Polymerchemie 21.01.2020, 07:00 Uhr

Mit lichtempfindlichem Kunststoff Medizintechnik im Körper abbauen

Um Magen-Darm-Erkrankungen zu diagnostizieren und zu therapieren, bringen Ärzte technologische Systeme in den Körper. Nach Abschluss von Behandlungen lassen sich Geräte auch ohne Endoskop entfernen, berichten MIT-Forscher.

LED zum Schlucken

LED zum Schlucken, um lichtempfindliche medizintechnische Geräte im Körper zu zerstören.

Foto: Ritu Raman/MIT

Sie überwachen den pH-Wert, verhindern Magen-Darm-Verschlüsse bei Krebs oder geben über längere Zeit Wirkstoffe ab: Medizinische Geräte eignen sich gut, um Erkrankungen des Verdauungssystems zu überwachen und zu therapieren. In Studien hatten solche Tools jedoch einen entscheidenden Nachteil. Ärzte benötigten immer Endoskope, um sie zu entfernen. Jede Magen- oder Darmspieglung ist für Patienten jedoch unangenehm – und mit einem geringen, aber dennoch vorhandenen Risiko von Komplikationen verbunden.

Ingenieure des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge haben jetzt eine Möglichkeit gefunden, solche Geräte im Körper von Patienten zu zerstören. Sie arbeiten mit LED-Kapseln zum Schlucken. Die optische Strahlung zerstört dann lichtempfindliche Kunststoffe.

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Lichtbasierte Trigger ideal für den Abbau von Kunststoffen

„Da wir daran interessiert sind, Systeme zu entwickeln, die über längere Zeit im Magen-Darm-Trakt verbleiben können, untersuchen wir schon länger eine Reihe von Ansätzen, um deren Entfernung zu erleichtern, wenn es zu unerwünschten Reaktionen kommt oder wenn sie nicht mehr benötigt werden“, sagt Giovanni Traverso.

Er ist Gastroenterologe am Brigham and Women’s Hospital Boston. Doch die bisherigen Strategien, über chemische Reaktionen den Zerfall von Polymeren zu initiieren, erwiesen sich als wenig erfolgversprechend.

Deshalb testete Traverso zusammen mit Kollegen jetzt lichtbasierte Trigger. Ein möglicher Vorteil ist, dass Licht auf Distanz wirken kann und nicht direkt mit dem abzubauenden Material in Kontakt kommen muss. Außerdem dringt optische Strahlung normalerweise nicht in den Verdauungstrakt ein, sodass keine unerwünschten Folgen zu befürchten sind.

Die Stabilität eines Polymers gezielt steuern

Ritu Raman vom MIT experimentierte mit zahlreichen Polymeren. Als besonders brauchbar erwies sich ein lichtempfindliches Hydrogel. Es enthält chemisch gebundenes Wasser, ist aber selbst wasserunlöslich und biokompatibel. Hydrogele kommen etwa bei Wundabdeckungen zum Einsatz. Dementsprechend gut wurden die Verbindungen bislang untersucht.

Das spezielle Polymergel enthält eine chemische Bindung, die bei einer Wellenlänge von 405 bis 365 Nanometern, also blauem bis ultraviolettem Licht, aufgebrochen wird. Doch die mechanischen Eigenschaften reichten nicht aus, um daraus medizintechnische Geräte herzustellen. Deshalb verwendete Raman Polyacrylamid als weitere Komponente. Sein Trick: Ein chemisches „Netz“ aus Polyacrylamid umgibt das Hydrogel. Das Material wurde härter und blieb formstabil, ließ sich im Labor durch Licht jedoch trotzdem abbauen.

Solche Eigenschaften ließen sich gut steuern, indem man die Zusammensetzung verschiedener Komponenten variiert. Setzten die Forscher größere Mengen der lichtempfindlichen Substanz zu, gelang der Abbau schneller. Sie konnten auch die Dauer des Abbaus durch unterschiedliche Wellenlängen steuern. Blaues Licht wirkt langsamer, stellt aber ein geringeres Risiko für Zellen dar als ultraviolettes Licht. UV-Strahlung kann Zellen je nach Wellenlänge mehr oder minder stark schädigen.

Erfolgreiche Tests im Tierexperiment

Nach erfolgreichen Tests im Labor untersuchten Ingenieure verschiedene Szenarien, die im klinischen Alltag häufig vorkommen. Bei starkem Übergewicht oder Adipositas setzen Ärzte mitunter Magenballons ein. Diese gleichen stabilen Luftballons. Im Magen werden sie mit Luft und Kochsalzlösung gefüllt. Ziel der Therapie ist, den Appetit zu verringern. Nach etwa sechs Monaten werden Ballons mit einem Endoskop wieder entfernt.

Die MIT-Forscher arbeiteten mit einem Magenballon aus Latex. Integriert wurde eine Dichtung aus dem lichtempfindlichen Kunststoff. Im Inneren des Ballons befand sich Natriumpolyacrylat: ein Polymer, das bis zur 1.000-fachen Menge an Wasser binden kann. Dadurch dehnte sich der Ballon wie gewünscht im Magen von Schweinen aus. Als die Tiere eine kleine, verkapselte LED-Einheit schluckten, zerfiel das Medizinprodukt innerhalb von 30 Minuten. Zerstörte Licht die Dichtung, trat Natriumpolyacrylat aus, und der Ballon brach in sich zusammen. Alle Komponenten wurden auf natürlichem Wege ausgeschieden.

Die Forscher formten aus ihrem lichtempfindlichen Gel auch einen Ösophagus-Stent. Solche kleinen Gitter werden manchmal bei Krebs eingesetzt, damit sich die Speiseröhre durch Tumore nicht schließt. Auch hier gelang der gezielte Abbau mit blauem Licht.

Klinische Studien an Menschen erforderlich

Nach diesen Erfolgen müssen klinische Studien folgen, um zu beurteilen, wie sich der Kunststoff im menschlichen Körper verhält. Was den Forschern hier zugute kommt: Ihre Materialien sind großenteils bekannt und gut untersucht; sie gelten als biologisch abbaubar.

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Ein Beitrag von:

  • Michael van den Heuvel

    Michael van den Heuvel hat Chemie studiert. Unter anderem arbeitet er für Medscape, DocCheck, für die Universität München und für pharmazeutische Fachmagazine. Seit 2017 ist er selbstständiger Journalist und Gesellschafter von Content Qualitäten. Seine Themen: Chemie/physikalische Chemie, Energie, Umwelt, KI, Medizin/Medizintechnik.

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