Scramjet-Triebwerke 30.07.2024, 12:44 Uhr

Mit dem „Flugzeug“ in den Weltraum – so soll es gelingen

Werden künftige Raumfahrzeuge wie herkömmliche Flugzeuge horizontal starten und landen statt vertikal wie Raketen? Neue Technologien könnten das möglich machen.

Hyperschall-Forschungsflugzeug X-43A

Das dritte Hyperschall-Forschungsflugzeug X-43A und seine modifizierte Pegasus-Trägerrakete beschleunigen nach dem Start von einem B-52B-Trägerflugzeug der NASA über dem Pazifik am 16. November 2004. Wenige Minuten später trennte sich die X-43A von der Pegasus-Trägerrakete und beschleunigte auf die geplante Geschwindigkeit von Mach 10.

Foto: NASA/Carla Thomas

Die Vorstellung, mit einem Flugzeug in den Weltraum zu fliegen, klingt wie Science-Fiction. Doch die Forschung und Entwicklung im Bereich der Hyperschalltechnologie bringt diese Vision immer näher an die Realität heran. Konkret geht es darum, Raumfahrzeuge zu entwickeln, die horizontal starten und landen, aber eine ähnliche Funktionalität wie das SpaceX Starship haben. Die Nasa und die University of Virginia (UVA) sind diesem Traum einen Schritt nähergekommen. Optische Sensoren und fortschrittliche Scramjet-Triebwerke (Staustrahltriebwerke mit Überschallverbrennung) sollen es möglich machen.

Überschallverbrennung im Scramjet

Um zu verstehen, um was es bei der Forschung des UVA geht, schauen wir uns zunächst das Prinzip der Staustrahltriebwerke an und hier insbesondere die Ausführung mit Überschallverbrennung (Scramjet). Beim Scramjet (Supersonic Combustion Ramjet) wird die einströmende Luft nicht unter die Schallgeschwindigkeit des Triebwerks abgebremst, und die Verbrennung erfolgt im Überschallbereich. Scramjets arbeiten in einem Geschwindigkeitsbereich von Mach 5 bis Mach 15.

Für die Gasbeschleunigung ist die Dichte ρ des Gases entscheidend: Eine Erweiterung des Düsendurchmessers führt zu einer Beschleunigung des austretenden Gases, da eine größere Expansion und höhere Austrittsgeschwindigkeit ermöglicht wird. Scramjets werden durchgehend bei Überschallgeschwindigkeit (> Mach 3) durchströmt und müssen den hohen Temperaturen standhalten. Bei Mach 8 entstehen Temperaturen von 3000 bis 4000 °C.

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Beim Demonstrationsfluggerät X-51 von Boeing umströmt der Treibstoff das heiße Triebwerk zur Kühlung, nimmt die Hitze auf und verdampft. Dabei wird der Treibstoff (JP-7) durch einen Katalysator in kleinere Moleküle wie Wasserstoff und Ethylen zerlegt, die dann verbrannt werden. Ein Problem der Überschallverbrennung ist die kurze Verweilzeit der Luft im Triebwerk, was die Durchmischung von Treibstoff und Sauerstoff erschwert. Dies kann durch geeignete Triebwerksgestaltung gelöst werden. Die UVA arbeitet unter anderem daran. Insbesondere geht es dabei um die Sensoren, die den Luftstrom steuern.

Neuer Ansatz zur Steuerung des Luftstroms

Frühere Ansätze zur Steuerung des Luftstroms durch Überschalltriebwerke basierten auf Drucksensoren. Diese Sensoren überwachten den Luftstrom und stellten sicher, dass das Triebwerk effizient arbeitet. Doch dieser Ansatz stieß bei hohen Geschwindigkeiten an seine Grenzen. Hier setzt die aktuelle Forschung an. Ein Team der UVA hat in einer von der Nasafinanzierten Studie gezeigt, dass optische Sensoren eine weitaus präzisere Kontrolle ermöglichen.

Die optischen Sensoren arbeiten nahezu in Lichtgeschwindigkeit und können subtile Veränderungen im Triebwerk und im Strömungsweg erkennen. Diese Fähigkeit ermöglicht es, den Luftstrom bei extremen Geschwindigkeiten zu stabilisieren und so die Effizienz und Sicherheit der Hyperschallflugzeuge zu erhöhen.

Bisherige Scramjet-Flüge

Staustrahltriebwerke mit Überschallverbrennung sind keine neue Erfindung, doch bislang sind sie kaum über die Experimentierphase hinausgekommen. Hier sind zwei Meilensteine bisheriger Scramjet-Flüge:

HFL Cholod

Der erste Nachweis von Überschallverbrennung in einem Flugkörper gelang dem HFL Cholod im November 1991 in Russland. Der Scramjet wurde vom Zentralinstitut für Flugmotoren (ZIAM) in Moskau in den späten 1970er Jahren entwickelt, basierend auf theoretischen Grundlagen aus den 1960er Jahren. Von 1992 bis 1998 wurden sechs weitere Testflüge dieses Scramjet-Demonstrators vom ZIAM, teilweise zusammen mit Frankreich und später mit der NASA, durchgeführt. Dabei wurden Geschwindigkeiten von über Mach 6,4 erreicht und der Scramjet-Betrieb konnte für 77 Sekunden demonstriert werden.

Hyper-X Durchbruch

Am 26. März 2004 erreichte die NASA mit dem X-43A-Flugkörper Mach 7 mittels eines Scramjet-Antriebs. Die nötige Operationsgeschwindigkeit wurde durch eine Pegasus-Trägerrakete erreicht. Am 16. November 2004 erreichte die Nasa mit einem ähnlichen Versuchsaufbau knapp Mach 10. Diese Geschwindigkeit war zuvor nur von Raketen erreicht worden und stellt einen Durchbruch bei der Entwicklung von Scramjet-Triebwerken dar.

Der eigentliche Flug der X-43A dauerte knapp 20 Sekunden in über 33 km Höhe und erreichte Mach 9,8. Trotz dieses Erfolgs standen die Ingenieure vor der Herausforderung, die Triebwerkssteuerung zu verbessern. Die Technologie basierte auf veralteten Sensoransätzen, die nicht in der Lage waren, die komplexen Bedingungen bei Hyperschallgeschwindigkeiten zu bewältigen.

Optische Sensoren: Der nächste Schritt

Zurück zur Studie an der UVA. Wie bereits geschrieben, konnte das Forschungsteam mit optischen Sensoren bessere Ergebnisse als mit den bislang genutzten Drucksensoren erzielen. Diese Sensoren analysieren die Lichtmenge, die von den reagierenden Gasen in der Scramjet-Brennkammer emittiert wird, sowie andere Faktoren wie die Position und das Spektrum der Flamme. Diese Daten ermöglichen eine adaptive Regelung des Triebwerks, die auf dynamische Veränderungen reagiert und die Gesamtleistung des Systems optimiert.

Professor Christopher Goyne, Direktor des UVA-Luftfahrtforschungslabors, betont die Bedeutung dieser Technologie für die zukünftige Raumfahrt. Ziel sei es, Raumfahrzeuge zu entwickeln, die wie herkömmliche Flugzeuge horizontal mit Hilfe einer Rollbahn in den Weltraum fliegen und wieder landen können. Das derzeit modernste Raumschiff, das SpaceX Starship, hat zwei Stufen mit vertikalem Start und Landung. Doch um die Sicherheit, den Komfort und die Wiederverwendbarkeit zu optimieren, strebt die Raumfahrtgemeinschaft ein Konzept an, das eher einer Boeing 737 ähnelt.

Läuten Dual-Mode-Staustrahltriebwerke eine neue Ära ein?

Eine der innovativsten Entwicklungen ist das Dual-Mode-Staustrahltriebwerk, das im Rahmen des UVA-Projekts getestet wurde. Dieses Triebwerk startet im Staustrahlmodus bei niedrigeren Mach-Zahlen und schaltet bei Geschwindigkeiten über Mach 5 auf den vollen Überschallluftstrom um. Diese Fähigkeit, nahtlos zwischen den Modi zu wechseln, ist entscheidend, um die Hyperschallgeschwindigkeiten zu erreichen und aufrechtzuerhalten.

Traditionelle Drucksensoren waren nicht in der Lage, die schnellen Veränderungen im Luftstrom bei diesen hohen Geschwindigkeiten zu bewältigen. Optische Sensoren hingegen können subtile Veränderungen erkennen und ermöglichen so eine präzisere Steuerung des Triebwerks. Dies verhindert Fehlstarts und stellt sicher, dass das Triebwerk effizient arbeitet.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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