TFA bedroht Wasser und Wein: Warum die PFAS-Belastung wächst
TFA, eine langlebige PFAS-Chemikalie, verunreinigt Trinkwasser und Lebensmittel wie Wein – mit wachsendem Risiko für Umwelt und Gesundheit.

Die Trinkwasserbelastung mit der Ewigkeitschemikalie TFA wächst seit Jahren - noch stärker belastet ist jedoch Wein.
Foto: PantherMedia / lunamarina (YAYMicro)
Trifluoressigsäure, kurz TFA, ist ein Stoff, den kaum jemand kennt. Doch die Chemikalie gelangt zunehmend in unser Trinkwasser – und sogar in Lebensmittel wie Wein. Forschende und Wasserwerke schlagen Alarm. Denn TFA gehört zur Gruppe der PFAS, also zu den sogenannten Ewigkeitschemikalien. Diese Stoffe bauen sich in der Umwelt kaum ab und können über Jahrzehnte bestehen bleiben. Die Folgen sind noch nicht vollständig erforscht, doch es mehren sich Hinweise auf Risiken für Umwelt und Gesundheit.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist TFA – und woher stammt es?
- TFA im Trinkwasser: Werte steigen deutlich
- Kein Grenzwert – aber ein Risiko?
- TFA im Wein: Rückstände in jeder Probe
- Früher war TFA im Wein kein Thema
- TFA-Quellen: Landwirtschaft, Industrie und Haushalte
- Politik und Umweltverbände fordern Gegenmaßnahmen
- Frühzeitiges Handeln ist gefragt
Was ist TFA – und woher stammt es?
TFA ist das Kürzel für Trifluoressigsäure, ein Abbauprodukt aus einer Vielzahl fluorhaltiger Substanzen. Diese Verbindungen finden sich in Pflanzenschutzmitteln, Kühlmitteln, Arzneimitteln oder industriellen Prozessen. Viele dieser Produkte enthalten sogenannte PFAS – also per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen.
Diese Stoffgruppe zeichnet sich durch eine hohe chemische Stabilität aus. Das macht sie für bestimmte Anwendungen attraktiv, aber für die Umwelt problematisch. Denn TFA ist extrem beständig, wasserlöslich und mobil – es gelangt schnell ins Grundwasser, verbreitet sich großflächig und bleibt dort lange erhalten.
TFA im Trinkwasser: Werte steigen deutlich
Besonders deutlich wird das Problem am Hochrhein. Dort haben die Wasserwerke der Arbeitsgemeinschaft Bodensee-Rhein (AWBR) in den letzten acht Jahren einen sprunghaften Anstieg der TFA-Konzentration festgestellt – von ursprünglich 0,1 auf mittlerweile bis zu 1 Mikrogramm pro Liter.
„Und die TFA-Einträge werden in den nächsten 20 Jahren weiter zunehmen“, warnt Matthias Maier, Präsident der AWBR. Das Umweltbundesamt stuft TFA als „sehr mobil und persistent“ ein – also als einen Stoff, der sich rasch und dauerhaft in der Umwelt verbreitet.
Kein Grenzwert – aber ein Risiko?
Obwohl TFA laut OECD zur PFAS-Gruppe gehört, ist es in der EU-Trinkwasserrichtlinie bislang nicht explizit geregelt. Das Umweltbundesamt hat jedoch einen sogenannten Leitwert für TFA festgelegt: 60 Mikrogramm pro Liter gelten demnach als gesundheitlich tolerierbar.
Doch dieser Wert ist nur eine Empfehlung, kein verbindlicher Grenzwert. Und schon heute zeigen Daten, dass TFA nicht nur im Wasser, sondern auch in Lebensmitteln auftaucht – mit teils deutlich höheren Konzentrationen.
TFA im Wein: Rückstände in jeder Probe
Eine Untersuchung der österreichischen Umweltorganisation Global 2000 gemeinsam mit PAN Europe zeigt: In sämtlichen 49 untersuchten Weinen aus Europa wurde TFA nachgewiesen. Im Durchschnitt lag die Konzentration bei 110 Mikrogramm pro Liter – der höchste Wert erreichte sogar 320 Mikrogramm. Das ist um ein Vielfaches höher als die Werte, die derzeit im Trinkwasser gemessen werden.
Diese Ergebnisse bestätigen, dass TFA nicht nur durch das Wasser, sondern auch über die Nahrung aufgenommen wird. Besonders bemerkenswert: Selbst in Bioweinen, in denen keine Pestizidrückstände festgestellt wurden, war TFA vorhanden. Offenbar gelangt der Stoff über das Grundwasser oder die Luft in die Reben – und damit letztlich auch in die Flasche.
Früher war TFA im Wein kein Thema
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie neu das Problem ist. In der Studie wurden auch Weine aus den Jahren 1974 bis 2015 analysiert. In Proben vor 1988 war kein TFA nachweisbar. Erst ab 2010 stiegen die Werte deutlich an. Das legt nahe, dass die zunehmende Anwendung fluorhaltiger Stoffe in den letzten Jahrzehnten die Umweltbelastung maßgeblich verschärft hat.
Der Umweltchemiker Helmut Burtscher-Schaden kommentiert die Studienergebnisse mit deutlichen Worten: „Eine so hohe TFA-Konzentration im Wein weist darauf hin, dass sich TFA in Pflanzen offenbar massiv anreichert. Wir nehmen wahrscheinlich wesentlich mehr TFA über die Nahrung auf als bisher angenommen.“
TFA-Quellen: Landwirtschaft, Industrie und Haushalte
Die Herkunft von TFA ist vielfältig. Nach Schätzungen der AWBR stammt etwa die Hälfte der Umweltbelastung aus industriellen Quellen – also aus Abwässern von Fabriken, Emissionen aus Kältemitteln oder pharmazeutischen Produktionsprozessen. Die andere Hälfte dürfte auf die Landwirtschaft zurückzuführen sein, etwa durch Pflanzenschutzmittel. Auch der ganz normale Haushalt spielt eine Rolle – etwa über Reinigungsmittel, die später ins Abwasser gelangen.
„Wegen der sehr umfassenden Anwendung finden wir den Fingerabdruck des Moleküls als Abbauprodukt vieler Stoffe auch im Grundwasser“, erklärt Matthias Maier.
Politik und Umweltverbände fordern Gegenmaßnahmen
Das Thema hat mittlerweile auch die Umweltminister der Bundesländer erreicht. Sie sprechen sich für eine bessere Erforschung der PFAS-Belastung aus. Umweltorganisationen wie Greenpeace oder die Deutsche Umwelthilfe fordern weitergehende Maßnahmen.
Ziel müsse es sein, TFA möglichst vollständig zu vermeiden oder nur dort einzusetzen, wo es sich nicht vermeiden lässt. Auch die Umstellung auf klimafreundlichere Kältemittel und Wärmepumpen könnte helfen, TFA-Quellen zu verringern.
Frühzeitiges Handeln ist gefragt
Besonders kritisch: Einmal in den Wasserkreislauf gelangt, lässt sich TFA mit herkömmlichen Methoden kaum noch entfernen. Umso wichtiger sei es, die Einträge frühzeitig zu begrenzen, betonen Fachleute. „Wasser hat ein langes Gedächtnis“, sagt Maier. „Wir müssen früh anfangen, Dinge an der Quelle zu reduzieren – wir brauchen den Bremsweg.“
Die Warnung ist deutlich: Wird die Verbreitung von TFA nicht gestoppt, drohen langfristige Belastungen für Trinkwasser und Lebensmittel. Und damit auch für die Gesundheit künftiger Generationen. (mit dpa)
Ein Beitrag von: