Der kühle Kopf im All: Jim Lovell und das Wunder von Apollo 13
Jim Lovell führte Apollo 13 durch eine der dramatischsten Rettungsmissionen der Raumfahrtgeschichte. Nun ist er im Alter von 97 Jahren gestorben.

Jim Lovell mit seinem Sohn am 19. April 1970, zwei Tage nach der glücklichen Rückkehr von Apollo 13 auf die Erde.
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Jim Lovell war einer der erfahrensten Astronauten der Nasa. Er flog viermal ins All, zweimal zum Mond – und stand als Kommandant von Apollo 13 im Zentrum einer beispiellosen Rettungsaktion. Sein Leben war geprägt von technischen Herausforderungen, präziser Planung und der Fähigkeit, unter Druck klare Entscheidungen zu treffen.
Frühe Jahre und Ausbildung
James Arthur „Jim“ Lovell Jr. kam am 25. März 1928 in Cleveland, Ohio, zur Welt. Er studierte zunächst Maschinenbau an der University of Wisconsin, später Naturwissenschaften und Ingenieurwesen an der United States Naval Academy. 1952 schloss er mit einem Bachelor of Science ab. Schon seine Abschlussarbeit widmete er der Frage, wie Raketenflüge im interplanetaren Raum funktionieren könnten.
Lovell ging zur US-Marine, wo er als Pilot diente. Er besuchte die Testpilotenschule in Patuxent River, Maryland, und blieb von 1958 bis 1962 in dieser Funktion. In dieser Zeit bewarb er sich bei der NASA, scheiterte jedoch zunächst an der Aufnahme in das Mercury-Programm.
1952 heiratete Lovell Marilyn Lilli Gerlach. Das Paar bekam vier Kinder und blieb bis zu Marilyns Tod verheiratet. Ihren Namen verewigte Lovell auf dem Mond – ein Gipfel der Montes Secchi trägt den Namen „Mount Marilyn“.
Einstieg ins Astronautenkorps
Als die NASA 1962 eine zweite Astronautengruppe suchte, bekam Lovell seine Chance. Am 17. September 1962 wurde er offiziell vorgestellt. Sein Spezialgebiet während der Ausbildung war die Bergung von Landekapseln nach einer Wasserung.
1965 flog er erstmals ins All – als Pilot von Gemini 7, gemeinsam mit Frank Borman. Der Flug dauerte 14 Tage, ein Rekord, der erst 1970 von der sowjetischen Mission Sojus 9 übertroffen wurde. Im November 1966 führte Lovell als Kommandant von Gemini 12 seinen zweiten Raumflug durch, dieses Mal mit Buzz Aldrin.
Apollo 8 – der erste Flug zum Mond
Lovell sollte zunächst bei der Mission Apollo 9 eingesetzt werden. Doch nach einer Umplanung wurde er Teil der Crew von Apollo 8 – dem ersten bemannten Flug zum Mond. Vom 21. bis 27. Dezember 1968 umkreiste die Besatzung den Mond und kehrte sicher zurück. Damit war Lovell einer der ersten drei Menschen, die den Mond aus nächster Nähe gesehen hatten.
Er wurde später als Ersatzkommandant von Apollo 11 nominiert und hätte Neil Armstrong ersetzen können, wenn dieser ausgefallen wäre. Stattdessen führte er 1970 als Kommandant die Mission Apollo 13 an.
Die Crew von Apollo 13
Geplant war eine Landung im Fra-Mauro-Hochland. Lovell sollte als fünfter Mensch den Mond betreten. An seiner Seite: Fred Haise als Pilot der Mondlandefähre „Aquarius“ und Ken Mattingly als Pilot des Kommandomoduls „Odyssey“. Kurz vor dem Start musste Mattingly aus gesundheitlichen Vorsichtsgründen durch Jack Swigert ersetzt werden.
Apollo 13 – Technische Daten
- Mission: Apollo 13 – dritte geplante Mondlandung, abgebrochen nach Explosion eines Sauerstofftanks
- Start: 11. April 1970, 19:13 UTC, Kennedy Space Center, Florida
- Kommandant: James A. „Jim“ Lovell
- Kommandomodul-Pilot: John L. „Jack“ Swigert
- LM-Pilot: Fred W. Haise
- Raumschiff: Odyssey (Kommando-/Servicemodul CSM-109) und Aquarius (Mondlandefähre LM-7)
- Geplante Landestelle: Fra-Mauro-Hochland
- Flugdauer: 142 Stunden, 54 Minuten
- Maximale Entfernung von der Erde: 401.056 km
- Landung: 17. April 1970, 18:07 UTC, Südpazifik nahe Amerikanisch-Samoa
- Bergungsschiff: USS Iwo Jima (LPH-2)
- Besonderheiten: Erste Apollo-Mission, die vorzeitig abgebrochen werden musste; Nutzung der Mondlandefähre als „Rettungsboot“
Start und erste Flugtage
Am 11. April 1970 startete Apollo 13 mit einer Saturn-V-Rakete vom Kennedy Space Center. Schon beim Aufstieg kam es zu kleineren Unregelmäßigkeiten, doch die Rakete brachte die Crew sicher auf Kurs zum Mond.
55 Stunden nach dem Start, mehr als 300.000 Kilometer von der Erde entfernt, geschah das Unglück. Sauerstofftank 2 im Servicemodul explodierte. Swigert meldete den berühmten Satz: „Okay Houston, we’ve had a problem here.“ Lovell wiederholte ihn kurz darauf.
Kampf ums Überleben
Die Explosion beschädigte auch den zweiten Sauerstofftank. Damit fielen fast alle Energie- und Wasservorräte im Kommandomodul aus. Die Mondlandung war unmöglich. Stattdessen wurde die Mondlandefähre als „Rettungsboot“ genutzt.
Die Besatzung musste mit knappen Ressourcen auskommen. Wasser und Strom wurden streng rationiert. Die Temperatur fiel auf 0 °C. Ein weiteres Problem: Die CO₂-Filter der Landefähre waren nur für zwei Personen ausgelegt. Ingenieure am Boden entwickelten aus Schläuchen, Klebeband und anderen Bordmitteln einen Adapter, den die Crew nachbaute.
Kurskorrekturen und Rückflug
Weil das Haupttriebwerk im Servicemodul beschädigt sein konnte, flog Apollo 13 einmal um den Mond herum und nutzte dessen Gravitation zur Rückkehr. Zusätzliche Triebwerkszündungen verkürzten die Flugzeit und ermöglichten eine Wasserung im Pazifik, wo bereits ein Bergungsschiff wartete.
Am 17. April 1970 landete die „Odyssey“ nach 142 Stunden Flugzeit südöstlich von Amerikanisch-Samoa. Der längere als erwartete Funk-Blackout beim Wiedereintritt ließ kurz die Befürchtung aufkommen, die Crew sei verloren. Doch Lovell, Haise und Swigert kehrten lebend zurück.

Am 17. April 1970 kehrt die Kapsel der Apollo 13 auf die Erde zurück.
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Ursache der Explosion und die Folgen für weitere Missionen
Die Untersuchung zeigte, dass ein Konstruktionsfehler in den Thermostaten der Sauerstofftanks und eine Verkettung von Versäumnissen zur Explosion geführt hatten. Ein beschädigtes Ablassventil, fehlerhafte Spannungsanpassungen und Überhitzung im Testbetrieb waren entscheidende Faktoren.
Apollo 13 wurde von Kommandant Lovell als „erfolgreicher Fehlschlag“ bezeichnet – die Mission scheiterte am ursprünglichen Ziel, rettete aber die Crew durch Teamarbeit und Improvisation. Flugdirektor Gene Kranz sprach von der „größten Stunde der NASA“.
Die Mission führte zu technischen Änderungen und Sicherheitsverbesserungen. Drei geplante Mondmissionen wurden aus Budget- und Sicherheitsgründen gestrichen.
Lovells Karriere nach Apollo 13
Lovell verließ NASA und Marine 1973. Er arbeitete in leitenden Positionen bei mehreren Unternehmen und ging 1991 in den Ruhestand. Mit Jeffrey Kluger schrieb er das Buch Lost Moon, das als Vorlage für den Film Apollo 13 mit Tom Hanks diente. Lovell selbst trat kurz als Kapitän des Bergungsschiffs auf.
1999 eröffnete er in Lake Forest das Restaurant „Lovell’s“, in dem Raumfahrtartefakte und Requisiten aus dem Film ausgestellt waren. 2015 wurde es geschlossen.
Jim Lovell – Lebensdaten
- Vollständiger Name: James Arthur Lovell Jr.
- Geburtsdatum: 25. März 1928
- Geburtsort: Cleveland, Ohio, USA
- Verstorben: 7. August 2025 in Lake Forest, Illinois, USA
- Ausbildung: Maschinenbau (University of Wisconsin), Naturwissenschaften & Ingenieurwesen (United States Naval Academy)
- Militärische Laufbahn: Offizier und Testpilot der US Navy
- NASA-Karriere: Astronaut (Gemini 7, Gemini 12, Apollo 8, Apollo 13)
- Familie: Verheiratet mit Marilyn Lilli Gerlach (1952–†), vier Kinder
- Rekorde: Erster Mensch mit vier Weltraumflügen; einziger Mensch mit zwei Mondflügen ohne Landung; größte jemals erreichte Entfernung von der Erde (401.056 km)
- Ehrungen: Presidential Medal of Freedom, Congressional Space Medal of Honor, Aufnahme in die National Aviation Hall of Fame
Rekorde, Ehrungen und letzte Jahre
Lovell war der erste Mensch mit vier Weltraumflügen, der einzige mit zwei Mondflügen ohne Landung und zusammen mit Haise und Swigert der Mensch, der sich am weitesten von der Erde entfernt hat – 401.056 Kilometer.
Er erhielt unter anderem die Presidential Medal of Freedom, die Congressional Space Medal of Honor und wurde in die National Aviation Hall of Fame aufgenommen.
Nach dem Tod von Bill Anders im Juni 2024 war Lovell das letzte lebende Mitglied der Apollo-8-Crew. Am 7. August 2025 starb er mit 97 Jahren in Lake Forest, Illinois.
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