Größter Offshore-Windpark Deutschlands nimmt Betrieb auf
Deutschlands größter Offshore-Windpark hat die erste Kilowattstunde Strom geliefert. Die Windräder mit 15 MW Leistung sind eine Weltpremiere.
Bau des Offshore-Windparks "He Dreiht". Mitte 2026 sollen alle Windräder funktionsfähig sein.
Foto: www.otzipka.de/Rolf Otzipka
Im Offshore-Windpark He Dreiht hat die erste Anlage Strom ins Netz eingespeist. Der Windpark, etwa 85 km nordwestlich von Borkum und 110 km westlich von Helgoland, ist nicht nur für Deutschland, sondern die internationale Offshore-Branche eine neue Referenz.
Inhaltsverzeichnis
Wie ein Offshore-Windpark in Betrieb geht
Es ist so weit: Die erste Windkraftanlage des Offshore-Windparks He Dreiht hat am Abend des 25. November ihre erste kWh Strom erzeugt. Das meldete der Betreiber EnBW am Mittwoch (26. November). In den kommenden Wochen sollen weitere Turbinen folgen. Insgesamt gibt es 64.
Bis Sommer 2026 soll He Dreiht – niederdeutsch für „Er dreht“ – vollständig in Betrieb sein. Er würde dann eine Leistung von 960 MW erbringen, ungefähr so viel wie ein Atomkraftwerk und genug für den Strombedarf von rund 1,1 Mio. Haushalten. Damit wäre He Dreiht Deutschlands leistungsstärkster Offshore-Windpark.
Peter Heydecker, Vorstand Nachhaltige Erzeugungsinfrastruktur bei EnBW, sprach von einem „bedeutenden Meilenstein“ für das Unternehmen. Er sei „ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie wir die Zukunft der nachhaltigen Energieversorgung gestalten.“

Anlieferung der Rotorblätter und Masten. Die Vestas-Module werden in He Dreiht erstmals kommerziell genutzt.
Foto: www.otzipka.de/Rolf Otzipka
Welche Technik kommt zum Einsatz?
He Dreiht nutzt 15-MW-Windräder des dänischen Herstellers Vestas. Das Modell V236-15.0 werde hier erstmals kommerziell genutzt, erklärt Nils de Baar, Präsident von Vestas Northern & Central Europe: „Ihre Effizienz und Leistung ermöglichen eine deutliche Steigerung des Energieertrags pro Anlage.“
Ein einzelnes Windrad erreicht eine Nabenhöhe von 142 m, der Rotor hat einen Durchmesser von 236 m. Mit einer Umdrehung überstreichen die Rotorblätter dadurch eine Fläche von knapp 44.000 m² – das entspricht ungefähr sechs Fußballfeldern. Laut EnBW reicht eine einzige dieser Umdrehungen aus, um vier Haushalte einen ganzen Tag lang mit Strom zu versorgen.
Der Windpark ist über das System BorWin5 an eine Konverterplattform von TenneT angeschlossen. Dort wird der Wechselstrom in Gleichstrom umgewandelt und über zwei Hochspannungskabel ans Festland transportiert.
Warum der Park eine Weiterentwicklung bedeutet
Zum Vergleich: Laut dem Beratungsbüro deutsche Windguard besitzen Offshore-Anlagen in deutschen Gewässern heute einen durchschnittlichen Rotordurchmesser von 136 m und eine Nabenhöhe von 96 m. Dabei erreichen sie eine durchschnittliche Leistung von 5,6 MW – nur etwas mehr als ein Drittel des neuen Vestas-Windrads. Die Anlagen im 2010 in Betrieb genommenen EnBW-Windpark Baltic 1 leisteten sogar nur 2,3 MW pro Anlage.
| Ø Bestand (2025) | He Dreiht (2026) | |
| Leistung pro Anlage | 2,3 MW | 5,6 MW |
| Rotordurchmesser | 136 m | 236 m |
| Nabenhöhe | 96 m | 142 m |

Bau einer He Dreiht-Anlage bei Nacht.
Foto: www.otzipka.de/Rolf Otzipka
2,4 Mrd. € ohne Förderung
Eine weitere Besonderheit des Windparks: EnBW trägt die Investitionskosten von 2,4 Mrd. € ohne staatliche Förderung. EnBW hatte sich in der ersten deutschen Offshore-Ausschreibung im Jahr 2017 den Zuschlag gesichert. Das Gebot: 0 Cent Förderung pro kWh. 49,9 % der Anteile an dem Park hält ein Konsortium aus Allianz Capital Partners, der dänischen Pensionskasse AIP und dem norwegischen Staatsfonds.
Im August 2024 hatte EnBW die Fundamente für alle 64 Anlagen installiert, die Errichtung der Turbinen begann im April 2025. Der Energieversorger mit Sitz in Stuttgart plant, baut und betreibt schon seit über 15 Jahren Offshore-Windparks. In der Ostsee betreibt der Konzern Baltic 1 und Baltic 2, in der Nordsee die Windparks Hohe See und Albatros.
FAQ: Offshore-Windparks in Deutschland
Wie viele Offshore-Windparks gibt es in Deutschland?
Am 30. Juni 2025 waren laut Deutsche Windguard 31 Offshore-Windparks mit insgesamt 1.639 Anlagen und 9,2 GW Leistung in Betrieb. 7,4 GW davon befinden sich in der Nordsee, 1,8 GW in der Ostsee. Darüber hinaus sind 91 weitere Anlagen errichtet, aber noch nicht am Netz.
Wie wichtig ist Offshore-Windstrom eigentlich?
Der Anteil der Offshore-Windenergie an der deutschen Stromerzeugung lag im ersten Halbjahr 2025 bei 5,2 %.
Welche Projekte sind noch im Bau?
Laut Deutsche WindGuard befinden sich aktuell zwei Windparks im Bau: He Dreiht und Borkum Riffgrund 3 (Ørsted, 959 MW). Sechs Projekte haben eine finale Investitionsentscheidung erhalten, und elf weitere sind zumindest bezuschlagt oder haben einen Netzanbindungsanspruch.
Gibt es ein offizielles Ausbauziel?
Ja. Das Windenergie-auf-See-Gesetz sieht drei Ausbauziele vor: mindestens 30 GW bis 2030, 40 GW bis 2035 und 70 GW bis 2045. In der Offshore-Vereinbarung von 2022 haben Bund und Küstenländer das Ziel für 2035 sogar auf 50 GW erhöht. Deutsche WindGuard schätzt, dass das 30-GW-Ziel voraussichtlich erst 2032 erreicht wird. Für die höheren Ziele seien weitere Flächenfestlegungen nötig.
Was war der erste Windpark?
Deutschlands erster Offshore-Windpark war „Alpha Ventus“. Er ging im April 2010 ans Netz und hatte eine Kapazität von 60 MW. Inzwischen hat er das Ende seiner technischen Lebensdauer erreicht: Im Mai 2025 begannen die Betreiber mit der Erarbeitung eines Rückbaukonzepts.
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