Verbrannte Erde 09.07.2025, 08:14 Uhr

Gohrischheide abgebrannt – wie geht es nun weiter?

Ein Großbrand hat das Naturschutzgebiet Gohrischheide stark getroffen. Doch die drängendste Frage lautet jetzt: Eingreifen oder der Natur ihren Lauf lassen?

verbrannte Erde

Der Waldbrand in der Gohrischheide hat größtenteils verbrannte Erde hinterlassen. Wir geht es nun weiter?

Foto: Smarterpix / FedBul

Die Gohrischheide an der Grenze zwischen Sachsen und Brandenburg ist Waldbrände gewohnt. Doch das aktuelle Feuer hat ein neues Ausmaß erreicht. Über 75 % des rund 3.300 Hektar großen Areals sind betroffen. Der Boden ist noch vielerorts heiß, Rauch steigt vereinzelt auf. Und mittendrin steht die Frage im Raum: Wie soll es mit der Fläche weitergehen?

Eigentümer halten sich zurück

Ein Großteil der Fläche gehört dem Bund und dem Staatsbetrieb Sachsenforst. Doch derzeit will sich niemand zu langfristigen Plänen äußern. „Das oberste Ziel ist derzeitig die Brandbekämpfung“, teilt Sachsenforst auf Anfrage mit. Erst nach Abschluss der Löscharbeiten könne man den Zustand bewerten und weitere Schritte prüfen.

Landrat Ralf Hänsel (CDU) erinnert an den Brand von 2022. Damals habe man die Natur sich selbst überlassen. „Das hat sie relativ schnell geschafft. Nach ungefähr einem Jahr war wieder signifikant Vegetation vorhanden.“ Er gehe davon aus, dass sich das wiederholen könnte.

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Fachleute warnen vor voreiligen Entscheidungen

Anders sieht es Michael Müller, Professor für Waldschutz an der TU Dresden. Er mahnt zur Zurückhaltung: „Auf jeden Fall sollte man jetzt Ruhe bewahren und erst einmal ordentlich analysieren.“ Schnellschüsse seien in einem so sensiblen Gebiet fehl am Platz.

Die Gohrischheide sei kein gewöhnlicher Wald, sondern ein durch militärische Nutzung geprägtes Naturschutzgebiet. Jahrzehntelang wurde hier scharf geschossen. Die Folge: Munition im Boden, Störungen im Ökosystem und besondere Herausforderungen bei der Brandbekämpfung.

Wildnis zulassen oder gestalten?

Laut Müller stehen verschiedene Optionen im Raum. Die einfachste wäre, alles wieder der Natur zu überlassen – mit dem Risiko neuer Brände in wenigen Jahren. Eine andere Möglichkeit: Nur die Randbereiche mit Wohnbebauung sichern und im Inneren kontrolliert der Natur Raum geben.

„Und schließlich lässt sich der Wald auch im Inneren besser für ein Feuer wappnen“, erklärt der Professor. Dazu gehöre etwa, Wege offenzuhalten, damit Löschfahrzeuge schneller eingreifen können. Auch das Anlegen sogenannter Waldbrandriegel könne helfen. Dabei handelt es sich um strukturierte Waldbereiche, die das Feuer ausbremsen oder umlenken sollen.

Welche Bäume schützen am besten?

Nicht jeder Baum ist gleich gut geeignet, Brände zu stoppen. Müller nennt die Roteiche als geeignete Art. Sie brennt langsamer und lässt sich gut als natürliche Brandschutzmauer einsetzen. Aber auch mit Kiefern sei dies möglich, wenn man sie entsprechend anordnet.

Ziel ist es, das Feuer in ein weniger gefährliches Bodenfeuer zu verwandeln – das leichter zu löschen ist. Wichtig ist dafür eine gute Planung. „Das ist kein Hexenwerk“, sagt Müller. „Aber es ist auch nicht so schnell nebenbei gemacht.“

Technische Hilfe auf dem Prüfstand

Ein besonderes Problem der Gohrischheide ist die Munitionsbelastung. Oft können Einsatzkräfte nicht direkt an die Brandherde heran. Deshalb fordert Müller alternative Lösungen: „Man muss entweder entmunitionieren oder autonome Löschsysteme einsetzen.“

Denkbar seien etwa absetzbare Wasserwerfer oder die Entwicklung von Schaumbarrieren. Diese könnten das Feuer stoppen, ohne Menschen in Gefahr zu bringen. Müller ist bereit, an solchen Konzepten mitzuarbeiten – benötigt dafür aber Ressourcen.

Kein Grund zur Hoffnungslosigkeit

Trotz der zerstörten Fläche gibt sich Müller optimistisch. „Ein Wald geht nicht einfach verloren.“ Entscheidend sei, ob genug Wasser vorhanden ist. Dann beginne die Natur rasch mit der Erholung. „Wenn genügend Wasser da ist, sehen wir schon in wenigen Tagen, dass es grünt.“

Vor allem tief liegende Pflanzenteile überleben häufig die Feuer. Auch Baumarten wie Birken, Kiefern, Weiden oder Pappeln könnten sich schnell wieder ansiedeln.

Schwierige Aufräumarbeiten

Was jedoch jetzt schon absehbar ist: Viele der vom Feuer geschwächten Bäume werden in den nächsten Wochen und Monaten zusammenbrechen. Das birgt Gefahren – auch für Helferinnen und Planerinnen.

Liegt das Holz erst einmal kreuz und quer wie ein Mikadospiel, wird jede gezielte Maßnahme schwieriger. Deshalb sei es wichtig, sich frühzeitig auf ein Vorgehen zu einigen. „Wenn man das jetzt nicht angeht, verpasst man die Chance auf eine nachhaltige Lösung“, sagt Müller. (mit dpa)

 

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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