Franken: Diese Region wird zum Wasserstoff-Hub
Elektrolyse auf dem Land: In Münnerstadt entsteht ein 8-MW-Hub, der Wasserstoff, Sauerstoff und Abwärme vor Ort nutzt. Was genau die fränkische Kleinstadt plant – und wie daraus ein Erfolgsmodell wird.
Übergabe der Förderurkunde bei der Nipro PharmaPackaging Germany GmbH.
Foto: Claudia Löwinger
Im unterfränkischen Münnerstadt entsteht ein 8-MW-Elektrolyseur. Das Besondere: Die Produkte Wasserstoff, Sauerstoff und Abwärme sollen vollständig vor Ort genutzt werden. Das Konzept birgt großes Potenzial, ist im ländlichen Raum aber noch kaum verbreitet.
Inhaltsverzeichnis
Was entsteht in Münnerstadt?
Der Freistaat fördert das Projekt mit 5 Mio. €. Dabei setzt die bayerische Wasserstoff-Roadmap eigentlich auf Importe und große Pipelines. Bis 2030 soll der Freistaat an das European Hydrogen Backbone angeschlossen sein, um seine großen Industriezentren zu versorgen. Doch schon die 2022 veröffentlichte Roadmap mahnte, ländliche Regionen nicht zu vernachlässigen. Denn auch Gebiete ohne Anschluss an die großen Leitungsnetze bräuchten eigene Lösungen.
Wie das aussehen könnte, zeigt das Münnerstadt-Projekt. Die Betreiber des Wasserstoff-Hubs in der unterfränkischen Kleinstadt wollen nicht auf H2-Lieferungen aus der Ferne warten, sondern Produktion und Abnahme in einem Umkreis von wenigen Kilometern zusammenbringen.
Mit 8 MW Elektrolyseleistung soll die Anlage ab 2028 rund 800 t grünen Wasserstoff pro Jahr produzieren. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger überreichte am 28. November die entsprechende Förderurkunde über 5 Mio. €. Die Mittel stammen aus dem Programm BayFeLi (Bayerisches Förderprogramm zum Aufbau einer Elektrolyseur-Infrastruktur), welches das VDI Technologiezentrum als Projektträger begleitet.

Münnerstadt hat rund 7600 Einwohner und liegt im Landkreis Bad Kissingen.
Foto: picture alliance / Zoonar/fotoping
Wer steckt hinter dem Projekt?
Der H2-Hub Münnerstadt ist ein Gemeinschaftsprojekt von sieben Partnern: die Stadt, der Schweizer Projektentwickler Infener AG sowie fünf Industrieunternehmen – die Sauerstoffwerke Friedrich Guttroff, Nipro PharmaPackaging, AMS Asphaltmischwerke, die Stolz Holding und R3 RegionalEnergie.
Die Partner sind nicht nur Gesellschafter, sondern zum Teil auch Abnehmer. So nutzt Guttroff den Sauerstoff, während drei weitere Industriebetriebe den Wasserstoff als Prozessenergie nutzen. Die Abwärme des Elektrolyseurs fließt in die lokalen Nahwärmenetze. „Die Nutzung der Nebenprodukte erhöht die Wirtschaftlichkeit und stärkt die lokale Kreislaufwirtschaft“, kommentierte Guttroff-Geschäftsführer Tobias Guttroff in einer Pressemitteilung.
Perspektivisch soll der Standort auch den Verkehr versorgen: Geplant sind Wasserstofftankstellen an der B287 und A71 für Schwerlastverkehr, kommunale Flotten und Linienbusse.
Was kostet der Wasserstoff aus Münnerstadt?
Der Wasserstoffproduzent Infener kalkuliert mit rund 8,50 € pro kg ohne Förderung. Durch die BayFeLi-Unterstützung soll der Preis um 10 % bis 15 % auf etwa 7,20 € bis 7,65 € sinken.
Der Preisabstand zu grauem Wasserstoff bleibt also erheblich. Ob sich das Projekt langfristig ohne Subventionen trägt, hängt daher von den Stromkosten vor Ort, weiteren H2-Abnahmeverträgen sowie der Nutzung der Nebenprodukte Sauerstoff und Abwärme ab.
| Wasserstoff-Typ | Preis pro kg | Anmerkung |
| Grauer Wasserstoff | 2 € – 4 € | Wasserstoff aus Erdgas, Referenzpreis |
| Grüner Wasserstoff (Zielkorridor) | 4 € – 6 € | Zielpreis für internationale Großprojekte (laut IEA) |
| Grüner Wasserstoff aus Münnerstadt (mit Förderung) | 7,20 € – 7,65 € | Dezentrale Produktion vor Ort |
| Grüner Wasserstoff (ohne Förderung) | 8,50 € | Dezentrale Produktion vor Ort |
Rechnet sich das auch ohne Förderung?
Die 5 Mio. € vom Freistaat sichern den Einstieg ins Projekt. Für die Zukunft zeigte sich Gruber gegenüber ingenieur.de optimistisch:
Mit den richtigen Rahmenbedingungen kann man auch ohne Förderung günstiger werden. Mittelfristig sinken die Kosten durch Skalierung, smarte Kombinationen von Batteriespeichern und Wasserstoff und intelligente Anlagensteuerung.
Der BayFeLi-Förderaufruf war 3,5-fach überzeichnet. Das deutet auf ein hohes Interesse an der dezentralen Wasserstoffproduktion in Bayern hin. Im fränkischen Wunsiedel ist bereits seit Herbst 2022 ein PEM-Elektrolyseur von Siemens Energy im Betrieb, dessen Kapazität ebenfalls bei knapp 9 MW liegt.
Welche Elektrolysetechnologie kommt zum Einsatz?
Das ist noch offen. „Wir prüfen PEM und alkalisch. Die finale Wahl richtet sich nach den technischen Anforderungen und dem Bedarf der regionalen Abnehmer“, erklärte Tobias Gruber, Head of Products bei Infener, auf Anfrage.
Bei anderen Infener-Projekten wie den H2-Hubs in Villingen-Schwenningen oder Neumünster ist PEM-Elektrolyse vorgesehen. Der Grund: eine hohe Teillastfähigkeit und schnelle Reaktionszeiten bei der direkten Kopplung mit erneuerbaren Energien.
Auch andere H2-Hubs in Deutschland setzen in der Regel auf PEM-Technologie – nicht nur wegen ihrer Flexibilität, sondern auch, weil sie oft schon als kompakte, standardisierte Containerlösungen lieferbar sind.
Wie wird der Hub zur Blaupause?
Ob Münnerstadt zum Erfolgsmodell wird, hängt davon ab, ob die Rechnung aufgeht. Wenn lokale Abnehmer Wasserstoff, Sauerstoff und Abwärme tatsächlich nutzen, verbessert das die Wirtschaftlichkeit gegenüber reinen Elektrolyseprojekten deutlich. Gelingt das, könnte der Hub zum Vorbild für andere ländliche Regionen werden, die nicht auf den Anschluss an eine Wasserstoffpipeline warten wollen – falls der überhaupt jemals kommt.
FAQ: H2-Hub Münnerstadt auf einen Blick
Wie viel Wasserstoff wird produziert?
Rund 800 t pro Jahr ab 2028.
Was kostet der Wasserstoff?
Etwa 7,20 € bis 7,65 € pro Kilogramm mit Förderung, 8,50 € ohne.
Wer nimmt den Wasserstoff ab?
Regionale Industriepartner wie Guttroff, AMS und Nipro – plus perspektivisch Tankstellen für den Schwerlastverkehr.
Welche Technologie wird eingesetzt?
Noch nicht entschieden – PEM oder alkalische Elektrolyse.
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