Landmaschinen im Wandel 27.12.2025, 11:00 Uhr

Schwere Arbeit, harte Physik: Grüne Landmaschinen im Check

Wie Traktoren, Teleskoplader und Erntemaschinen klimafreundlicher werden könnten – und warum am Ende nicht der Motor entscheidet, sondern das System.

Traktor pflügt Feld

Batterie, Wasserstoff oder E-Fuel? Der Realitätscheck zeigt, warum grüne Landmaschinen mehr als einen neuen Antrieb brauchen.

Foto: Smarterpix / ETfoto

Wenn morgens der erste Traktor den Hof verlässt, ist das für viele Betriebe Alltag – und für das Klima ein komplexes Rechenstück. Landwirtschaftliche Maschinen sichern Erträge, Futterketten und Versorgung. Gleichzeitig hängen sie bislang in hohem Maß am Diesel: wegen der Energiedichte, wegen der Robustheit und wegen der Unabhängigkeit von der Infrastruktur.

Genau das macht die „grüne Landmaschine“ zu einer technischen Herausforderung, die sich nicht mit einem einzigen Wunderantrieb lösen lässt. Sie ist eher ein Umbauprojekt: Antrieb, Energiespeicher, Arbeitsfunktionen, Service – und vor allem die Energieversorgung auf dem Hof müssen zusammenpassen.

Diesel: technisch stark, wegen des Klimawandels unter Druck

Der Diesel ist nicht verschwunden, weil er schlecht wäre. Im Gegenteil. Seine Stärken sind fast maßgeschneidert für den Feldbetrieb. Er hat viele Vorteile, wie zum Beispiel eine große Reichweite mit einer Tankfüllung, schnelles Nachtanken, bewährte Motoren und weltweit verfügbare Logistik. Doch regulatorisch und gesellschaftlich wird es enger. Für Motoren in mobilen Maschinen gilt in Europa die Abgasstufe Stage V; damit sind Grenzwerte und Typgenehmigungsanforderungen deutlich strenger geworden.

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Das Umweltbundesamt weist zudem darauf hin, dass Emissionen mobiler Maschinen und Geräte (NRMM) relevant sind und Stage-V-Grenzwerte im Grundsatz anspruchsvoll ausfallen – die Debatte dreht sich inzwischen auch um Emissionen unter Realbedingungen.

Alternativen müssen zuverlässig sein

Was für Hersteller und Betreiber hinzukommt: Die Klimadebatte zielt nicht nur auf NOx und Partikel, sondern zunehmend auf CO₂ über den gesamten Lebenszyklus. Und Landmaschinen sind Schwerarbeiter – mit hohen Dauerleistungen, langen Einsatzzeiten und Spitzenlasten, wenn etwa Häcksler oder Mähdrescher bei optimalem Wetterfenster über einen längeren Zeitraum zuverlässig funktionieren müssen.

Das setzt die Entwicklerinnen und Entwickler von Alternativen unter Druck. Ein grüner Antrieb muss nicht nur sauber, sondern auch verlässlich, wirtschaftlich und einfach zu reparieren sein.

Drei Optionen – und keine ist alleiniger Gamechanger

Im Moment kristallisieren sich drei Strategien heraus, die oft parallel gedacht werden:

  • Batterieelektrisch – lokal emissionsfrei, leise, gut regelbar.
  • Wasserstoff – entweder in der Brennstoffzelle oder als Wasserstoff-Verbrenner, mit schneller Betankung als Versprechen.
  • (Re-)Fuels / E-Fuels – flüssige Kraftstoffe, die bilanziell treibhausgasarm sein können und bestehende Technik länger nutzbar machen.

Welche Technologie die künftige Lösung wird, ist derzeit offen, und vermutlich ist genau das die wichtigste Erkenntnis. Selbst in einem Statement der Deutz AG wird dieser Punkt betont: Wasserstoff gilt als potenziell sehr sauber, aber im harten Alltag heute teils noch als zu komplex; ReFuels können CO₂-neutral sein, dürften jedoch knapp bleiben; batterieelektrische Konzepte könnten ein pragmatischer Mittelweg zwischen Umweltwirkung und Alltagstauglichkeit sein.

Elektrisch nur dort, wo es wirklich passt

Der batterieelektrische Weg wirkt auf den ersten Blick naheliegend. Schließlich hat er im Pkw-Sektor ebenfalls Fahrt aufgenommen. In der Landwirtschaft ist die Lage jedoch spezieller. Denn die Maschine muss oft fernab des Netzes arbeiten, nicht selten im Schichtbetrieb. Trotzdem sehen viele Entwicklerinnen und Entwickler gerade bei bestimmten Maschinentypen gute Chancen, vor allem bei Geräten, die regelmäßig zum Hof zurückkehren oder in sensiblen Bereichen arbeiten: Stall, Gewächshaus, kommunale Einsätze, Hoflogistik.

Beispiel: Traktoren für den Weinberg

Ein greifbares Beispiel ist der schmalspurige Elektrotraktor für Sonderkulturen. Fendt beschreibt seinen e100-V-Vario als batterieelektrischen Traktor für Obst- und Weinbau, Gewächshäuser und kommunale Anwendungen; der Ansatz zielt damit auf Einsatzprofile, in denen planbare Rückkehr- und Ladefenster realistischer sind als beim großflächigen Ackerbetrieb.

Beispiel: Teleskoplader

Einige Zulieferer argumentieren ähnlich: ZF etwa hebt die Vorteile elektrischer Antriebe für kompakte Fahrzeuge wie Hoflader oder Teleskoplader hervor, also für Maschinen, die viel rangieren, häufig stoppen und anfahren, und bei denen Lärm und Abgase besonders stören. Das passt zu einer Beobachtung aus der Praxis: Gerade Teleskoplader gelten als frühe Kandidaten für eine Elektrifizierung, weil sie oft „nah am Betrieb“ arbeiten und in wiederkehrenden Zyklen eingesetzt werden.

Der Engpass heißt Energiespeicher

Sobald es um große Maschinen mit hohem Dauerleistungsbedarf geht, rückt der Energiespeicher ins Zentrum. Im Kern geht es um folgende Fragen:

  • Wie viel Energie passt in ein vertretbares Gewicht?
  • Wie schnell kann nachgeladen werden, ohne den Betrieb auszubremsen?
  • Wie lange hält der Speicher im Arbeitsalltag?
  • Wie sicher und kosteneffizient ist das Gesamtsystem?

Neue Batterien sind gefragt

In vielen Konzepten taucht deshalb eine modulare Logik auf: Batteriepacks in abgestuften Größen, teils mit Hochvoltarchitekturen, teils mit Wechselbatterie-Ideen für Maschinen, die nicht lange stillstehen dürfen.

Auch bei der Batterieform wird es konkret. So bietet etwa Deutz New Tech NMC- (Nickel-Mangan-Kobalt) und LFP-Batterien (Lithium-Eisen-Phosphat) als zentrale Varianten und verweist auf Sicherheits- und Kostenthemen. Unabhängig davon zeigt der aktuelle Forschungs- und Industrietrend: LFP gewinnt in vielen Anwendungen an Bedeutung, weil es als robust, langlebig und thermisch stabil gilt, während NMC häufig höhere Energiedichten ermöglicht, aber stärker von Nickel/Kobalt abhängt.

Der Blick in die Zukunft zeigt darüber hinaus, dass Festkörperbatterien als möglicher Technologiesprung gelten, weil sie höhere Energiedichte und Sicherheitsvorteile versprechen – allerdings ist die Frage der Industrialisierung noch offen. Dazu existieren Roadmaps und Übersichtsarbeiten aus der Forschung, etwa von Fraunhofer ISI.

Ohne Ladeinfrastruktur keine grüne Maschine

Selbst die beste Batterie nützt wenig, wenn die Energie nicht dorthin kommt, wo sie gebraucht wird. Deshalb rückt bei Landmaschinen stärker als im Pkw-Bereich der Hof als Energiestandort in den Fokus: Netzanschluss, Lastmanagement, Photovoltaik, Speicher. Deutz hat den „Power Tree“ entwickelt, ein mobiles Schnellladesystem im Containerformat, kombiniert mit DC-Ladeinfrastruktur und der Option, PV-Strom zu speichern.

Der Ansatz ist nicht exotisch. Auch außerhalb der Landwirtschaft werden containerisierte Batteriespeicher und mobile Ladeeinheiten als flexible Lösung diskutiert – etwa dort, wo Netzausbau teuer oder langsam ist. Für Betriebe mit eigener Stromerzeugung kann das strategisch werden: Wer PV-Strom nicht nur einspeist, sondern in einem Speicher parkt und in Maschinen nutzt, koppelt Dekarbonisierung mit Betriebskostenlogik.

Wasserstoff: Hoffnungsträger mit Hürden – aber Bewegung

Wasserstoff wird oft als Energieform beworben, die Reichweite und schnelles Betanken verspricht – quasi Dieselergebnisse ohne CO₂. Technisch gibt es zwei Hauptwege: Brennstoffzelle (elektrisch) oder Verbrennung (mechanisch, ähnlich dem klassischen Motor).

Besonders aufmerksam verfolgt wird derzeit der Wasserstoff-Verbrennungsmotor. JCB etwa kommuniziert die Entwicklung eines Wasserstoffmotors, der in Aufbau und Handling an bekannte Dieselarchitekturen angelehnt ist.

Für den Agrarsektor ist das interessant, weil Wartung, Servicekompetenz und Robustheit große Rollen spielen. Gleichzeitig bleiben die Systemfragen: Woher kommt der Wasserstoff, wie wird er verteilt, und wie sieht die Effizienzkette aus? Auch wenn einzelne Unternehmen wie JCB von Typgenehmigungen und Fortschritten berichten, ist er Aufbau der Infrastruktur die eigentliche Bewährungsprobe.

E-Fuels: Brücke für Bestandsflotten – aber noch keine Dauerlösung

E-Fuels (synthetische Kraftstoffe aus erneuerbarem Strom und CO₂) klingen nach der praktischsten Lösung: Bestehende Motoren weiter nutzen, Klimaeffekt über den Kraftstoff. In der Praxis prallen jedoch mehrere Realitäten aufeinander: Der Herstellungsprozess ist energieintensiv, die Mengen sind begrenzt, und andere Sektoren – insbesondere Luft- und Schifffahrt – gelten als priorisierte Abnehmer, weil sie schlechter zu elektrifizieren sind. Diese Einordnung findet sich in Analysen der Internationalen Energieagentur (IEA), die E-Fuels als Option für schwer elektrifizierbare Bereiche diskutiert.

Das bedeutet für Landmaschinen: E-Fuels können Teil der Lösung sein, vor allem als Übergang für Bestandsflotten oder spezielle Einsatzprofile, aber sie sind derzeit kaum die Antwort auf alles und auch nicht sofort verfügbar.

Der eigentliche Umbau: vom Motor zur Maschine als Energiesystem

Die vielleicht spannendste – und oft unterschätzte – Baustelle liegt im Inneren der Maschine. Landmaschinen arbeiten nicht nur über die Traktion, sondern über Hydraulik, Nebenaggregate, Zapfwelle, Pumpen, Aktoren. Wer elektrifiziert, muss diese Arbeitsfunktionen neu denken: elektrische Hochvolt-Aktuatoren statt hydraulischer Kreisläufe, intelligente Leistungselektronik, Software-Funktionen und Diagnosefähigkeit.

Die Kombination aus elektrischem Traktionsantrieb und klassischer Hydraulik kann unwirtschaftlich oder unpraktisch sein. Elektrische Lösungen versprechen Effizienzgewinne, wenn sie die Leistung bringen.

Schrittweise zur grünen Landmaschine

Die grüne Landmaschine entsteht also nicht in einem einzigen Technologiesprung. Sie kommt segmentweise, zuerst dort, wo Einsatzprofile planbar sind und die Infrastruktur mitwachsen kann; später – wenn die Entwicklung der Energiespeicher, für schnelles Laden oder Wasserstofflogistik weiter fortschreitet – auch in leistungsintensiveren Klassen.

Was bereits feststeht: Entscheidend ist nicht nur der Antrieb, sondern das Gesamtsystem aus Energie, Maschine und Betrieb. Für Ingenieurinnen und Ingenieure ist das eine die spannendste Aufgabe: Es geht nicht um eine einzig richtige Technologie, sondern um vielfältige, robuste Lösungen, die im Feld bestehen.

Ein Beitrag von:

  • Julia Klinkusch

    Julia Klinkusch ist seit 2008 selbstständige Journalistin und hat sich auf Wissenschafts- und Gesundheitsthemen spezialisiert. Seit 2010 gehört sie zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen: Klima, KI, Technik, Umwelt, Medizin/Medizintechnik.

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