Apple bringt „Liquid Glass“ – und gibt KI-Rückstand zu
Apple bringt ein neues „Glass“-Design für iOS & Co. Doch bei der KI enttäuscht der Konzern – wichtige Updates verschieben sich erneut.

Design top, KI flop? Apple zeigt neues „Liquid Glass“, liefert aber bei künstlicher Intelligenz wenig Neues.
Foto: Apple
Apple hat auf seiner Entwicklerkonferenz WWDC 2025 eine umfassende Überarbeitung seiner Software-Oberflächen vorgestellt. Im Mittelpunkt: ein neues, einheitliches Design namens „Liquid Glass“. Es soll die Nutzeroberflächen auf iPhone, iPad, Mac und anderen Geräten transparenter und moderner wirken lassen.
Gleichzeitig bleibt Apple bei einem zentralen Technologiethema eher blass: künstliche Intelligenz. Während Konkurrenten wie Google oder Samsung große Fortschritte präsentieren, setzt Apple auf kleinere KI-Funktionen – und verschiebt wichtige Updates erneut. Nun hat der Konzern erstmals zugegeben, dass KI-Siri unzuverlässig ist.
Inhaltsverzeichnis
Zu unzuverlässig: Apple erklärt Verzögerung bei KI-Siri
Apple hat erstmals öffentlich erklärt, warum die angekündigte Weiterentwicklung von Siri auf KI-Basis nicht wie geplant voranschreitet. Auf der Entwicklerkonferenz WWDC 2024 hatte das Unternehmen angekündigt, seine Sprachassistentin grundlegend zu überarbeiten. Die neue Siri sollte durch künstliche Intelligenz deutlich hilfreicher werden – etwa, indem sie Informationen aus verschiedenen Apps kombiniert und kontextbezogen reagiert.
Doch wie Apples Software-Chef Craig Federighi nun gegenüber dem Wall Street Journal sagte, stieß das Projekt auf technische Hürden. Zwar habe Apple bereits funktionsfähige Prototypen entwickelt. „Aber wir konnten sie nicht so schnell verlässlich machen, wie wir dachten“, räumte er ein.
Federighi: „Nicht gut genug für ein Apple-Produkt“
Federighi betonte, dass das System in internen Tests an seine Grenzen gestoßen sei. Besonders bei Anwendungsfällen außerhalb typischer Nutzungsmuster sei die KI-Version von Siri nicht stabil genug gewesen. „Wir haben festgestellt, dass die Software nicht verlässlich genug funktioniere, um ein Apple-Produkt zu sein, wenn man ‚ausgetretene Pfade‘ verließ“, erklärte er.
Einen neuen Starttermin für die verbesserte Siri nannte der Softwarechef bewusst nicht. Man wolle erst die bestehenden Probleme lösen, bevor ein konkreter Veröffentlichungstermin genannt werde.
„Ich würde diese Entscheidung wieder treffen“
Auch Apples Marketing-Chef Greg Jozwiak äußerte sich zur Verzögerung. Er widersprach dem Vorwurf, dass im vergangenen Jahr noch keine funktionierende Version existiert habe. Im Gegenteil: Man habe sich bewusst dafür entschieden, mehr Zeit einzuplanen, um ein ausgereiftes Produkt liefern zu können. „Ich würde diese Entscheidung wieder treffen“, sagte Jozwiak.
Apple kündigte an, dass Nutzerinnen und Nutzer wohl erst im Laufe des nächsten Jahres mit der neuen Siri rechnen können.
Konkurrenz schläft nicht
Während Apple bei Siri auf Zeit setzt, integriert Google seine KI „Gemini“ zunehmend tief in das Android-System. Auch OpenAI mit ChatGPT oder Amazon mit Alexa arbeiten weiter daran, Sprachsysteme durch KI zu verbessern. Viele dieser neuen Systeme gelten inzwischen als deutlich leistungsfähiger als die ursprünglichen digitalen Assistenten.
Apple selbst fasst seine KI-Aktivitäten unter dem Namen „Apple Intelligence“ zusammen. Dazu zählen unter anderem Funktionen zur Textumformulierung, zur automatischen Zusammenfassung von Inhalten oder zur Generierung personalisierter Emojis. Siri soll dabei langfristig das zentrale Element dieser KI-Strategie werden – auch wenn das Unternehmen nun deutlich mehr Zeit dafür benötigt als ursprünglich angekündigt.
„Flüssiges Glas“: Neues Design für Milliarden Geräte
Die auffälligste Neuerung betrifft das Erscheinungsbild. Mit dem „Liquid Glass“-Design will Apple eine visuelle Einheitlichkeit über alle Geräte hinweg schaffen. Menüs, Symbole und Bedienelemente erscheinen transparenter, schimmern leicht und wirken dreidimensional. Die Idee: Inhalte sollen in den Hintergrund treten, Bedienelemente darüber zu schweben scheinen.
Der Vergleich mit Microsofts „Aero Glass“ aus der Windows-Vista-Zeit liegt nahe, doch Apple geht technisch einen anderen Weg. Die Darstellung passt sich dynamisch dem Kontext an und bleibt trotz neuer Optik vertraut. Eine radikale Umgewöhnung ist nicht nötig. Die Oberfläche erinnert eher an eine Evolution denn an eine Revolution.
Zudem bricht Apple mit einer weiteren Tradition: Künftig orientiert sich die Versionsnummer der Betriebssysteme am Kalenderjahr. Ab Herbst 2025 heißen alle Systeme „26“ – von iOS 26 über macOS 26 bis watchOS 26.
Ein neues, transparenteres Design für iOS, macOS, iPadOS und Co. Es wirkt schwebend und soll die Bedienung intuitiver machen.
Apple Intelligence:
Apples KI-Plattform. Aktuell vor allem mit Einzelfunktionen wie Live-Übersetzungen, Textumformulierung und Emoji-Generator aktiv. Eine neue Siri lässt auf sich warten.
Neue Versionsbezeichnung:
Künftig tragen alle Betriebssysteme das Jahr im Namen: iOS 26, macOS 26 etc.
Vision Pro:
Mixed-Reality-Headset, das verstärkt im Unternehmensumfeld positioniert wird. Nutzerinnen und Nutzer können damit gemeinsam an virtuellen Projekten arbeiten.
Viel Design, wenig Substanz bei KI
Während das neue Aussehen begeistert, fällt die inhaltliche Substanz beim Thema künstliche Intelligenz eher dünn aus. Zwar trägt Apple seine KI-Strategie unter dem Namen „Apple Intelligence“ weiter. Doch viele der im Vorjahr angekündigten Funktionen lassen auf sich warten. Besonders der digitale Assistent Siri bleibt ein Sorgenkind. Die angekündigte, grundlegend überarbeitete Version soll frühestens im nächsten Jahr erscheinen.
Apple räumt ein, dass sich die Entwicklung verzögert. „Die angekündigten Verbesserungen für Siri haben länger gedauert als gedacht“, sagte Softwarechef Craig Federighi bei der Präsentation. Neue Informationen dazu versprach er „für später im Jahr“.
KI taucht nur in Einzelmodulen auf
Apple verfolgt im Bereich KI eine andere Strategie als etwa Google mit seinem System „Gemini“. Statt einer zentralen, durchgängigen künstlichen Intelligenz integriert Apple punktuelle KI-Funktionen in verschiedene Apps:
- Videotelefonate lassen sich in Echtzeit untertiteln und übersetzen,
- Telefongespräche können von einer KI simultan übersetzt werden,
- bei Bildschirmaufnahmen lässt sich direkt nach Inhalten googeln,
- ChatGPT kann in mehrere Anwendungen eingebunden werden.
Apple betont, dass viele dieser Funktionen direkt auf dem Gerät laufen – ohne Daten in die Cloud zu übertragen. Das soll den Datenschutz verbessern. Dennoch bleibt fraglich, ob damit der Rückstand zu anderen Anbietern aufgeholt wird.
Imagepflege statt Innovationsdrang?
Kritik an Apple kam dieses Mal nicht nur aus Technikforen. Auch Analystinnen und Investoren reagierten zurückhaltend. Die Aktie gab nach der Präsentation leicht nach. Der Grund: Statt mit innovativen KI-Lösungen überraschte Apple vor allem mit optischen Neuerungen. Der Eindruck: Man konzentriert sich auf das, was schnell umzusetzen ist – und vermeidet komplexere Versprechen.
Ein Kommentar dazu lautete: „Die Hoffnung, Apple werde zwar spät einsteigen, aber dann den anderen zeigen, wo es langgeht, hat sich nicht erfüllt.“ Tatsächlich wurden mehrere Projekte deutlich kleiner skaliert oder auf externe Anbieter ausgelagert. So nutzt Apple mittlerweile auch ChatGPT von OpenAI und erlaubt Entwicklerinnen und Entwicklern, eigene KI-Modelle wie Claude von Anthropic einzubinden.
iPad wird mehr zum Mac – Vision Pro für Unternehmen
Auch abseits von iPhone und KI gab es Updates. Besonders das iPad erhält neue Funktionen, die es näher an den Mac heranrücken lassen. Eine neue Menüleiste und die bessere Verwaltung mehrerer App-Fenster sollen das Multitasking erleichtern. Die Aussage eines Branchenexperten: „Im Grunde wird das iPad zu einem Touchscreen-Mac mit einer anderen App-Auswahl.“
Die Vision Pro, Apples Mixed-Reality-Headset, wird zunehmend für den Unternehmenseinsatz optimiert. Mit der kommenden Version visionOS 26 lassen sich Headsets leichter zwischen Nutzerinnen und Nutzern teilen. Zudem können mehrere Personen gleichzeitig an virtuellen Projekten arbeiten. Der hohe Preis von über 4000 € macht das Gerät vor allem für Firmen interessant.
Einblicke in Apples KI-Realität
In den Keynote-Demos zeigte Apple zwar KI-Elemente, aber fast nie in einem zusammenhängenden Gesamtkonzept. Stattdessen verteilte man Funktionen in Einzeldetails: Emojis lassen sich kombinieren, Texte automatisch umschreiben, Bilder per KI generieren. Doch eine übergreifende Vision blieb aus.
Dass Apple nun auf bestehende KI-Dienste wie ChatGPT zurückgreift, lässt tief blicken: Offenbar hat die eigene Entwicklung nicht den Erwartungen genügt. So wird „Apple Intelligence“ zur Plattform für Drittanbieter, nicht zum Gamechanger aus Cupertino. (mit dpa)
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