Kosmische Goldschmiede 29.04.2025, 20:07 Uhr

Supermagnetische Sterne produzieren Edelmetalle in Massen

Supermagnetische Sterne wie Magnetare erzeugen Gold & Platin bei gewaltigen Explosionen – neue Studie liefert faszinierende Hinweise.

magnetisierter Stern

Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass eine riesige Flares von einem stark magnetisierten Stern, einem sogenannten Magnetar, schwere Elemente wie Gold und Platin erzeugen kann. Die starken, verdrehten Magnetfeldlinien des Magnetars (grün dargestellt) können den Fluss elektrisch geladener Materie aus dem Objekt beeinflussen.

Foto: NASA/JPL-Caltech

Gold, Platin, Uran – kostbare Metalle, die wir auf der Erde mühsam fördern, könnten ihren Ursprung in gewaltigen Sternenexplosionen haben. Neue Erkenntnisse deuten darauf hin, dass sogenannte Magnetare – extrem stark magnetisierte Neutronensterne – große Mengen dieser schweren Elemente ins Weltall schleudern können. Forschende des Flatiron Institute in New York zeigen, dass einzelne Ausbrüche dieser Sterne die Masse von Planeten in Form schwerer Atomkerne freisetzen könnten.

Eine Explosion mit dem Gewicht von 27 Monden

Im Jahr 2004 registrierte ein Weltraumteleskop einen außergewöhnlich intensiven Lichtblitz. Die Ursache war schnell gefunden: Ein Magnetar hatte eine riesige Fackel – einen sogenannten „Giant Flare“ – ausgelöst. Diese Strahlungsexplosion dauerte nur Sekunden, setzte jedoch mehr Energie frei als unsere Sonne in einer Million Jahren.

Doch zehn Minuten später registrierten die Instrumente ein weiteres, schwächeres Signal. Lange Zeit blieb unklar, was genau es ausgelöst hatte. Zwei Jahrzehnte später konnte ein Forschungsteam um Brian Metzger und Anirudh Patel die Antwort liefern: Es war der radioaktive Zerfall neu gebildeter schwerer Elemente. Ihr Ursprung: die Kruste des Magnetars.

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Die Astronominnen und Astronomen berechneten, dass bei dieser Fackel eine Masse von etwa einem Drittel der Erde ins All geschleudert wurde – bestehend aus Elementen wie Gold, Platin und Uran. In Zahlen ausgedrückt: 2 Millionen Milliarden Milliarden Kilogramm.

Woher stammen die schwersten Elemente?

Wasserstoff, Helium und kleine Mengen Lithium entstanden kurz nach dem Urknall. Doch alles, was schwerer ist als Eisen, muss unter extremeren Bedingungen entstehen. Forschende sprechen hier vom r-Prozess – dem schnellen Neutroneneinfangprozess. Dabei werden Atomkerne mit Neutronen regelrecht bombardiert. Das kann nur in besonders dichten und energiereichen Umgebungen geschehen.

Lange galten Supernovae oder die Kollision zweier Neutronensterne als Hauptquellen für diese Bedingungen. Ein wichtiger Hinweis kam 2017, als erstmals eine solche Kollision beobachtet wurde – samt Nachweis neu gebildeter schwerer Elemente. Doch die Häufigkeit solcher Ereignisse reicht nicht aus, um den heutigen Edelmetallbestand unserer Galaxie zu erklären.

Magnetare: Die unterschätzten Schwergewichte

Magnetare sind eine seltene Untergruppe von Neutronensternen. Sie entstehen, wenn ein massereicher Stern am Ende seines Lebens kollabiert. Übrig bleibt ein extrem dichter Restkörper – etwa so groß wie eine Stadt, aber mit der Masse eines Sterns. Was Magnetare besonders macht, ist ihr Magnetfeld. Es ist bis zu tausend Billionen Mal stärker als das der Erde.

Diese Magnetfelder können zu gewaltigen Spannungen in der Sternenkruste führen. Wenn sie sich entladen, kommt es zu einem Flare – einer Explosion, die nicht nur Strahlung, sondern auch Materie freisetzt. Laut den Berechnungen von Metzgers Team können dabei große Mengen an Material in eine Umgebung gelangen, die für den r-Prozess geeignet ist.

„Es ist ziemlich unglaublich, dass einige der schweren Elemente, die uns umgeben, wie die Edelmetalle in unseren Handys und Computern, in diesen verrückten, extremen Umgebungen entstehen“, sagt Anirudh Patel, Hauptautor der Studie.

🔍 Was ist ein Magnetar?

  • Typ: Neutronenstern
  • Besonderheit: Extrem starkes Magnetfeld (bis zu 10¹¹ Tesla)
  • Entstehung: Durch Supernova-Explosion massereicher Sterne
  • Größe: Etwa 20 km Durchmesser
  • Masse: 1,4-fache Sonnenmasse
  • Alter: Meist jung (aktiv für ca. 10.000 Jahre)
  • Aktivität: Erzeugt plötzliche Energieausbrüche (Flares)
  • Anzahl: Nur wenige Dutzend in der Milchstraße bekannt
  • Entdeckung: Erste Hinweise in den 1970er Jahren

 

Das vergessene Signal von 2004

Die Forschenden fanden heraus, dass das schwächere Signal von 2004 exakt zu ihren Modellen passt. Es stammt von radioaktivem Zerfall der frisch gebildeten Elemente. Diese Prozesse senden Gammastrahlen aus – eine Form hochenergetischer Strahlung, die empfindliche Teleskope nachweisen können.

„Das Ereignis war im Laufe der Jahre irgendwie in Vergessenheit geraten“, sagt Brian Metzger. „Aber wir haben sehr schnell erkannt, dass unser Modell perfekt dazu passt.“

Wie viel Gold stammt aus Magnetaren?

Die aktuelle Studie schätzt, dass zwischen 1 und 10 % der schweren Elemente in der Milchstraße aus Magnetar-Flares stammen könnten. Der Rest dürfte aus Neutronensternkollisionen stammen. Doch weil bislang nur eine große Magnetar-Fackel genau untersucht wurde, sind genauere Aussagen schwierig. Auch andere mögliche Quellen sind nicht ausgeschlossen.

„Wir können nicht ausschließen, dass es noch dritte oder vierte Orte gibt, die wir einfach noch nicht gesehen haben“, so Metzger.

Blick in junge Galaxien

Magnetar-Flares könnten besonders früh in der Geschichte des Universums aufgetreten sein. Das ist relevant, weil in jungen Galaxien oft mehr schwere Elemente zu finden sind, als man mit bekannten Quellen erklären kann. Patel erklärt: „Magnetar-Gigantenflares könnten die Lösung für ein Problem sein, das wir haben, nämlich dass in jungen Galaxien mehr schwere Elemente zu finden sind, als allein durch Neutronensternkollisionen entstehen könnten.“

Die Suche geht weiter

Um künftig mehr solcher Ereignisse zu erkennen, braucht es leistungsfähige Teleskope. Ein Beispiel ist die geplante NASA-Mission Compton Spectrometer and Imager, die ab 2027 Gammastrahlen aus dem All erfassen soll. Denn sobald ein Gammablitz erkannt wird, müssen Forschende schnell reagieren.

„Sobald ein Gammablitz entdeckt wird, muss man innerhalb von 10 bis 15 Minuten ein Ultraviolett-Teleskop auf die Quelle richten, um den Signalpeak zu sehen und zu bestätigen, dass dort r-Prozess-Elemente entstehen“, sagt Metzger. „Das wird eine spannende Jagd.“

Hier geht es zur Originalpublikation

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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