Ozeanüberwachung 05.03.2025, 13:00 Uhr

Neues Helmholtz-Projekt liefert Echtzeitdaten aus der Tiefsee

SAFAtor nutzt Glasfaserkabel für das Ozean-Monitoring. Damit lassen sich Erdbeben, Tsunamis oder Vulkanausbrüche in Echtzeit erkennen.

Ozean überwachen

Potenziale von SAFAtor: Telekommunikationskabel können sowohl an Land wie im Meer und der Tiefsee als Sensoren genutzt (pinkes Kabel) bzw. mit Sensoren ausgestattet werden (blaues Kabel) und so einzigartige Daten zum Monitoring von Klima und Naturgefahren wie Erdbeben, Tsunami, Vulkanausbrüche, Hangrutschungen liefern.

Foto: M. Dziggel, GFZ

 Auf dem Meeresboden verlaufen weltweit Tausende Kilometer an Telekommunikationskabeln. Diese könnten nicht nur der digitalen Kommunikation dienen, sondern auch als Sensoren für wissenschaftliche Messungen genutzt werden. Bisher bleibt ein Großteil der Ozeane in Bezug auf geophysikalische und klimatische Vorgänge unzureichend erforscht, da sich dort kaum Messstationen befinden.

Hier setzt das Projekt SAFAtor (SMART Cables And Fiberoptic Sensing Amphibious Demonstrator) an. Das Helmholtz-Zentrum Potsdam Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ) und das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel erhalten 30 Millionen Euro Förderung von der Helmholtz-Gemeinschaft, um eine neue Forschungsinfrastruktur aufzubauen. Sie soll mit Hilfe innovativer Sensortechnologie Echtzeitdaten zu Klimaveränderungen und geophysikalischen Risiken wie Erdbeben oder Tsunamis liefern.

Warum ist das Projekt so wichtig?

Rund 70 % der Erdoberfläche sind von Ozeanen bedeckt. Trotz ihrer entscheidenden Rolle für das Klima und geophysikalische Prozesse gibt es bislang nur wenige wissenschaftliche Messpunkte auf dem Meeresboden. Diese unzureichende Datenlage erschwert es, Phänomene wie den Klimawandel, ozeanische Strömungen oder geophysikalische Ereignisse wie Erdbeben oder Hangrutschungen zu verstehen.

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Charlotte Krawczyk, Direktorin des Departments Geophysik am GFZ, erklärt: „Es besteht quasi eine riesige Lücke in unseren Beobachtungsdaten, die es uns erschwert, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Ozeane oder die Ursachen von Geogefahren besser zu verstehen.“ SAFAtor soll genau diese Lücke schließen.

Mit dem Einsatz von faseroptischen Sensoren in Glasfaserkabeln sollen nun erstmals kontinuierliche Messungen durchgeführt werden. Das Projekt ist Teil eines globalen Vorhabens, bei dem bestehende Telekommunikationskabel in Messinstrumente umgewandelt werden.

Technische Umsetzung von SAFAtor

Im Rahmen des Projekts soll ein Demonstrator-Kabel mit spezieller Sensortechnologie ausgestattet werden, bevor es in der Tiefsee verlegt wird. Die Forschenden planen, entlang des Kabels rund 40 Sensorstationen in Abständen von 20 bis 30 Kilometern zu installieren. Diese sollen kontinuierlich Daten zu Temperatur, Druck und seismischen Bodenbewegungen liefern.

Ein entscheidender Aspekt des Projekts ist die gleichzeitige Nutzung der Kabel für Telekommunikation und wissenschaftliche Messungen. Hierzu betont Fabrice Cotton, Projektleiter am GFZ: „Telekommunikationskabel verlaufen quer durch die Ozeane und müssen alle 25 Jahre erneuert werden. Wenn wir diese Gelegenheit nutzen, um SMART-Kabel einzusetzen, können wir eine einfache und vergleichsweise kostengünstige Sensorabdeckung des Ozeanbodens und der Küstengebiete erreichen.“

Standortwahl und internationale Zusammenarbeit

Der genaue Standort für das erste SAFAtor-Kabel ist noch nicht festgelegt. Derzeit prüfen die Forschenden verschiedene Regionen, darunter das Mittelmeer, die Arktis oder die Gewässer vor Neuseeland. Ziel ist es, mit dem ersten Kabel Erfahrungen zu sammeln, die für eine spätere Ausweitung auf weitere Regionen genutzt werden können.

Zusätzlich sind drei dauerhafte, küstennahe Monitoring-Stationen geplant. Diese sollen in besonders geologisch aktiven Regionen verankert werden:

  • Nordanatolische Verwerfungszone (Bedrohung für Istanbul durch starke Erdbeben)
  • Ätna (einer der aktivsten Vulkane Europas)
  • Nordchilenische Subduktionszone (Hochrisikogebiet für Erdbeben und Tsunamis)

Für diese Monitoring-Stationen wird das Verfahren der faseroptischen Messung genutzt, bei dem das Glasfaserkabel selbst als Sensor dient. Diese Technik ermöglicht es, Lichtpulse in der Glasfaser zu analysieren und daraus Bewegungen im Untergrund oder Druckänderungen abzuleiten.

Neue Daten für die Forschung

Mit SAFAtor wird eine bislang nie dagewesene Datenmenge gewonnen. Sie bietet wertvolle Erkenntnisse für verschiedene wissenschaftliche Disziplinen:

  • Klimaforschung: Genaue Messungen ozeanischer Strömungen und Temperaturveränderungen zur Modellierung des Klimawandels
  • Geophysik: Bessere Analyse und Vorhersage von Erdbeben, Tsunamis und Hangrutschungen
  • Ozeanografie: Neue Erkenntnisse zur Dynamik von Tiefseeströmungen und deren Einfluss auf das globale Klimasystem
  • Marine Ökologie: Beobachtung ozeanischer Lebensräume und deren Veränderungen

Laura Wallace vom GEOMAR sagt: „Die Echtzeitüberwachung der Vorgänge auf der Erde ist der Schlüssel zum Schutz der Gesellschaft vor Naturgefahren und den Auswirkungen des Klimawandels.“

Rolle der Helmholtz-Zentren

Die federführenden Helmholtz-Zentren GFZ und GEOMAR bringen ihr spezifisches Fachwissen in das Projekt ein:

  • GFZ Potsdam: Expertise im Betrieb von globalen Observatorien und der Verwaltung großer Datensätze
  • GEOMAR Kiel: Entwicklung und Integration von SMART-Sensortechnologien in Unterseekabel

Weitere Partner wie das Alfred-Wegener-Institut (AWI) und das Helmholtz-Zentrum Hereon stellen ihre Infrastruktur zur Verfügung. Darüber hinaus wird das Projekt von internationalen wissenschaftlichen Konsortien, Industrieunternehmen und Netzbetreibern unterstützt.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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