Intelligente Roboter: Der Körper ist ebenso wichtig wie der Verstand
Roboter werden immer schlauer – doch ihr mechanischer Körper bleibt oft hinter den Möglichkeiten zurück. Es gibt Forschende, die sich genau damit beschäftigen. Sie zeigen auf, warum das Design der Roboterkörper entscheidend für die Entwicklung wirklich intelligenter Roboter ist.

Künstliche Intelligenz macht Roboter immer schlauer. Doch auch das Design der Körper trägt entscheidend zur Weiterentwicklung bei.
Foto: panthermedia.net / sdecoret
Sie sind schon recht selbstverständlich Teil unseres Alltags: Sie mähen den Rasen, saugen und wischen. Das sind nur ein paar wenige Beispiele. Roboter übernehmen inzwischen dank künstlicher Intelligenz bereits zahlreiche Aufgaben, für die früher menschliche Arbeitskraft nötig war. Forschende sehen in der mechanischen Konstruktion der Maschinen noch großes Potenzial. „Wenn wir wirklich intelligente Roboter wollen, müssen wir das Design der Roboterkörper verbessern“, betont Edoardo Milana, Juniorprofessor für Soft Machines an der Universität Freiburg. Seiner Ansicht nach konzentriert sich die Forschung bislang zu stark auf die Entwicklung immer leistungsfähigerer Software, während die Hardware – also der Körper der Roboter – bislang eher vernachlässigt wird. Roboter agieren laut Milana daher oft wie Marionetten, deren Bewegungen vollständig von digitalen Mikrocontrollern gesteuert werden.
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Diese einseitige Ausrichtung auf die Software hat Konsequenzen für die Leistungsfähigkeit der Maschinen. „Je nach Anwendungsbereich kann dies ausreichen und sogar notwendig sein, um die Anforderungen an Präzision und das Wirken großer Kräfte zu erfüllen“, erklärt Milana. Doch wenn es um Beweglichkeit und Effizienz gehe, blieben Roboter weit hinter Lebewesen zurück. Während Tiere und Menschen mit geringem Energieaufwand komplexe Bewegungen ausführen, verbrauchen Roboter für vergleichbare Aktionen viel Energie. Ein Beispiel: Ein vierbeiniger Roboter benötigt beim Laufen etwa 300 Watt. Schließlich müssen Motoren angetrieben werden, welche die menschlichen Muskeln nachahmen. Im Gegensatz dazu verbraucht ein Hund für ähnliche Bewegungen lediglich 30 Watt.
Beweglichkeit und Energieeffizienz intelligenter Roboter
Die Ursache für diese Unterschiede liegt nach Ansicht der Forschenden in den mechanischen Eigenschaften biologischer Körper. Tiere und Menschen nutzen die Nachgiebigkeit ihrer Muskeln und ihres Gewebes, um sich effizient an äußere Kräfte anzupassen. Roboter hingegen sind meist starr konstruiert und können diese Fähigkeit nicht nachahmen. Forschenden wie Edoardo Milana kommt es deshalb auch darauf an, bei der Entwicklung intelligenter Roboter nicht nur auf digitale Steuerung zu setzen, sondern ebenso das Konzept der „verkörperten Intelligenz“ zu berücksichtigen. Dadurch könnten Rechenkapazitäten und Energie, die heute für die Steuerung auf niedriger Ebene benötigt werden, für komplexere Aufgaben wie Planung und Wahrnehmung genutzt werden.
Ein zentrales Element von Milanas Forschung ist die Übertragung des Begriffs „verkörperte Intelligenz“ aus der Philosophie und Psychologie auf die Robotik. „Der Grundgedanke dieser Theorie ist, dass die physische Interaktion zwischen dem Körper und der Umwelt intelligentes Verhalten hervorbringt“, sagt Milana. Für ihn besteht die Herausforderung darin, nicht nur einen Körper zu bauen, der vom Computer gesteuert wird, sondern einen, der selbst zur Intelligenz des Roboters beiträgt. „Wenn wir einen wirklich intelligenten Roboter wollen, können wir nicht einfach einen Körper bestehend aus zwei oder drei Metallstäben und ein paar Gelenken nehmen und dann einen sehr intelligenten Computer hineinstecken.“
Intelligente Roboter: Inspiration aus der Natur
Milana beschäftigt sich intensiv mit sogenannten Softrobotern. Sie bestehen aus flexiblen, weichen Materialien. Die Konstruktionen orientieren sich dabei vor allem an einfachen und aquatischen Lebewesen. In seiner Forschung hat Milana gemeinsam mit Forschenden aus Stuttgart, den Niederlanden und Belgien untersucht, wie solche Roboter ohne digitale Mikrocontroller gesteuert werden können. „Es gibt bereits Roboter in diesem Bereich, deren Steuerung vollständig auf physikalischen Prinzipien beruht“, berichtet er. Die nichtlinearen physikalischen Eigenschaften der verwendeten Materialien sorgen dafür, dass die Bewegungen der intelligenten Roboter auf natürliche Weise entstehen.
Ein besonders spannendes Beispiel für diese Entwicklung sind Roboter mit selbst-oszillierenden Ventilen. Wird Luftdruck zugeführt, öffnen und schließen sich die Ventile automatisch, wodurch ein rhythmisches Signal erzeugt wird. Dieses Signal steuert wiederum die Bewegungen der einzelnen Roboterteile. Milana spricht in diesem Zusammenhang vom Konzept der „physikalischen Kontrolle“, das neue Möglichkeiten für die Entwicklung intelligenter Roboter eröffne. Ziel ist es, die mechanischen Eigenschaften des Roboterkörpers so zu gestalten, dass sie einen Teil der Steuerungsarbeit übernehmen.
Kombination von Körper und Verstand entscheidend
Die Forschungsergebnisse von Milana und seinem Team zeigen, dass intelligente Roboter der nächsten Generation nicht allein durch bessere Software entstehen werden. Vielmehr müsse das Design der Roboterkörper so weiterentwickelt werden, dass sie sich flexibel an ihre Umwelt anpassen können. „Wir werden in der Robotik nicht ohne Software und Mikrocontroller auskommen, aber wir können durch ein besseres Design der Roboterkörper viel erreichen“, ist Milana überzeugt. Die Kombination aus fortschrittlicher Software und innovativer Mechanik könnte intelligente Roboter hervorbringen, die nicht nur klüger, sondern auch effizienter und anpassungsfähiger sind.
Das Konzept der verkörperten Intelligenz eröffnet für die Entwicklung intelligenter Roboter völlig neue Perspektiven. Indem ein Teil der Intelligenz in den Körper selbst verlagert wird, können diese Maschinen Aufgaben übernehmen, die bislang als zu komplex galten. Die Forschung an Softrobotern und physikalischer Kontrolle steht zwar noch am Anfang, doch die bisherigen Erfolge machen deutlich, welches Potenzial in diesem Ansatz steckt. Intelligente Roboter könnten in Zukunft nicht nur durch ihre Rechenleistung, sondern auch durch ihre mechanische Raffinesse überzeugen.
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