Energiewende 12.08.2013, 13:39 Uhr

Mit Highspeed durch das Gleichstromnetz

Um die geplante deutsche Energiewende umzusetzen, muss der Ökostrom von Norddeutschland über Hunderte von Kilometern nach Süddeutschland transportiert werden. Herkömmliche Wechselstromnetze stoßen hier technologisch an Grenzen, daher favorisieren die Übertragungsnetzbetreiber für diese Stromautobahnen Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ).

Leistungstransformator am Endpunkt der Gleichstromübertragung: Die Technologie für Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ) ist vorhanden, eingesetzt wird sie in Deutschland kaum. Der Transformator im Bild wurde für eine Leitung auf der Strecke Australien – Tasmanien geliefert. 

Leistungstransformator am Endpunkt der Gleichstromübertragung: Die Technologie für Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ) ist vorhanden, eingesetzt wird sie in Deutschland kaum. Der Transformator im Bild wurde für eine Leitung auf der Strecke Australien – Tasmanien geliefert. 

Foto: Siemens

Gleichstrom hat vor allem den Vorteil, dass die Übertragungsverluste bei Freileitungen um 30 % bis 50 % geringer sind als bei Wechselstrom. Außerdem kann bei gleicher Trassenbreite eine Verbindung mit Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ) zwei- bis dreimal mehr Leistung übertragen. „Vorhandene Strecken ließen sich damit rasch in leistungsfähige Stromautobahnen umbauen, was eine schnellere Umsetzung des Netzausbaus ermöglicht“, sagt Dietmar Retzmann, HGÜ-Experte bei Siemens.

Statt des Baus komplett neuer Leitungen können bestehende Freileitungsmasten gemeinsam für Gleich- und Wechselstrom genutzt werden. Noch ist eine derartige Hybridleitung technisches Neuland. Amprion und TransnetBW wollen sie zum ersten Mal ab 2019 auf einer 430 Kilometer langen Trasse vom Rheinland nach Baden-Württemberg einsetzen. Technische Vorstudien hätten gezeigt, dass es funktioniert, erklärt Amprion-Sprecherin Joëlle Bouillon.

Zusatzkosten erst ab einer Strecke von 600 Kilometern wieder ausgeglichen

HGÜ hat einen Haken: Weil Kraftwerke Wechselstrom erzeugen, muss der Strom für den Transport über teure Umrichter von Drehstrom (Alternating Current, AC) in Gleichstrom (Direct Current, DC) gewandelt und am Ende wieder in Drehstrom zurückgewandelt werden.

Die zusätzlichen Kosten in Höhe von 200 bis 300 Millionen Euro für die Konverterstationen werden nach Ansicht von Experten erst ab einer Strecke von etwa 600 Kilometern aufgrund geringerer Leitungskosten wieder ausgeglichen. Dafür arbeiten Konverterstationen gleichzeitig als Firewall, da sie die kaskadenartige Ausbreitung von Störungen im Stromnetz blockieren und eine weiträumige Ausbreitung von Blackouts verhindern können.

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Während China, Russland, Kanada oder die USA HGÜ als effiziente Stromtransporttechnik längst für Landverbindungen einsetzen, wird sie in Deutschland bisher nur zur Anbindung von Offshore-Windparks genutzt. Das soll sich in einigen Jahren ändern.

Im jüngsten Netzentwicklungsplan haben die Übertragungsnetzbetreiber neben 1500 Kilometer Drehstromleitungstrassen auch 2100 Kilometer HGÜ-Korridore mit insgesamt zwölf Gigawatt Kapazität und einem Gesamtinvestitionsvolumen von rund 22 Milliarden Eurobeantragt. Noch ist das nicht in trockenen Tüchern. Bisher wurden davon 1500 Kilometer HGÜ-Korridore im Bundesbedarfsplan aufgenommen.

Stromautobahnen werden dringend benötigt

Die Stromautobahnen werden aus Sicht von Retzmann auch dringend benötigt. „Sonst wird es in Zukunft zu Engpässen kommen, da die Stromnetze nicht für einen überregionalen Stromhandel mit täglich wechselnden Lastmustern ausgelegt sind.“

Schon heute sei die Steuerung der Stromnetze aufgrund der Zunahme an Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien schwierig. Die Systembetreiber seien inzwischen mehr Netz-Chaos-Manager als reine Stromlogistiker, so Retzmann.

Technisch gibt China bei HGÜ den Ton an. So soll die bisherige Gleichstromobergrenze von 800 kV mit 1100-kV-Freileitungen gesprengt werden soll. Dies sei ein Technologiesprung – aber machbar, so Siemens-Fachmann Retzmann. In Europa sieht er für so hohe Spannungen jedoch keinen Bedarf.

Die Zukunft für die Gleichspannungstechnik liegt in Retzmanns Augen mehr in einem überlagernden Supergrid mit einer Kombination aus Freileitungen und Kabeln, das Europa stärker miteinander verbindet und es ermöglicht, Strommengen international auszutauschen.

Das sieht auch Dirk Westermann, Leiter des Fachgebiets Elektrische Energieversorgung an der Universität Ilmenau und Mitglied im Beirat der Plattform „Zukunftsfähige Energienetze“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, so. In seinen Augen ist es nicht damit getan, die drei HGÜ-Leitungen zu bauen. „Es wäre sinnvoll, wenn im Rahmen der Energiewende ein Gleichstromnetz gebaut wird, was den Nukleus für ein Europa überspannendes Hochleistungstransportnetz sein könnte, um damit Energieressourcen besser zu erschließen.“ Die Energiewende, so Westermann, gelinge nur im europäischen Kontext.

HGÜ nur selten unterirdisch im Einsatz

Unter der Erde kommt HGÜ selten zum Einsatz. „Es gibt praktisch keine Betriebserfahrungen mit neuen Kabeln, so dass man heute noch nicht sagen kann, ob die Höchstspannungserdkabel auch in 30 Jahren noch wie gewünscht funktionieren“, sagt Westermann.

Als optimal gelten Erdkabel für die Langstreckenübertragung von Strom nicht. Die Eingriffe in die Natur während der Bauphase sind umfangreich. Der Schutzstreifen darf nicht überbaut werden und ist dauerhaft von tiefwurzelndem Bewuchs freizuhalten, wegen der höheren Leitererdkapazität bei Kabelstrecken in Drehstromtechnik ist zudem alle 30 bis 50 Kilometer eine Kompensationsanlage erforderlich. Hinzu kommen alle 600 bis 2000 Meter Muffenverbindungen mit komplexer Feldsteuerung, um die Kabel vor Überhitzung zu schützen. Westermann ist überzeugt: „Erdkabel sind keine technische gleichwertige Alternative zu Freileitungen.“

Technisch ist die bisher von Übertragungsnetzbetreiber Tennet als 380-Kilovolt-Wechselstrom-Freileitung geplante Westküstenleitung in Schleswig-Holstein aus Sicht von HGÜ-Anbieter ABB auch als HGÜ-Erdleitung zu realisieren. „Dies ist aber teurer und würde aufgrund neuer Planungen den Bau um Jahre verzögern“, meint Raphael Görner, Leiter Marketing und Vertrieb Grid Systems bei ABB Deutschland. 3000 Kilometer HGÜ-Kabel hat das Unternehmen bisher weltweit verlegt – davon 1000 Kilometer für Offshore-Anbindungen.

„Für Gleichstromkabel werden nur zwei einadrige Kabel benötigt. Bei der Drehstromtechnik bräuchte man mindestens zwei dreiadrige Kabelsysteme mit erheblich mehr Materialaufwand und breiteren Trassen“, erklärt Görner die Vorteile der HGÜ-Technik. Die Umwelt werde von den hohen Strömen nicht beeinflusst. Eine Erwärmung an der Erdoberfläche und auch eine Bodenaustrocknung gebe es nicht, so der ABB-Experte.

Wechselstromkabel machen nur bei kurzen Strecken Sinn

Wechselstromkabel würden nur über kurze Strecken von etwa 20 Kilometer Sinn machen, erläutert Görner. „Sie tragen im Gegensatz zu Gleichstrom nicht zur Netzstabilisierung bei und benötigen zudem noch Blindleistung, die von der HGÜ-Technik bereitgestellt werden kann.“

Unabhängig, ob Freileitung oder Erdkabel – für Görner bietet die HGÜ-Technik als einzige Übertragungstechnologie die Möglichkeit, vor allem den von Offshore-Windkraftanlagen erzeugten Strom verlustarm über weite Entfernungen zu übertragen und damit das Energieübertragungsnetz der Zukunft zu gestalten.

Nach Schätzungen von Siemens werden in diesem Jahrzehnt weltweit voraussichtlich HGÜ-Leitungen mit einer Gesamtkapazität von 250 Gigawatt ausgeschrieben. Ein Milliardengeschäft erhoffen sich Siemens und ABB, die zu den Weltmarktführern in diesem Sektor gehören. Aber auch Konkurrenten wie die französische Alstom stehen mit ihrer Technologie in den Startlöchern. Das Marktvolumen von zurzeit rund drei Milliarden Euro soll sich den kommenden fünf Jahren verdoppeln, so Schätzungen von Siemens.  

Ein Beitrag von:

  • Angela Schmid

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