Trinkwasser aus der Luft: MIT zeigt radikale Abkürzung per Ultraschall
Das MIT nutzt Ultraschall, um Wasser aus Luftfeuchtigkeit in Minuten zu gewinnen – eine schnelle Alternative für atmosphärische Wassergewinnung.
Ingenieure des MIT entwickeln ein Ultraschallsystem, um Wasser aus einem atmosphärischen Wassergewinner „herauszuschütteln“. Das Design (zwei Prototypen sind auf dem Foto zu sehen) kann das aufgefangene Wasser innerhalb von Minuten statt Stunden zurückgewinnen.
Foto: Ikra Iftekhar
Ein Team am MIT zeigt eine neue Möglichkeit, Trinkwasser aus der Luft zu gewinnen. Statt darauf zu warten, dass die Sonne Feuchtigkeit aus schwammartigen Materialien verdampft, setzt die Methode auf Ultraschall. Die Schwingungen lösen die Wassermoleküle in wenigen Minuten aus dem Material. Das System arbeitet rund 45-mal effizienter als bisherige Verfahren und könnte künftig kompakte, solarbetriebene Wassermodule ermöglichen.
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Atmosphärische Wassergewinnung
Trinkwasser gewinnen, ohne Brunnen, ohne Entsalzungsanlage, ohne kilometerlange Leitungen. Nur aus der Luft. Ganz gleich ob in feuchten Küstenregionen oder in heißen Wüsten. Genau dieses Versprechen steckt hinter der atmosphärischen Wassergewinnung, kurz AWH. Schwammartige Materialien saugen Feuchtigkeit auf und liefern am Ende Trinkwasser. Eigentlich klingt das einfach. Doch bisher dauerte der entscheidende Schritt – das Herauslösen des Wassers – oft Stunden.
Ein Team am MIT zeigt jetzt, dass es auch anders geht. Und zwar sehr viel schneller. Statt auf Verdampfung durch Sonnenwärme setzt die Gruppe auf Ultraschall. Wasser wird nicht erhitzt, sondern „herausgeschüttelt“. „Jetzt haben wir eine Möglichkeit, Wasser schnell und effizient zurückzugewinnen“, sagt Svetlana Boriskina, leitende Wissenschaftlerin am MIT. Die Studie erschien in Nature Communications.
Warum bisherige Systeme Zeit verlieren
Viele Materialien für AWH funktionieren nach dem gleichen Prinzip: Feuchte Nachtluft wird absorbiert, die Sonne am nächsten Tag soll das Wasser aus dem Material lösen. Das klingt energiesparend, ist aber zäh. Manche Materialien halten das Wasser so fest, dass sie Stunden brauchen, bis sie es wieder freigeben. Und wenn sich Wolken vorschieben? Dann wartet das System einfach weiter.
Boriskina bringt es nüchtern auf den Punkt: „Jedes Material, das sehr gut Wasser aufnehmen kann, will sich nicht von diesem Wasser trennen.“ Die Folge: unzuverlässige Betriebszeiten, geringe Tagesausbeute und komplizierte Konstruktionen.
Ultraschall macht es anders
Mit Ultraschall meinen die Ingenieurinnen und Ingenieure akustische Schwingungen oberhalb von 20 kHz. Diese Frequenzen sind für uns nicht hörbar, doch sie erzeugen feine Druckwellen. Normalerweise kennen Sie diese Technik aus der Medizin, etwa bei Bildgebungsverfahren. Dass sie sich eignet, um Wasser aus porösen Materialien zu lösen, war jedoch nicht offensichtlich.
Das MIT-Team probierte es aus – und stieß auf einen verblüffend direkten Mechanismus. „Mit Ultraschall können wir die schwachen Bindungen zwischen den Wassermolekülen und den Stellen, an denen sie sich befinden, präzise aufbrechen“, erklärt Erstautor Ikra Shuvo. „Es ist, als würde das Wasser mit den Wellen tanzen.“
Diese Schwingungen erzeugen einen Impuls im Material. Die Wassermoleküle verlieren ihren Halt und sammeln sich in Tropfen, die sich abtrennen und in kleine Auffangbehälter fallen.
Das technische Herzstück: Ein vibrierender Keramikring
Das Gerät selbst ist kompakt aufgebaut. Ein flacher Keramikring fungiert als „Schwingplatte“. Legt man Spannung an, beginnt er mit hoher Frequenz zu vibrieren. Ein äußerer Ring mit feinen Öffnungen fängt die gelösten Tropfen auf. Darüber und darunter befinden sich kleine Sammelbehälter.
Der entscheidende Vorteil: Die Methode funktioniert unabhängig davon, welches AWH-Material verwendet wird. Sie ist also kein Spezialfall – eher ein universeller Nachrüstsatz.
Die Tests verliefen erfolgreich. In einer Feuchtigkeitskammer wurden Proben zuvor gesättigt. Legte das Team die Proben anschließend auf das vibrierende Gerät, trockneten sie innerhalb weniger Minuten. Im Vergleich zu bisherigen Verfahren steigt die Effizienz um den Faktor 45. Anstelle von langem Warten arbeitet das neue System in kurzen Zyklen.
Wie könnte ein praktisches System aussehen?
Boriskina denkt bereits in Anwendungen für den Alltag. Ein mögliches Szenario: Ein Fenster-großes AWH-Modul sammelt tagsüber Feuchtigkeit. Eine kleine Solarzelle speist den Ultraschallaktuator, der jeweils kurz anspringt, wenn das Material gesättigt ist. So entstehen viele Zyklen pro Tag.
Das Ziel ist weniger futuristisch, als es klingt. Die Technologie braucht nur Strom, ein Material zur Feuchtigkeitsaufnahme und eine reproduzierbare Ultraschallquelle. Kein Brenner, keine großen Flächenkollektoren. „Mit Ultraschall können wir Wasser schnell zurückgewinnen und den Zyklus immer wieder wiederholen“, sagt Boriskina. „Das kann pro Tag eine Menge ausmachen.“
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