwei Wagen sprangen aus den Schienen, einer kippte. Die Ursache: Ein Erdrutsch hatte das Gleisbett unterspühlt.

Laut Polizeiangaben hatte ein verstopfter Abwasserschacht überlaufen. Die Wassermassen lösten eine Schlammlawine aus, die den Hang destabilisierte und den Schotter unter den Gleisen zur Seite drückte. Ein typischer Fall für Starkregenfolgen, die durch eine Kombination aus Extremwetter und mangelnder Entwässerung entstehen. Doch ließe sich so etwas verhindern?

Was hinter Schlammlawinen steckt

Schlammlawinen entstehen meist in Hanglagen nach intensiven Niederschlägen. Wenn der Boden übersättigt ist, verliert er seine Stabilität. Ganze Erdmassen geraten in Bewegung. Besonders gefährlich wird es, wenn das Erdreich in Gleisnähe liegt. Denn selbst kleinere Rutschungen können Bahninfrastruktur massiv beschädigen.

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Bei Starkregenereignissen können innerhalb weniger Minuten 30 bis 50 Liter Wasser pro Quadratmeter fallen. Wenn Entwässerungssysteme wie Gullys oder Kanäle verstopft sind, steigt der Wasserdruck im Boden. Rutscht der Hang ab, trifft die Schlammlawine auf die Gleise, oft völlig überraschend.

Ein tragisches Beispiel ereignete sich 2022 in China: Ein Personenzug fuhr gerade aus einem Tunnel, als er auf eine Lawine aus Geröll und Schlamm prallte. Der Lokführer leitete noch die Notbremsung ein, starb aber wenig später. Die Ursache war auch hier ein plötzlicher Hangrutsch nach heftigem Regen.

Warum klassische Kontrolle an ihre Grenzen stößt

Bisher setzen Bahnbetreiber auf Inspektionen durch Personal. In regelmäßigen Abständen werden Gleise, Hänge und Entwässerungseinrichtungen kontrolliert. Auch Regenrinnen und Entlastungskanäle werden begutachtet. Das Problem: Ein Erdrutsch kann sich innerhalb von Minuten entwickeln. In Riedlingen regnete es lokal bis zu 40 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit.

Für diese Dynamik ist menschliche Kontrolle zu langsam. Hinzu kommt, dass es meist schon zu spät ist, wenn der Lokführer die Schlammlawine sieht – der Anhalteweg ist einfach zu lang. Dazu kommt die sogenannte „weiße-Loch-Effekt“-Problematik an Tunnelportalen: Zugführer können beim Herausfahren aus einem dunklen Tunnel den außenliegenden Bereich kurzfristig nicht erkennen. Auch das trug in China zur Katastrophe bei.

 

Erde liegt nach einem Hangrutsch auf den Gleisen

Erde liegt nach einem Hangrutsch auf den Gleisen.

Foto: picture alliance/dpa | Thomas Warnack

Sensorik im Einsatz: Was moderne Systeme leisten

Forschende und Unternehmen setzen heute auf Technik, um schneller zu reagieren. Eine Schlüsselrolle spielt die Lidar-Technologie (Light Detection and Ranging). Lidar misst mit Laserstrahlen in Echtzeit die Umgebung. Selbst kleinste Veränderungen in der Hangstruktur lassen sich so erfassen. Erkennt das System eine kritische Bewegung, läuft eine Warnmeldung an die Leitstelle.

Das Unternehmen LSLiDAR hat ein spezielles Überwachungssystem für den Bahnverkehr entwickelt. Es besteht aus fest installierten und mobilen Einheiten, die Punktwolken-Daten sammeln. Die Auflösung ist so fein, dass selbst Objekte von 20 x 20 cm aus 200 Metern Entfernung erkannt werden. Innerhalb einer Sekunde kann das System eine Gefährdung melden – das ermöglicht eine Reaktion in Echtzeit.

Wie funktioniert Lidar konkret?

Das Prinzip erinnert an Radar, arbeitet aber mit Licht statt Radiowellen. Ein Lidar-System sendet kurze Laserpulse aus und misst, wie lange das Licht bis zum Objekt und zurück benötigt. Daraus lassen sich Entfernung und Struktur berechnen. Die Technik erzeugt eine 3D-Karte der Umgebung in Form einer sogenannten Punktwolke. So erkennen Systeme nicht nur, dass sich etwas bewegt – sondern auch, was es ist und wohin es sich verlagert.

 

Zugunglück Biberach

Der Zugführer und ein weiterer Bahnmitarbeiter sterben bei dem Unglück.

Foto: picture alliance/dpa | Thomas Warnack

Smart-City-Technik auch für Bahnstrecken?

Ein weiteres System kommt aus Deutschland: Das Startup dataMatters aus Köln, eine Ausgründung der RWTH Aachen, hat ein dreistufiges Hochwasserfrühwarnsystem entwickelt, das gezielt auf urbane Risikobereiche zugeschnitten ist. Der erste Baustein ist eine Wetterstation mit integriertem Regenmesser, die auf der jeweils höchsten Erhebung einer Region installiert wird. Sie misst lokal auftretende Starkregenereignisse in Echtzeit.

Zweitens erfassen Wasserstandssensoren an neuralgischen Punkten wie Brücken oder Bachdurchlässen den Pegelstand. Bei kritischen Anstiegen erfolgt eine unmittelbare Alarmierung. Drittens überwachen spezielle Sensoren an Sinkkästen, Gullydeckeln und in der Kanalisation selbsttätig, ob Laub, Schlamm oder Müll die Entwässerung blockieren. Eine algorithmisch gestützte Auswertung erkennt Frühindikatoren für Überlauf und leitet Gegenmaßnahmen ein.

Bislang in 25 Kommunen aktiv

Alle Messwerte laufen über das Funknetz LoRaWAN in einem zentralen Datenraum zusammen, wo eine KI sie nahezu in Echtzeit analysiert. Die Ergebnisse erscheinen verzögerungsfrei auf den Mobilgeräten von Einsatzleitenden, Infrastrukturverantwortlichen oder kommunalen Entscheider*innen. So bleibt wertvolle Reaktionszeit, um z. B. Reinigungsdienste zu aktivieren oder kritische Infrastrukturen zu sichern.

Das System ist derzeit in 25 Kommunen aktiv und soll perspektivisch auch für Bahntrassen nutzbar gemacht werden. Bisher fehlen entsprechende Kooperationen mit der Deutschen Bahn, obwohl genau solche automatisierten Frühwarnsysteme Ereignisse wie in Riedlingen verhindern könnten.

Was noch hilft: Drainage, Stützen, Netze

Neben Technik ist auch Bauingenieurwesen gefragt. Entlang gefährdeter Hänge helfen Stützmauern, das Erdreich zu stabilisieren. Auch können spezielle Netze oder Zäune verhindern, dass Schlamm und Gestein auf die Gleise rutschen. Wichtig ist zudem ein funktionierendes Drainagesystem, das Regenwasser gezielt ableitet.

In Ratingen-Hösel mussten nach einem Hangrutsch 2024 Bohrpfähle von zehn Metern Länge gesetzt werden, um den Boden zu sichern. Die Strecke blieb über ein Jahr gesperrt. Solche Eingriffe sind teuer, aber notwendig.

Der Klimawandel als Risikofaktor

Was bislang als selten galt, wird häufiger: Starkregenereignisse nehmen in Mitteleuropa zu. Die Sommer sind zwar insgesamt trockener, doch einzelne Gewitter bringen oft enorme Wassermengen. Diese Extremniederschläge treffen auf verdichtete Böden, überforderte Kanalisationen und versiegelte Flächen. Das Risiko für Schlammlawinen wächst.

Laut Umweltbundesamt werden solche Wetterlagen mit zunehmender Erderwärmung wahrscheinlicher. Bahntrassen, die jahrzehntelang als sicher galten, müssen neu bewertet werden. Besonders Strecken durch Mittelgebirge, Tunnelportale oder Abschnitte entlang von Flüssen stehen im Fokus.

Lesen Sie zum Thema: Hitze, Hochwasser und Sturm machen der Bahn zu schaffen

 

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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