Wärmeleitungen endlich anderer Energieinfrastruktur gleichgestellt 04.12.2025, 19:00 Uhr

Geothermie: Tempoturbo holt Wärme schneller aus dem Untergrund

Der Bundestag hat heute das Geothermiebeschleunigungsgesetz verabschiedet. Das war dringend nötig. Eine Einordnung.

Bohrstart des Geothermieprojekts in Neuruppin

Der Bundestag hat heute das Geothermiebeschleunigungsgesetz verabschiedet. Im Bild der Bohrstart des Geothermieprojekt der Stadt Neuruppin im Sommer 2024. Sie will voraussichtlich im Winter 2026/2027 rund 6500 Haushalte mit Wärme aus Geothermie versorgen.

Foto: picture alliance/dpa | Jens Kalaene

Endlich: es ist soweit. Die Geothermie bekommt ihr eigenes Artikelgesetz. Der Deutsche Bundestag verabschiedete am heutigen 4. Dezember in zweiter und dritter Lesung das Geothermiebeschleunigungsgesetz (GeoBG). Es soll Wärme schnell aus dem Untergrund holen und die Wärmewende ankurbeln.

Doch sie betrifft mehr als nur Geothermie. Im Gegensatz zum 2024er-Entwurf der Ampelregierung spannt sie für die Wärme erstmals den großen Bogen über die gesamte benötigte Infrastruktur – von der Bohrung bis zur Wärmeleitung. Speicher inklusive. Insofern hat die Überarbeitung durch die neue Bundesregierung gelohnt, das GeoBG könnte aus einem Nischen-Booster einen echten Infrastrukturturbo für die Wärmewende machen. Wenn alles so kommt wie beabsichtigt. Vor allem Kommunen bei der Wärmeplanung dürften sich freuen, die Wirtschaft hat eine planbare Alternative für nicht fossilbasierte Wärmebedarfe.

Die Politik setzt klare Ziele: Bis 2030 sollen nach Plänen des Bundeswirtschaftsministeriums rund 100 neue Geothermieprojekte entstehen. Der Bundesverband Geothermie verweist auf etwa 150 Projekte in der Pipeline – nicht alle werden realisiert, aber der Verband erwartet einen deutlichen Anstieg des Beitrags der Geothermie zur Wärmeversorgung, jetzt, wo das GeoBG kommt.

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Die Geothermie in Deutschland kommt trotz großer Potenziale bislang kaum voran

Bekannt ist das schon lange: Unter Deutschlands Städten schlummern riesige Wärmereserven. Studien schätzen, dass Geothermie langfristig etwa 20 % des deutschen Wärmemarkts decken könnte – vorausgesetzt, nur 10 % der natürlichen Ressourcen werden wirtschaftlich erschlossen. Doch bisher steuert die tiefe Geothermie nur einen minimalen Anteil bei, der Ausbau stockt. Und das ist nur die tiefe Geothermie, wie sie ab Teufen unter 400 m definiert ist.

Der Bundesverband Geothermie hebt das „erhebliche Potenzial“ der Erdwärmenutzung – von wenigen Metern Tiefe bis zu mehreren Tausend Metern – für Klima- und Versorgungssicherheit hervor. Langfristig ließe sich über die Hälfte des deutschen Wärme- und Kältebedarfs mit etablierten Technologien decken, so Geschäftsführer Gregor Dilger jüngst auf dem Bundeskongress Geothermie in Frankfurt/Main.

Beispiel aus München: Die Stadtwerke der blauweißen Metropole errichten am Michaelibad und in Freiham die wohl größte Geothermieanlage auf dem europäischen Festland. Aber von der Planung bis zur vollständigen Inbetriebnahme dürften insgesamt wohl rund zwölf Jahre vergehen. 2033 erst soll die Anlage Fernwärme für etwa 75.000 Menschen liefern. Dafür, dass wir einen beschleunigten Ausstieg aus fossilen Heizsystemen benötigen, ist das viel zu langsam.

Woran es liegt, dass die Geothermie in Deutschland nicht in die Puschen kommt

Hauptgrund eins ist, dass die Genehmigungssituation in Deutschland komplex ist: Bergrecht, Wasserrecht, Naturschutz, Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP-Recht), Bau- und Immissionsschutzrecht – viele Rechte, viele Zuständigkeiten, die sich auch noch auf mehrere Behördenebenen und viele, viele Schreibtische verteilen. Genau hier setzt das neue Geothermiebeschleunigungsgesetz an. Die Bundesregierung greift hier auf andere Beschleunigungsmodelle aus dem Bereich der erneuerbaren Energien zurück, die sich inzwischen bewährt haben ( .s. Kasten).

Hauptgrund zwei sind die Sünden der Vergangenheit: Die Diskussion über Risiken der Tiefengeothermie ist in der Öffentlichkeit präsent, sie wurden auch bei der Bundestagsdebatte wieder angesprochen. So forderte Energietechniker und Maschinenbauingenieur Alaa Alhamwi (Grüne), dass der Grundwasserschutz klar sein müsse. Er müsse „unmissverständlich im Gesetz stehen. Das schafft Akzeptanz in der Bevölkerung“. Genau das, und das ist nicht nur seine Kritik, ist so nicht der Fall.

Was die Knackpunkte am Geothermiebeschleunigungsgesetz sind

Die kommunalen Versorger sehen im Gesetz einen Wendepunkt. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) spricht schon im Vorfeld der Bundestagsentscheidung von einem „Meilenstein“ für die klimaneutrale Wärmeversorgung. Entscheidend seien die Einbeziehung von Tiefengeothermie, Wärmepumpen und leistungsfähigen Wärmeleitungen in das überragende öffentliche Interesse und die damit verbundene Planungssicherheit.

Gleichzeitig betont der Verband: „Trinkwasserschutz hat oberste Priorität.“ Die gesetzlichen Regelungen müssten sicherstellen, dass Wasserschutz- und Trinkwassereinzugsgebiete weiterhin besonders geschützt bleiben – ein Hinweis darauf, dass die Akzeptanz künftiger Bohrprojekte stark von der Risikowahrnehmung abhängen wird.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) begrüßte ebenfalls schon vorher die „dringend notwendigen Verfahrenserleichterungen“ und das klare Signal des überragenden öffentlichen Interesses. Aber wie der VKU sorgt der Verband sich um die Trinkwasserqualität in Deutschland. Konkret kritisiert er das Fehlen einer eindeutigen Vorrangstellung der Trinkwassergewinnung vor der Erdwärmenutzung im Gesetzestext. Gefordert werden ein klarer Ausschluss von Geothermievorhaben in Wasserschutzgebieten der Zonen I und II sowie eine Anzeigepflicht für kleine Grundwasserwärmepumpen, um unkontrollierte Bohrungen zu verhindern.

Die Botschaft ist klar: Mehr Tempo bei der Wärmewende – aber nicht auf Kosten des Vertrauens in den Trinkwasserschutz.

Was den Geothermieturbo in der Praxis ausbremsen könnte

Selbst mit klaren Fristen bleibt die Frage: Wie schnell können Behörden, Gerichte und Projektentwickler in der Praxis werden? Branchenexperten wie Rolf Bracke, Leiter des Fraunhofer-IEG, betonen seit Langem, dass die Geothermie aus dem „Projektmodus“ in eine serienfähige Produktion überführt werden muss – mit skalierter Bohrkapazität, standardisierten Komponenten und deutlich beschleunigten Genehmigungsverfahren.

Das GeoBG setzt auf Digitalisierung, eine einheitliche Ansprechstelle für die Betreiber (One-Stop-Lösung) und einheitliche Fristen. So führt das Gesetzt in § 57e BBergG verbindliche Entscheidungsfristen für geothermische Vorhaben und Untergrundspeicheri ein: 1 Jahr, 3 Monate bzw. 2 Jahre plus optionale Verlängerung. Das soll über bergrechtlichen Mechanismen über § 11a Abs. 8 WHG auch in wasserrechtliche Verfahren hineinwirken. Und das Oberverwaltungsgericht wird über Art. 3 GeoBG explizit als erstinstanzlich zuständig erklärt. Nur: Sind denn genügend Richter da? Sind genug Sachbearbeiter da? Wie schnell lässt sich der komplett digitale Workflow umsetzen? Überall da sind mögliche Stolpersteine versteckt.

Für die Anlagenbetreiber und Projektierer gibt es die neue Rolle eines Projektmanagers. Sie dürfte in der Praxis zu Schlüsselpositionen werden. Auch das ist neu und muss sich erst einspielen. Und: Unvollständige Anträge und schlecht koordinierte Gutachten werden bei den klaren Fristen und digitalisiertem Workflow schneller zum Risiko.

Die VDI-nachrichten-Analyse zur tiefen Geothermie verweist zudem darauf, dass vor allem die langen Aufsuchungsphasen – oft mehrere Jahre – ein Flaschenhals sind, ebenso wie die unzureichend erkundete Untergrundgeologie in weiten Teilen Deutschlands. Und selbst bestehende Fristen, etwa im Immissionsschutz, führen in der Praxis nicht automatisch zu schnelleren Entscheidungen, solange Personal und digitale Infrastruktur fehlen.

Was das Geothermiebeschleunigungsgesetzt Wirtschaft und Kommunen bringt

Falls der Geothermieturbo wirklich zündet, lässt sich heute schon Beispielhaft zeigen, was dann schneller möglich wird als bisher: So baut am Forschungscampus Garching die Technische Universität München (TUM) gemeinsam mit einem Energiedienstleister ein CO2-neutrales Wärmesystem auf. Abwärme aus dem Supercomputing, Geothermie aus dem Garchinger Untergrund, Großwärmepumpen, elektrische Heizkessel und Wärmespeicher sollen ein integriertes System bilden, das jährlich rund 30.000 t CO2 einspart. Herzstück sind sieben Großwärmepumpen mit knapp 10 MW Wärmeleistung und ein digital gesteuertes „Smart Control Center“.

Solche Campus- und kommunale Quartierslösungen profitieren vom GeoBG. Typischerweise verbinden sie Tiefengeothermie, Abwärme, Großwärmepumpen und Fernwärmeleitungen zu einem System. Das gilt auch für Industrieunternehmen, die die Wärmeversorugn ihrer Standorte umstellen wollen. Und vor allem die Planung dafür braucht Vorrang, damit die nachfolgenden Gewerke in die Pötte kommen können. Dafür ist jetzt gesorgt.

Im Oberrheingraben wiederum zeigt das Lithiumprojekt „Lionheart“ des Unternehmens Vulcan Energy, dass Geothermie mehr kann als Wärme bereitstellen: Dort soll ein Geothermiekraftwerk zugleich Lithium aus 3000 m tiefem Thermalwasser gewinnen und die Region mit Wärme und Strom versorgen. Bis zu 24.000 t Lithiumhydroxid pro Jahr sind geplant – genug für rund 500.000 Elektrofahrzeuge – sowie 560 GWh Wärme und 275 GWh Strom bei einer Laufzeit von 30 Jahren. Ein rechtes Großprojekt, das einen klaren Rechtsrahmen für Bohrungen, Speicher und Leitungsinfrastruktur braucht. .

Was das neue Geothermiebeschleunigungsgesetz gegenüber dem Ampel-Entwurf von 2024 unterscheidet

Zum Festhalten: Ohne die Vorarbeit der Vorgängerregierung hätte die Blaupause gefehlt, um das jetzige GeoBG so schnell auf Tapet zu bringen. Der Entwurf des GeoWG von 2024 drehte sich im Kern darum, Geothermieanlagen, Großwärmepumpen und Wärmespeicher schneller zu genehmigen. Die berg- und wasserrechtliche Verfahren sollten entschlackt, die Fristen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit abgekürzt werden. Das Wasserrecht hingegen, jetzt integriert und Anlass zur Kritik, sollte in einem separaten Schritt folgen.

Der jetzt im Bundestag beschlossene Entwurf des GeoBG ist im Vergleich dazu ein Ausbaubeschleunigungsgesetz für die gesamte Wärmeinfrastruktur. Geothermieanlagen, Wärmepumpen, Wärmespeicher, Wärmeleitungen, Wasserstoff-Untergrundspeicher – alles mit drin. Berg-, Wasser-, Umwelt- und Verwaltungsrecht sind verzahnt, Wärmeleitungen erhalten einen eigenen Planfeststellungstatbestand – faktisch die rechtliche Gleichstellung mit Gas- und Wasserstoffleitungen. Geht doch.

Manko: Behörden und Gerichte geraten unter erheblichen Digitalisierungs- und Organisationsdruck. Gleichzeitig hat die Bundesregierung eine jährliche Entlastung der Verwaltung über rund 3,35 Mio. € errechnet. Es wird spannend, ob die Budgets für diese Beschleunigung in Form digitaler Technik und personeller Ressourcen auch rechtzeitig da sein werden.

Ein Beitrag von:

  • Stephan W. Eder

    Stephan W. Eder

    Stephan W. Eder ist Technik- und Wissenschaftsjournalist mit den Schwerpunkten Energie, Klima und Quantentechnologien. Grundlage hierfür ist sein Studium als Physiker und eine anschließende Fortbildung zum Umweltjournalisten.

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